Im Funkloch
dicke Freunde. Warum jetzt so was?«
»Na ja . . .« Ich zögerte. Konnte ich ihr die ganze Geschichte erzählen? Das, was niemand wusste? Besser nicht. Zumindest jetzt noch nicht. »Dicke Freunde würde ich nicht sagen. Wir hatten miteinander zu tun. War vielleicht nicht der beste Umgang.«
»Er meinte gestern, man könnte dir nicht vertrauen . . .«
»Ich hab nicht getan, was er wollte, okay?«, brauste ich auf.
Tina machte einen Schritt zurück.
»Sorry«, sagte ich. »Ich bin da mit Lucas in eine bescheuerte Sache geraten. Ich will eigentlich nicht drüber reden.«
Sie nickte. »Schon gut. Verstehe ich.«
Offenbar nahm sie es mir wirklich nicht übel,worüber ich sehr erleichtert war. »Und wie geht's Janka? Die hatte ja ihren Spaß, oder?«
Sie lächelte. »Janka . . .«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Sitzt jetzt im Zimmer und heult sich die Augen aus.«
»Was?«
»Weil sie den Tobias so toll findet. Aber ihren Tom auch nicht betrügen will.« Tina verdrehte die Augen.
»Sie ist schon eher der . . . impulsive Typ.«
»So kann man's auch nennen . . . und ihr Vater glaubt immer noch, sie sei diese Zehnjährige mit den Zöpfen . . .«
»Wie ist das bei dir?«, fragte ich. »Alles klar mit den Eltern?«
Sie machte dicke Backen und atmete langsam aus. »Eigentlich schon. Das Übliche halt. Noten, Weggehen, das volle Programm. Richtig interessant wird es wohl erst, wenn ich das Abi hab.«
»Warum?«
»Meine Eltern haben studiert und gehen davon aus, dass ich das auch mache.«
»Wo ist das Problem?«
»Ich weiß noch nicht, ob ich das will. Oder was überhaupt.«
»Hast ja auch noch Zeit.«
»Klar. Und bei dir? Ist ja nicht mehr so lange hin zum Abschluss.«
Ich stocherte mit einem Stock in der Kohle herum, verteilte die Glut. Sollte ich ihr erzählen, was ich bislang nur Kevin anvertraut hatte? Ja. Warum nicht.
»Vielleicht mache ich noch weiter«, meinte ich leise. »Im Gymnasium.«
Dass Tina daraufhin lächelte, sorgte für ein warmes Gefühl in meiner Magengegend. »Das wäre ja klasse.«
»Die Noten geben es wohl her, und ich glaube, Passlewski wird mich unterstützen. Aber ich hab noch nicht mit ihm geredet.«
»Und deine Eltern?«
»Tja, das ist das Problem . . . die können es kaum erwarten, dass ich von der Schule gehe und eine Ausbildung anfange.«
»Das ist doch Quatsch. Wenn du jetzt Abi machen kannst, solltest du das tun.«
»Sag ihnen das mal.«
»Tu ich gern.«
Sie schien das ernst zu meinen . . .
Ich legte gerade ein paar Würstchen auf den Grill, als Tina sagte: »Schau mal dort . . .«
Ich hob den Kopf.
Lucas kam zurück.
Der Anblick der Bierdose in seiner Hand erstaunte wirklich niemanden mehr. Er kam die Straße entlangspaziert,als wäre er nur mal kurz um die Ecke gegangen. »Was geht ab, Leute?«, rief er und breitete die Arme aus. Man sah seiner Nase nicht an, dass er etwas abbekommen hatte. Zu schade auch . . .
»Wo warst du denn schon wieder, Mann?«, fragte Dennis.
Lucas ließ sich in den Schatten fallen. Die Haare klebten an seiner Stirn und er wischte mit dem Unterarm den Schweiß weg. »Frag nicht so dämlich. Im Wald. Wo sonst.«
»Anni!«, brüllte jemand vom Landschulheim her. Ich sah auf.
Passlewski war vor die Tür getreten. Hektisch sah er sich um, rief noch mal den Namen. »Wen sucht er?«, fragte ich und überlegte, ob eine der Gymnasiastinnen Anni hieß.
»Seinen Dackel«, meinte Tina.
»Ach so . . .«
Mit einer Geschwindigkeit, die ich von seinem massigen Leib nicht erwartet hätte, kam er zu uns gerannt. »Habt ihr . . . habt ihr sie gesehen? Anni? Sie ist nicht im Haus. Die Verandatür war offen, die muss irgendwer vergessen haben . . .« Er schaute sich um, als hoffte er, der Hund würde plötzlich angerannt kommen.
Niemand von uns sagte etwas.
»Bitte . . .«, sagte der Lehrer. »Helft mir. Vielleichtist sie noch in der Nähe. Wir müssen ausschwärmen, sie suchen.«
Nur langsam kamen einige der Aufforderung nach, setzten sich in Bewegung.
»Machst du mit?«, fragte ich leise Tina.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich schaue erst mal nach Janka. Vielleicht komme ich dann nach.«
»Na, Sammie?«
Ich zuckte zusammen, als Lucas direkt neben mir auftauchte.
»Hey, keine Panik, Kumpel.« Lucas hob abwehrend die Hände.
»Was?«, fragte ich.
»Komm mal mit. Will dir was zeigen.«
Ich sah ihn an.
»Jetzt hab dich nicht so. Ich beiße nicht.« Als wollte er das Gegenteil beweisen, grinste er mich breit an. »Ist direkt hinterm
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