Im Glanz der roten Sonne Roman
passt gut zusammen.«
Eve taumelte zurück, als hätte Max sie geschlagen. Jordan glaubte, sie hätte das Gleichgewicht verloren, und streckte den Arm aus, um sie aufzufangen, doch in ihrer Verzweiflung stieß Eve seine Hand zurück, wandte sich um und eilte zum Ausgang, während ihr Tränen über die bleichen Wangen liefen. Alle Anwesenden im Saal blickten ihr nach.
Letitia stand am anderen Ende des Saales. Sie hatte erschrocken eine Hand vor den Mund geschlagen, voller Mitgefühl und blind vor Tränen. Sie hatte das Verlangen, ihrer Tochter zu folgen, um sie zu trösten, doch die Angst, erneut versagt zu haben, und ein tiefes Schuldgefühl hinderten sie daran. Von ihr wollte Eve wahrscheinlich zu allerletzt getröstet werden. Und doch wusste Letitia, dass ihre jüngste Tochter sonst niemanden auf der Welt hatte.
Nach einem inneren Kampf gegen die Angst, zurückgewiesen zu werden, beschloss Letitia, Eve zu folgen, doch Lexie hielt sie am Arm zurück. »Nicht, Mutter, lass sie gehen. Du weißt doch, dass sie sich das alles selbst zuzuschreiben hat.«
Letitia achtete nicht auf das Geflüster und Geraune. »Ich kann sie mit ihrem Kummer nicht allein lassen!«, sagte sie und befreite sich aus Lexies Griff. Dann eilte sie durch den stillen Saal, verfolgt von neugierigen Blicken.
Als sie ins Freie trat, war Eve nirgends zu sehen. Sie schien buchstäblich von der Dunkelheit verschluckt worden zu sein. Immer wieder rief Letitia ihren Namen, während sie zwischen den Reihen der geparkten Kutschen, Einspänner und Karren auf und ab lief, doch sie sah und hörte niemanden. Sogar die Stallburschen, die man dafür bezahlte, dass sie die Pferde bewachten, hatten sich im Vestibül des Saales versammelt, um sich das Schauspiel nicht entgehen zu lassen, das dort geboten wurde.
Jordan eilte zum nächsten Ausgang, durch die Küche zur Hintertür. Die Nachtluft kühlte sein erhitztes Gesicht, und er atmete tief ein, während er in die Dunkelheit starrte. Verzweifelt versuchte er zu begreifen, was er soeben erfahren hatte, doch vergeblich: Zu sehr hatte ihn das Geschehen aus der Fassung gebracht.
»Wie kann Eve die Tochter von Max Courtland sein?«, fragte er sich wieder und wieder. »Wie ist das möglich?« Er versuchte, seinen Hass auf Max gegen den Respekt aufzuwiegen, den er inzwischen für Eve empfand, doch es war unendlich schwierig. Und sich Eve als Lexies oder Celias Schwester vorzustellen, war für ihn ebenso unmöglich.
»Jordan!«
Beim ersten Mal hörte er nicht, wie jemand seinen Namen rief.
»Jordan!«
Er wandte sich um und sah, dass Letitia zu ihm kam. Siewar auf der Suche nach Eve um das Gebäude herumgegangen und hatte Jordan allein im Dunkeln stehen sehen – eine hoch gewachsene, einsame, verlorene Gestalt.
»Ich kann es nicht glauben! Ist Eve wirklich Evangeline, Ihre jüngste Tochter?«, stieß er verwirrt hervor.
Letitia nickte. »Sie dürfen ihr nicht böse sein, Jordan. Sie betrachtet sich nicht als eine Courtland, weil sie nicht bei uns aufgewachsen ist und weil sie ihren Vater immer schon gehasst hat ... vielleicht genauso sehr wie Sie.«
Jordan konnte keinen klaren Gedanken fassen, und Letitias knappe Erklärung verärgerte ihn nur noch mehr. »Ob sie bei Ihnen aufgewachsen ist oder nicht, ist doch völlig unwichtig. Wie konnte sie mir das verschweigen, Letitia?« Ohne ein weiteres Wort wandte er sich um und stapfte davon.
Überwältigt von Kummer schloss Letitia die Augen. Sie fühlte den gleichen Schmerz, den Eve fühlen musste, und er bohrte sich wie ein Messer in ihr Herz. Insgeheim gab sie nur einem Menschen die Schuld an all dem Schmerz, der Verzweiflung und dem Kummer, den sie und Eve durchlitten hatten: ihrem Mann. Hätte Max sie so geliebt, wie er es vor dem Altar versprochen hatte, hätte ihr Leben ganz anders verlaufen können.
»Warum musste Max sich so sehr in Catheline Hale verlieben?«, fragte sie sich wohl zum tausendsten Mal.
»Letitia!«, rief Max. »Wir fahren nach Hause!«
Letitia war zum Eingang zurückgekehrt und sah ihren Mann zum Einspänner stapfen. Im Lichtschein, der aus dem Saal ins Freie fiel, erkannte sie auch Lexie, Celia und Warren, die Max vom Eingang aus nachblickten. Hinter ihnen hatte sich eine kleinere Gruppe Neugieriger versammelt, darunter ihre Bridgepartnerinnen.
»Letitia!«, rief Max noch einmal, ohne sich nach ihr umzudrehen.
Er erwartet, dass ich ihm nachlaufe wie ein Hund!, dachte sie wütend. »Mit dir gehe ich nirgendwohin!«, rief sie hinter
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