Im Funkloch
ich ernst«, rede ich weiter. »Ich mache den Scheiß mit, aber ich will nichts von dem Geld. Und danach kennen wir uns nicht mehr.«
Nachdenklich nickt Lucas. »Klingt nach einem guten Deal.« Er reckt mir die Hand hin.
Ich schlage ein und er zerquetscht grinsend fast meine Finger. Am liebsten würde ich alles wieder zurücknehmen.
»Eiserner Steg, Sachsenhausen«, sagt Lucas. »Sonntag früh um halb vier.«
»Übernächste Nacht schon?«, frage ich überrumpelt.
»Klar. Damit wir alles auf der Klassenfahrt versaufen können. Also – nur ich.« Wieder lacht er wiehernd.
Verbrüderungen
Während wir grillten, kam Passlewski nicht mehr raus. Und auch Lucas blieb verschwunden – was niemanden störte. Nur mich – ich wollte alles hinter mich bringen. Warum verschwand er jetzt? Ich hatte doch zugestimmt, ihm den Schlüssel zu geben . . . Zwischendurch ging ich in unser Zimmer und stellte fest, dass sich Lucas tatsächlich durch meine Sachen gewühlt hatte. Fluchend sammelte ich alles ein, was im Zimmer verteilt war, dann ging ich wieder nach draußen.
Langsam wurde es dunkel, aber die Wärme hielt sich in der Luft. Es war eigentlich ein perfekter Grillabend, wenn nur der Anblick des toten Hundes sich nicht in meinem Kopf immer wieder vor die saftigen Steaks geschoben hätte.
Das Geräusch von Motoren dröhnte durch den Wald.
Alle Gespräche verstummten und alle Köpfe drehten sich zu dem Waldweg. Mehrere Autos kamen angefahren, man konnte ihre Frontscheinwerfer zwischen den Baumstämmen aufblitzen sehen.
Das vorderste Auto war so leuchtend rot, dass man die Farbe auch in der Dämmerung erkennen konnte. Bass ließ den ganzen Wagen vibrieren, und als er auf den Platz vor dem Landschulheim fuhr, ließ der Fahrer noch einmal richtig den Motor aufdröhnen, bevor er zum Halten kam und uns mit seinen aufgeblendeten Scheinwerfern direkt ins Gesicht leuchtete. Die anderen Autos, es waren drei, hielten hinter ihm.
Ein Motor nach dem anderen wurde ausgeschaltet und die Scheinwerfer erloschen. Die Insassen stiegen aus, und ich war nicht überrascht, den blonden Typ zu sehen, der am Steuer des roten Autos gesessen hatte. Tobias hieß er, wie mir wieder einfiel. Er grinste.
Sofort war Frau Herzig bei den Neuankömmlingen. »Bitte verlassen Sie das Gelände. Dies ist eine private Feier.«
Der Blonde hörte nicht auf zu grinsen. »Aber der Wald ist doch öffentlich. Wir machen nur einen kleinen Ausflug. Und wir wollen Sie natürlich nicht stören.«
»Nichts da.«
»Wir haben sogar eigene Grillsachen dabei«, sagte der Blonde, und wie auf ein Stichwort hin holten seine Freunde Wurstpackungen und einige Getränkekisten aus den Autos und gingen damit zur Grillstelle.
Missbilligend verfolgte Frau Herzig das Treiben, während Janka und einige andere Mädchen begeistert auf die Ankunft der Einheimischen reagierten. Sie sah wohl ein, dass sie mit Worten nichts bewirken konnte. Damit die Typen gingen, würde sie schon den Hausmeister anrufen müssen, damit der etwas in Bewegung setzte – und ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie das tun würde. Frau Herzig patrouillierte über den Grillplatz, als hätte sie Aufsicht auf dem Pausenhof der Schule – und so ähnlich war es ja auch.
Tina hatte sich zu einer Gruppe von Leuten gestellt, die nicht so erpicht wie Janka darauf waren, sich mit den Einheimischen zu verbrüdern. Trotzdem machten sich einige der Typen an sie ran, woraufhin Tina entnervt wegging – zu mir. »Ich geh rein«, sagte sie.
»Was hast du vor?«
»Sich einfach nur die Decke über den Kopf ziehen wäre besser als das hier.«
»Ich komme mit«, sagte ich sofort. »Kevin wird sich auch nach drinnen verzogen haben.«
Wir liefen über den Kies zum Landschulheim.
»Lucas ist schon wieder weg, oder?«, fragte Tina.
»Scheint so . . .«
»Kümmert inzwischen aber wohl auch keinen mehr.«
»Der wird schon wieder auftauchen. Holt wahrscheinlich wieder Bier an der Tankstelle.«
»Ja, wahrscheinlich . . .«
Wir betraten den Gemeinschaftsraum. Niemand war zu sehen. Von draußen hörten wir gedämpft die Musik aus einem der Autoradios, aber im Haus herrschte Totenstille.
Dann hörte ich ein Geräusch aus dem Flur im Erdgeschoss.
Ich sah in Tinas Augen, dass sie es auch gehört hatte. Leise gingen wir in den Flur.
Wieder das Geräusch. Und diesmal erkannte ich es: jemand schluchzte. Weinte.
Es musste Passlewski sein.
Tina schaute mich erschrocken an. Sie wies zur Tür, deutete eine Klopfbewegung an und
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