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Im Gewand der Nacht

Im Gewand der Nacht

Titel: Im Gewand der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Nadel
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präsentiert, sobald er in seinem yalı eingetroffen war. Stattdessen musste er ihn auf einem Umweg zustellen, wobei er den alten unterirdischen Gang benutzte, den Sie später ebenfalls entdeckt haben. Ich weiß nicht, ob Vedat Sivas in den Plan eingeweiht war. Aber die Brüder sind beide durch den Gang entkommen, also muss er von dessen Existenz gewusst haben. Wahrscheinlich hat er Schiwkow davon erzählt.«
    »Und wo ist Hikmet jetzt?«
    »Auf dem Weg zurück in die USA«, antwortete Ardiç, »wo ihn zweifelsohne jemand von der Last der Fotos befreien wird.«
    »Damit die Welt wieder sicher ist vor Größenwahnsinnigen«, sagte İkmen spöttisch. »Und das alles nur dank der altmodischen Türken.«
    Ardiç zuckte mit den Schultern. »Schauen Sie sich unsere Nachbarn an und dann überlegen Sie mal, ob wir es uns leisten könnten, jemanden wie Schiwkow mit Anthrax, Pocken oder was weiß ich frei rumlaufen zu lassen …«
    »Glauben Sie wirklich, dass die Fotos so viel wert sind?«
    İkmen runzelte die Stirn. »Ich meine, wenn Präsident Clinton im Fernsehen zugeben kann, dass er im Oval Office Oralsex mit einem Mädchen hatte, und trotzdem im Amt bleibt, werden diese Fotos doch bestimmt keine Regierungen stürzen.«
    »Aber wir haben Clinton nicht dabei zugesehen, richtig?«, gab Ardiç mit einem dünnen Lächeln zurück. »Auf den Fotos von Hikmet Sivas könnten wir jede Menge Präsidenten und Prinzen sehen.«
    »Ich bin nach wie vor nicht ganz überzeugt«, meinte İkmen. » Wenn ich ernsthaft darüber nachdenke, habe ich das Gefühl, dass noch mehr dahinter stecken muss, um die viele Mühe und den ganzen Aufwand zu erklären. Irgendetwas ist noch immer verborgen.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Ardiç, »aber suchen Sie nicht danach. Mit dem heutigen Tag müssen wir einen Schlussstrich unter die Sache ziehen.«
    »Damit die zivilisierte Welt weiter in ihrem gewohnten Zustand der Verblendung verharren kann. Damit die Leute, die uns bisher kontrolliert haben, uns auch weiterhin kontrollieren können.«
    »Ja.«
    İkmen verschränkte die Arme, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und betrachtete das Fischgrätenmuster des Deckengewölbes. »Wissen Sie«, sagte er, »eines Tages wird sich irgendjemand nicht mehr um uns oder all die anderen Namenlosen, die Sie angesprochen haben, scheren. Eines Tages wird irgendjemand versuchen, all das zu ändern, und es wird so geschehen, dass wir nichts dagegen tun können. Diese Leute, die aus Angst um ihre eigene Sicherheit beschließen, einen fehlgeleiteten jungen Polizisten zu töten, sollten nicht in den Positionen sein, in denen sie jetzt sind.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Leute wie Schiwkow ihre Positionen einnehmen sollten?«
    »Nein.« İkmen blickte zu Boden. »Ich will damit sagen, dass es kein Richtig oder Falsch gibt, wenn es um Macht geht. Und dass ich wünschte, unser Land wäre, genau wie jedes andere Land, wirklich unabhängig, damit wir nicht mehr alle miteinander von so genannten Geschäftsmännern samt ihren Spießgesellen und Lakaien wie Schachfiguren hin und her geschoben werden könnten.« Er lachte, plötzlich und unvermittelt. »Ich klinge schon wie einer dieser Verrückten mit ihren Verschwörungstheorien , was?« Dann wurde seine Miene ebenso plötzlich wieder ernst. »Aber wenn das, worüber wir gesprochen haben, wahr ist …«
    »Ich denke, wir sollten jetzt ins Präsidium gehen«, unterbrach Ardiç ihn. »Wir werden einige Fragen zu dem erfolgreichen Einsatz beantworten müssen, der uns in der vergangenen Nacht gegen die Schiwkows und Mürens gelungen ist. Ich habe angewiesen, dass Frau İskender und Dr. Halman bei ihrer Ankunft im Admiral-Bristol-Krankenhaus dahingehend informiert werden.«
    İkmen sah ihn mehr als skeptisch an. »Und was ist mit den Inspektoren Süleyman und İskender? Sie wissen …«
    »Sie wissen nur das, was ich ihnen zu wissen befohlen habe«, sagte Ardiç kühl. »Die beiden werden Wort für Wort wiederholen, was ich ihnen eingeschärft habe, während Sie bei Frau Tepe waren.«
    »Aber Süleyman lag praktisch im Koma!«
    »Ja, und er ist daraus wieder erwacht.« Ardiç machte Anstalten, sich zu erheben. »Es gibt gewisse Drogen …«
    »Ja, ich weiß«, sagte İkmen, stand auf und half seinem schwerfälligen Vorgesetzten auf die Beine. Die beiden Männer wechselten einen kurzen Blick und lösten sich dann voneinander.
    »Sprechen Sie auf keinen Fall mit Süleyman über diese Dinge.«
    »Nein, Herr Polizeipräsident. Mir

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