Im Glanz der roten Sonne Roman
ihre Nerven zum Zerreißen gespannt.
»Trink nicht zu viel«, sagte sie impulsiv. Sie wollte nicht, dass Max schon betrunken war, wenn er Eves Artikel las – und dass er ihn lesen würde, schien unvermeidlich. Zwar war es Letitia gelungen, die Zeitung den ganzen Tag vor Max zu verbergen, doch die Männer in der Hotelbar würden ihnbestimmt darauf ansprechen. Es war wie eine tickende Zeitbombe.
Max hob die Brauen und bedachte Letitia mit einem vielsagenden Blick. »Halt du dich lieber mit dem Trinken zurück«, sagte er herablassend, und Letitia zuckte innerlich zusammen.
Sie und Alexandra folgten Corona Byrne in den Saal. Letitia rechnete damit, eine große Gruppe schnatternder Frauen um den Buffetttisch herum versammelt zu sehen. Stattdessen standen die Frauen in einer Ecke des Saals. Letitia und Lexie sahen sehr bald den Grund dafür: Jordan Hale hielt dort vor einer Schar faszinierter Bewunderinnen Hof. Auch Celia befand sich unter seinen aufmerksamen Zuhörerinnen, während Warren, der nicht gern mit den Männern trank, missmutig am Rand der Gruppe stand.
Celia hatte sich besondere Mühe mit ihrem Äußeren gegeben, was ihr Verlobter wohlwollend zur Kenntnis nahm, doch selbst in ihrem malvenfarbenen Kleid und mit dem sorgfältig frisierten Haar wirkte sie neben Lexie blass und nichtssagend. Ihre Schwester trug ein langes, dunkelrotes Abendkleid, das die Farbe von Portwein besaß. Ihr Lippenstift war von dem gleichen dunklen Rot, was einen faszinierenden Kontrast zu ihrem bronzenen Teint und den ebenholzfarbenen Locken bildete, die sie zu einer Hochfrisur gekämmt hatte. Als Jordan Letitia anblickte, die wie immer elegant in Creme und Gold gekleidet war, fiel ihm auf, wie angespannt sie wirkte, und er fragte sich, ob sie und Max gestritten hatten.
Kaum hatte er die Bar des Cane Cutters Hotel betreten, spürte Max, dass irgendetwas nicht stimmte. Die Atmosphäre war spürbar feindselig, und Schweigen senkte sich über den Raum. Einige Männer starrten ihn an, andere mieden seinen Blick.
»Gib mir einen Halben, Wally«, sagte Max zum Barmann.
Während Wally das Bier einschenkte, ließ Max den Blick indie Runde schweifen, verwundert über die verstohlenen Blicke einiger Freunde.
Schließlich kam Frank Morrison auf ihn zu. »Wir hatten heute Abend nicht mit dir gerechnet«, sagte er.
»Warum nicht? Ich bin doch immer da, wenn es um eine Sache geht, die unsere Stadt betrifft!«
Frank schien sich nicht wohl in seiner Haut zu fühlen. »Also ... nun ja, weil ...«
»Weil was?«, stieß Max gereizt hervor. Er verlor allmählich die Geduld angesichts der verstohlenen Blicke und des seltsamen Geredes. »Nun sag schon, Frank!«
»Er spricht von dem Artikel, der heute in der Zeitung erschienen ist«, meldete Wally sich zu Wort.
»Wir haben heute keine Zeitung bekommen«, erwiderte Max, dem plötzlich der Verdacht kam, dass Letitia sie vor ihm verborgen haben könnte. Jetzt, wo er darüber nachdachte ... ja, sie war den ganzen Tag auffallend angespannt gewesen.
Plötzlich lag Max der Magen wie ein Stein im Leib; zugleich durchzuckte ihn unbändiger Zorn. Wally zog ein Exemplar der Zeitung hinter der Bar hervor.
»Wir brauchen keine Menschenrechtskommission, die uns im Nacken sitzt«, sagte Bill Boyd von der anderen Seite der Bar.
»Und wir können es uns nicht leisten, die Hütten der kanakas zu renovieren, während die Zuckerpreise sinken«, erklärte Herman Kirkbright.
»Wovon sprecht ihr überhaupt?«, murmelte Max und überflog den Artikel.
»Kannst du deinen Streit mit dem Mädchen nicht endlich beilegen und sie uns vom Hals halten?«, fragte Bill.
»Verdammt!«, fluchte Max, als er Eves Name über dem Artikel entdeckte. »Ich werde tun, was ich schon vor einem halben Jahr hätte tun sollen – ich schaffe sie fort!«»Danke, dass du mich in die Stadt gefahren hast, Nebo«, sagte Eve nun schon zum dritten Mal.
Der Alte lächelte über ihre Nervosität, während er den Einspänner in die Hauptstraße von Geraldton lenkte. »Bringt Ihr junger Mann Sie später nach Hause, Miss Eve?«
»Irwin ist ganz bestimmt nicht ›mein‹ junger Mann, Nebo, und ich kann nicht von ihm verlangen, dass er mich bis nach Eden begleitet. Er glaubt, ich wohne bei Mary Foggarty. Könntest du mich abholen?«
»Ich warte auf Sie, Miss Eve. Ich kann solange Jackson Elroy besuchen.« Jackson wohnte in einer Hütte am Fluss, nur eine Straße hinter dem Gemeindesaal. Wie Nebo hatte er in der Anfangszeit Edens für Patrick Hale
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