Im Funkloch
war.
Schließlich schüttelte er den Kopf, leuchtete mit der Taschenlampe zu dem Trampelpfad, auf dem wir gekommen waren, und ging schlurfend zurück.
»Was ist los?«, fragte Tina leise hinter mir.
»Psst!«, sagte ich und wartete, bis das Licht seiner Taschenlampe nicht mehr zu sehen war. Dann drehte ich mich zu den beiden Mädchen um. »Er ist weg.«
»Einfach so?«, fragte Janka. »Was zum Teufel hat er gesucht?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Wir sollten ihm folgen. Solange es bergab zum Waldweg geht, können wir vielleicht noch seine Taschenlampe sehen. Nicht, dass er es sich noch mal anders überlegt und wieder zurückkommt.«
»Wie kriegen wir raus, was das alles sollte?«, fragte Tina.
»Das ist doch egal!«, sagte Janka. »Ich will jetzt endlich telefonieren!«
»Hast du hier vielleicht schon Empfang?«, fragte ich.
Sie hob das Handy, drückte eine Taste und das Display strahlte mir ins Gesicht. »Ich schau doch schon dauernd!«
»Okay, okay«, gab ich zurück und drückte ihre Hand runter. Bunte Flecken tanzten mir vor den Augen. »Gehen wir.«
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass mir der Schweiß auf der Stirn stand. Es kam mir vor, als würde die Hitze niemals ein Ende nehmen . . .
Auftanken
Während wir den Trampelpfad hinabliefen, konnten wir wieder das Licht von Passlewskis Taschenlampe zwischen den Bäumen aufblitzen sehen. Er war schon unten auf dem Waldweg und bewegte sich nach rechts – also zurück zum Landschulheim.
Obwohl wir kaum in Hörweite sein konnten, gingen wir möglichst leise. Schließlich bogen auch wir auf den Waldweg ein. Ich warf noch einen letzten Blick in Richtung des Landschulheims, aber von Passi war nichts mehr zu sehen. Trotzdem liefen wir noch ein ganzes Stück schweigend weiter, bis Tina schließlich die Stille brach: »Der war ja völlig neben der Spur.«
»Er könnte Pilze gesucht haben«, meinte Janka. »Ist schließlich ein Wandervogel.«
»Nein, das war was Bestimmtes«, sagte ich.
»Oder er hat irgendwas verloren, bei der Suche nach seinem Hund«, vermutete Tina.
»Und gerade jetzt fällt es ihm ein?«, fragte ich.
»Vielleicht hat er auch Lucas gevierteilt und dort die Leichenteile an die Wildschweine verfüttert«,fuhr Janka uns an. »Jetzt hört mit dem Quatschen auf – ich hab immer noch keinen Empfang!«
Während Janka weiterging, hielt mich Tina am Ärmel fest. »Gibt's hier wirklich Wildschweine?«, fragte sie ängstlich.
»Äh . . . kann schon sein. Warum? Hast du Angst vor Wildschweinen?«
»Ach Quatsch, die haben doch mehr Angst vor uns als wir vor denen.« Ihre Stimme zitterte.
»Genau«, sagte ich grinsend.
Wir gingen weiter.
»Grunz«, machte ich.
»Hey!« Tina boxte mich auf den Oberarm.
Ganz schwachen Empfang – gerade mal einen Balken – hatte Janka endlich, als wir aus dem Wald traten, der Weg vor uns geteert war und nur noch eine letzte Kurve um den Berg herumführte. Sie jauchzte vor Begeisterung. »Gehen wir noch um die Ecke«, drängte sie, »da hab ich stabileren Empfang. Ein Glück, dass das wieder funktioniert . . .«
Das Dorf lag dunkel in der Senke vor uns. Nur die Straßenlaternen und ein paar erleuchtete Fenster waren zu sehen. Es herrschte absolute Stille. Ein letzter Schimmer der Sonne glomm noch am Horizont, es zeichneten sich immer mehr Sterne am Himmelab. Es kam mir vor, als wären wir am anderen Ende der Welt gelandet.
»Wie lange willst du eigentlich telefonieren?«, fragte ich Janka.
»So lange, wie nötig ist«, antwortete Tina schnell und drängte mich mit ihrem Blick, Janka nicht zu hetzen.
Ich deutete zu einem neonblauen Schild. »Dann lasst uns noch das letzte Stück runtergehen und an der Tanke was zu trinken holen. Vielleicht gibt's da auch Taschenlampen.«
Janka nickte. »Aber mein Handy hat auch eine Taschenlampenfunktion.«
»Ich bezweifle, dass du nach deinem anstehenden Telefonat dafür noch genug Saft hast«, meinte Tina.
»Wir sollten uns nicht ewig da unten aufhalten«, sagte ich. »Passi dreht völlig durch, wenn noch mehr Schüler spurlos verschwinden . . .«
Als wir die Hauptstraße erreichten, ließ Janka sich etwas zurückfallen und begann zu telefonieren. An der Kirche setzte sie sich auf eine Bank, aber Tina winkte sie weiter. Aus den Wortfetzen und ihrem Tonfall konnte man schließen, dass sie ihrem Schatz gerade gestand, mit Tobias rumgeknutscht zu haben. Und dass es ihr soooo leidtat.
»Danke«, sagte Tina und sah mich an.
»Wofür?«
»Dass du
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