Im Glanz der roten Sonne Roman
Celia, weil die beiden sie brauchten. Ich wollte mit ihr nach Hause fahren, aber sie ließ mich nicht. Auch wenn ich damals noch sehr klein war – ich erinnere mich gut, wie sehr ich darunter gelitten habe, zurückgelassen zu werden.«
Jordan nickte. Eve hätte ihre Mutter ebenso dringend gebraucht wie Lexie und Celia. Wie tief musste es sie verwundet haben, hinter die Schwestern zurückgestellt zu werden. Schließlich war sie die Jüngste gewesen. Außerdem hatte sie nach den Operationen sicher unter großen Schmerzen gelitten. Jordan verstand sehr gut, dass es Eve nach der Mutter verlangt hatte.
»Mein Onkel und meine Tante hatten ihr einziges Kind durch ein tragisches Unglück verloren – es war ertrunken. Deshalb hingen sie sehr an mir und gingen liebevoll mit mir um. Aber sie waren eben nicht meine richtigen Eltern. Mutter kam mich in den folgenden zwei Jahren genau zwei Mal besuchen ...« Eves Worte klangen hart und bitter. »Später konnte ich schon froh sein, wenn sie mir wenigstens noch schrieb. Sie hat alle möglichen Ausreden vorgeschoben. Einmal behauptete sie sogar, die Reise sei zu lang und zu anstrengend!« Eve konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie wandte sich ab und wischte sie sich mit einer ungeduldigen Geste von den Wangen. Jordan reichte ihr ein Taschentuch. Eve nahm es verlegen und schnäuzte sich. Nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatte, schaute sie Jordan ratlos an.
»Wie konnte sie mich verlassen, Jordan? Als Mutter!«
»Ich weiß es nicht, Eve.« Jordan verstand es wirklich nicht, war aber sicher, dass es irgendeinen Grund dafür geben musste.
»Bin ich so wenig liebenswert?«
»Nein, Eve, du bist sogar sehr liebenswert!« Jordan blickte in ihre schönen, dunklen Augen, deren Blick so viel Verletzlichkeit ausdrückte. Es musste leicht sein, sie zu lieben ...
Schließlich errötete Eve, wandte den Blick ab und brach damit den Zauber.
»Deine Tante und dein Onkel haben dich sicher sehr geliebt, nicht wahr?«, sagte er leise.
»Sie haben mir ihre Zeit und ihre Zuneigung geschenkt, aber sie konnten nicht wettmachen, dass meine Eltern mich praktisch im Stich gelassen hatten.«
Jordan entgegnet nichts.
Nach einem Moment des Schweigens schaute Eve ihn wieder an und tupfte sich die Tränen ab. »Jules Keane und Onkel Louis sind Vettern. Deshalb hat Jules mir die Chance gegeben, Artikel für die Gazette zu schreiben. Ich wollte nicht, dass Tante Cornelia meiner Familie etwas von meiner Rückkehr schrieb, weil ich nie mehr in dieses Haus wollte. Jules ist Junggeselle, sodass ich nicht bei ihm wohnen konnte, aber seine Schwester, Mary Foggarty, war froh, einen Gast zu haben.« Eve lächelte leicht. »Leider war es unmöglich, längere Zeit bei Mary zu wohnen, denn sie teilt das Haus mit ihren vielen Tieren. Als mein erster Artikel in der Gazette erschienen war, wollte mir niemand ein Zimmer vermieten, aber ein Makler war bereit, mir Eden zu zeigen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ich wirklich dort wohnen wollte, aber als er es begriff, besaß er die Frechheit, Miete zu verlangen. Eigentlich wollte ich gar nicht mehr hier bleiben, aber ich wollte unbedingt bei einer Zeitung arbeiten.« Sie seufzte tief. »Ich wollte über die Zuckerindustrie und erfolgreiche Plantagengründungen schreiben, doch als ich nach Geraldton kam und sah, wie die kanakas behandelt wurden, konnte ich es nicht hinnehmen. Ich habe mir meinen Zorn von der Seele geschrieben und gehofft, die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Leid der kanakas zu lenken. Stattdessen habe ich die Wut der Gemeinschaft auf mich gezogen. Ich hatte mit Max’ Zorn gerechnet, aber trotzdem gehofft, dass er wenigstens versucht , mich zu verstehen.« Wieder seufzte Eve. »Doch er hat mich wie eineAussätzige behandelt. Und wenn ich meinen Schwestern in der Stadt begegnete, ignorierten sie mich oder verhielten sich feindselig. Sie glauben, ich wüsste nicht, was für schlimme Dinge sie hinter meinem Rücken über mich verbreiten. Nur Mutter hat ein paar Versuche unternommen, mich besser kennen zu lernen ...«
»Ich muss gestehen, dass ich erschrocken war, als ich deinen letzten Artikel gelesen hatte, Eve«, sagte Jordan. »Obwohl ich mit allem übereinstimme, was du geschrieben hast, konnte ich nicht glauben, dass du deinen Vater öffentlich an den Pranger stellst.«
»Er ist für mich nie ein Vater gewesen. Und ich konnte vor dem Elend der kanakas nicht einfach die Augen verschließen. Wenn du gesehen hättest, was ich gesehen
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