Im Funkloch
Haus«, sagte er leise. »Ein Geheimnis.«
Kevin schaute Lucas misstrauisch an und wandte sich an mich. »Ich geh dann mal mit, nach dem Hund suchen. Kommst du auch?«
Ich schüttelte den Kopf.
Passi und sechs oder sieben andere verschwanden im Wald. Sie hielten sich beiderseits des Wegs, denn dort war der Hang vergleichsweise flach – jenseits des Grillplatzes und vor dem Haus ging es steilabwärts, da würden sie später suchen, wenn es nötig war. Kevin nickte mir noch einmal warnend zu, eilte dann den anderen hinterher.
»Wenn du mir auch eine reinhauen willst, tu's lieber hier«, forderte ich.
Lucas lachte auf. »Ach komm, vergeben und vergessen. War doch Notwehr, oder?«
Ich deutete ein Nicken an. Wollte der mich verarschen?
Lucas wandte sich ab und ging Richtung Haus. »Komm schon.«
Natürlich war ich neugierig, aber ich musste höllisch aufpassen, dass er nicht auf mich losging, wenn uns niemand mehr sah . . . Kurz schaute ich zu den anderen in der Nähe. Mindestens Olaf hatte mitbekommen, dass Lucas etwas von mir wollte.
Wir gingen hinter das Gebäude. Dort stieg der Hang steil auf und die Nadelbäume standen dicht an dicht. Zielstrebig kletterte Lucas die Steigung hoch und schon bald standen wir höher als das Dach des Gebäudes. Einige Bäume verhinderten die Sicht auf den Grillplatz, aber ich konnte ein wenig Qualm herüberwehen sehen.
»Hier«, sagte Lucas und zeigte auf den Boden.
Dort lag ein Haufen Laub.
»Und?«, fragte ich.
Lucas steckte die Hände in die Taschen und wischte das Laub mit seinem rechten Fuß beiseite.
Ein offenes Auge kam zum Vorschein.
Ein Auge, das glasig in den Himmel starrte.
Und eine halb geöffnete Schnauze.
Eine schwarze Hundenase.
Rötliches Fell, das aus den grünen und gelben Blättern rausstach.
Instinktiv machte ich einen Schritt zurück. »Was . . . hast du etwa . . . den Hund gefunden?« Ich schluckte, räusperte mich und versuchte, das Gefühl der Übelkeit zu unterdrücken, das sich in meinem Magen ausbreitete.
Lucas schaute mich durchdringend an. »Ich hab ihn nicht gefunden. Nach dem Schwimmbad bin ich direkt hierher. Als Anhalter kommt man hier gut voran, weißt du? Heute Morgen hab ich die Verandatür extra nur angelehnt, weil ich dachte, ich könnte noch mehr abgreifen als so ein popeliges Handy.« Er klopfte auf seine Hosentasche.
»Aber der Hund . . . warum . . .«
Lucas kicherte. »Ist doch praktisch.« Er trat auf mich zu und plötzlich war alle Harmlosigkeit aus seinem Gesicht gewichen. »Ich kann Passi eins reinwürgen und dir gleichzeitig zeigen, was ich mit dir mache, wenn du den Schlüssel nicht rausrückst.«
»Ich hab den Schlüssel nicht dabei«, sagte ich mit belegter Stimme, konnte den Blick nicht von dem toten Hund abwenden.
»Lüg nicht, Arschloch. Du würdest ihn nicht zu Hause lassen, dafür bist du viel zu vorsichtig. In deinem Zeug ist er nicht. Also – wo ist er? Hast du ihn bei dir? Soll ich ihn aus dir rausprügeln?«
»Du hast mein Zeug durchwühlt?«
»Lenk nicht ab. Rück ihn raus. Oder hast du ihn vielleicht deiner kleinen Freundin gegeben?« Er ballte die Faust. »Wäre ja prima, die könnte ich leichter überreden.«
Lucas hatte den Hund umgebracht. Und mich fast ertränkt. Das war kein Spiel mehr. Was, wenn er sich wirklich reinsteigerte und glaubte, ich hätte Tina den Schlüssel anvertraut . . . Lucas war unberechenbar – nein, er war längst durchgeknallt. Wir mussten das hinter uns bringen.
»Ich will dir was vorschlagen«, sagte ich. »Du bekommst den Schlüssel. Aber dann gilt das, was wir damals schon gesagt haben: Du lässt mich in Ruhe. Und alle anderen.«
»Du hast deinen Teil schon damals nicht eingehalten. Deswegen haben wir ja den Ärger.«
In mir wuchs Groll. Lucas drehte es so, als sei das alles meine Schuld. Aber ich durfte mich nicht auf eine Diskussion einlassen. »Ziehen wir das durch?Du kriegst den Schlüssel, damit bist du aus dem Schneider. Und das war's dann. Endgültig.«
Lucas tat so, als müsste er nachdenken. Dann zuckte er mit den Schultern. »Warum nicht. Aber heute noch. Sonst bist du dran.«
Ich hätte ihm am liebsten eins in die Fresse gehauen. »Muss den Schlüssel noch holen . . .«
Lucas machte einen Schritt auf mich zu, packte mit beiden Händen meinen Kopf und drehte ihn so, dass ich wieder den toten Hund anschauen musste. »Bau wieder Mist, und dir geht's genauso«, flüsterte er.
Ich entwand mich seinem Griff, ging langsam rückwärts, tastete blind nach den
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