Im geheimen Garten des Scheichs
sie eingeholt und sie wenig später bereits hinter sich gelassen.
Deutlich vor ihr kam er oben an. Er freute sich wie ein Schuljunge über den Sieg und schwang sich aus dem Sattel. Und während er auf sie wartete, schob er zwei Teile eines Zeltpfahls ineinander, steckte ihn in den Sand und band den Hengst daran fest. Im nächsten Moment tauchte Lauren mit Zia auf. Sie ritt auf ihn zu und stieg schließlich von der Stute ab, während er die Zügel um den Pfosten wickelte.
„Das war herrlich.“ Sie klang atemlos und unbekümmert. „Was kann ich tun?“
„Wir laden das Gepäck ab und schlagen unser Zelt auf.“
Absichtlich hatte er das Wort „unser“ benutzt und war nicht überrascht, dass er nicht den leisesten Protest erntete. Problemlos bauten sie es zusammen auf, und Lauren bewunderte dann den Teppich, den er auf den Boden legte. Als Rashad schließlich Seidendecken und Kissen darauf verteilte, äußerte sie sich noch begeisterter.
„Du hast recht damit, dass es nachts in der Wüste kühl wird“, meinte sie, während sie die Pferde tränkten. „Werden wir ein Feuer machen?“
„Nein, das würde den Effekt verderben.“
„Welchen Effekt?“
„Den Effekt des Mondlichts. Es erweckt den Garten zum Leben. Hat Mustafa dir das nicht gesagt?“
„Nein“, antwortete sie kaum hörbar.
Aber jemand anderes hatte es getan.
„Ursprünglich hat unser Stamm den Mondgott verehrt. Meine Vorfahren waren Hirten, die nachts die Herden bewacht haben. Der Garten, den du sehen wirst, gilt als Wohnsitz des Mondgotts. Er ist ein heiliger Ort und so alt wie die Zeit. Die nahe gelegene Oase ist ein Geschenk des Mondgotts an den Stamm, um sicherzustellen, dass er das ganze Jahr über genug Wasser hat. Aus dem Grund wurde auch der Palast dort errichtet.“
„Was für eine faszinierende Geschichte. Vielen Dank, dass du sie mir erzählt hast.“
Lauren spielte ihr Spiel zweifellos ausgezeichnet. Doch sobald er ihr den Garten gezeigt hatte, würde er es beenden. Rashad blickte nach Osten. Während sie beschäftigt gewesen waren, war der Mond aufgegangen. Es war ein Halbmond, der sein fahles Licht verbreitete.
„Komm mit zu der Biegung dort drüben.“
Er fasste Laurens Hand. Als sie die Finger miteinander verschränkten, spürte er, dass ein seltsamer Schauer ihn wie am Tag des Sandsturms überlief. Nur war er dieses Mal wesentlich stärker.
Rashad setzte einen Fuß vor den anderen. Und mit jedem Schritt wurde ihm klarer, dass er das Schicksal die ganze Zeit über herausgefordert hatte. Jetzt war es zu spät, um sich eines Besseren zu besinnen. Er konnte nichts mehr daran ändern – und wollte es auch überhaupt nicht. Was ihn besonders erschreckte.
Celia hatte ihr berichtet, dass der König mit ihr im Garten des Mondes gewesen war. Aber ihre Großmutter hatte ihr nichts über den Garten als solchen erzählt, sondern immer nur von Malik gesprochen.
Und was Lauren erblickte, als sie an den Rand der Düne trat und nach unten schaute, hätte sie sich ohnehin nicht vorstellen können. Rafi drückte ihre Hand fester, und sie glaubte zu wissen, was er empfand.
Überrascht schrie sie leise auf, als sie auf die fantastischen Sandgebilde sah, die perfekt angeordnet waren. Sie erinnerten sie an die großen, kunstvoll beschnittenen Bäume in der Orangerie von Schloss Versailles. Nur handelte es sich hier nicht um lebende Pflanzen, sondern um Formen aus Sand, die der Wind erschaffen hatte.
In stummer Ehrfurcht betrachtete sie die spektakuläre Landschaft und fand schließlich ihre Sprache wieder. „Dies ist der außergewöhnlichste, traumhafteste und himmlischste Anblick, der sich mir im Leben bisher geboten hat und je wieder bieten wird. Kein Wunder, dass dieser Ort für deinen Stamm seit jeher heilig ist. Für mich ist er es ebenfalls.“
Jetzt war ihr auch klar, warum der Halbmond den Anhänger zierte, den König Malik ihrer Großmutter geschenkt hatte. Unwillkürlich fasste sie sich an den Hals und wurde schmerzlich daran erinnert, dass sie den Schmuck nicht mehr besaß. Sie hatte ihn durch denselben Wind verloren, durch den dieses atemberaubende Naturbild entstanden war. Lauren erbebte. Was für seltsame Mächte waren hier am Werk.
„Ist dir kühl?“ Rashad hielt ihre Hand noch immer umschlossen.
„Ja.“ Ihr wurde abwechselnd heiß und kalt.
„Es ist schon spät. Kehr zum Zelt zurück. Ich komme gleich nach.“
Lauren schlenderte mit wild klopfendem Herzen zurück. Sie streifte die Kandura ab und legte sie
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