Im Glanz der roten Sonne Roman
ihre Reize ihn gleichgültig ließen. »Mein Vater hat in letzter Zeit ständig ein Auge auf mich gehabt. Er würde mich am liebsten an die Kette legen.«
Kein Wunder, dachte Jordan. »Wie bist du ihm denn heute Abend entkommen?«
»Er hat ein paar Gläser getrunken und ist eingeschlafen. Um ehrlich zu sein, macht er mir das Leben zur Hölle – und ich weiß nicht warum.« Lexie dachte an all die Abende, da sie nach Eden hinüberwollte, doch Max war erst ins Bett gegangen, als er sicher war, dass Lexie schlief – und da war es jedes Mal zu spät gewesen, noch nach Eden zu reiten.
»Das kann ich dir erklären«, meinte Jordan. »Dein Vater will nicht, dass du auch nur auf Sichtweite an mich herankommst.«
»Warum hasst er Sie so sehr?«
»Er und mein Vater waren Feinde.« Jordan wollte Lexie nicht mehr darüber erzählen.
»Und was hat das mit Ihnen zu tun? Ich weiß nicht, was auf einmal in ihn gefahren ist. Ich hasse es, ständig beobachtet zu werden! Celia kann kommen und gehen, wann sie will, aber von mir will Vater ständig wissen, was ich zu jeder Minute des Tages tue. Das ist nicht gerecht! Er erlaubt mir nur deshalb, zum Ball zu gehen, weil er mich nicht aus den Augen lassen will. Es würde mich nicht wundern, wenn er mich von Milo Jefferson bewachen ließe.«
Jordan lächelte in die Dunkelheit. Er wusste, dass Lexie von ihrem Vater als die größte Gefahr betrachtet wurde, was seine Familie und Jordans Drohung betraf.
»Ich gebe dir ein Versprechen, Alexandra.«
»Und welches?«, fragte sie aufgeregt.
»Du und ich werden auf dem Ball miteinander tanzen, ob es deinem Vater gefällt oder nicht.« Er schenkte ihr sein charmantestes Lächeln, und Lexie durchlief ein wohliger Schauder.
Dass Jordan außerdem die Absicht hatte, mit Celia und Letitia zu tanzen – unter den Augen von Max –, verschwieg er Lexie.
18
L etitia war nicht in der Stimmung, unter Menschen zu gehen – und das sagte sie Max auch, als er den Erntedankball zur Sprache brachte. Sie hätte ihm gern noch viel mehr gesagt: dass sie es satt hatte, so zu tun, als führten sie eine vorbildliche Ehe, und dass sie seine Brutalität nicht mehr ertrug. Doch Max starrte Letitia mit einem so brennenden Blick an, dass sie der Mut verließ, und sagte ihr, dass sie beide zu dem Ball gehen würden, ob sie in der Stimmung sei oder nicht.
»Ich habe eine führende Stellung in der Gemeinschaft. Da erwartet man von mir, dass ich solche Veranstaltungen besuche!«, erklärte er streng.
»Zum Glück bin ich nicht du«, gab Letitia zurück.
Ihr trotziges Aufbegehren kam völlig überraschend für Max. »Was ist in dich gefahren, zum Teufel!«, brüllte er sie an. »Ich lasse nicht zu, dass du mich blamierst. Wir gehen beide zu diesem Ball, das ist mein letztes Wort!«
Wütend verließ er das Zimmer, ohne auf eine Erwiderung zu warten. Letitia blieb mit der Gewissheit zurück, dass sie ihrem Mann nichts bedeutete und dass die Meinung der Öffentlichkeit ihm wichtiger war als ihre Gefühle. Aber was hatte sie anderes von ihm erwartet?
Am meisten überraschte sie der Hass auf sich selbst, der sich wie ein Nebel über sie legte und ihre tiefe Enttäuschung über Max verdrängte.Letitia trank ihren Morgenkaffee auf der Veranda und verzog voller Bitterkeit das Gesicht, als sie sich ihr Gespräch noch einmal ins Gedächtnis rief. Widerwillig überlegte sie, was sie zu dem Ball anziehen sollte, als plötzlich Zeta und der Hausboy Jabari mit dem Einspänner die Auffahrt heraufkamen und Letitia von ihren trüben Gedanken ablenkten. Sie waren in der Stadt gewesen, um Vorräte zu kaufen.
»Habt ihr eine Zeitung bekommen?«, fragte Letitia, als die Bediensteten vor dem Haus vorfuhren.
»Ja, Mistress.« Zeta stieg schwerfällig die Treppe zur Veranda hinauf, während Jabari den Wagen zur Rückseite des Hauses lenkte, um die Vorräte abzuladen.
Letitia überflog die Nachrichten auf der Titelseite mit mäßigem Interesse: Der Bürgermeister drängte darauf , einen Termin festzulegen, an dem die Stadt offiziell umbenannt wird, doch die Ratsherren verschleppen die Entscheidung ...
»Typisch für diese überheblichen Dummköpfe«, murmelte Letitia missgelaunt, bevor sie die nächste Seite aufschlug. Sofort fiel ihr ein Artikel über ein Verbot der »Sklavenarbeit der kanakas « ins Auge. Sie hatte kaum den ersten Abschnitt gelesen, als ihr Herz heftig zu pochen begann und ihre Hände zitterten.
Arbeiterbewegung von Queensland rebelliert gegen herrschendes
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