Im Glanz der roten Sonne Roman
gerade, wie großzügig du bist, Rachel Bennett ein Haus anzubieten. Ich bin sicher, sie wird es nicht ablehnen.«
»Ich hoffe es. Ich habe nämlich in der Stadt einige passende Gebäude gesehen, die zum Verkauf standen. Vielleicht könntest du mir dabei helfen, ein geeignetes Haus auszusuchen?«
»Ich würde dir sehr gern helfen, wenn ich kann«, erwiderte Eve, freudig überrascht, dass er sie darum bat. »Wir könnten es hübsch herrichten. Ich könnte zum Beispiel die Zimmer neu streichen, wenn du willst.«
»Ja, gern. Ich werde dir dabei helfen. Wenn Rachel tatsächlich unsere neue Ärztin wird, kommt es uns allen zugute. Die älteren Leute werden zu Anfang vielleicht zögern, eine junge Frau aufzusuchen, aber sie gewöhnen sich schon daran. Die jungen Mütter und besonders die Kinder werden sich schnell mit ihr anfreunden.«
Eve schwieg einen Moment und studierte Jordans gut geschnittene Züge. Seit ihrer Rückkehr nach Geraldton war sie misstrauisch geworden, was die Beweggründe mancher Menschen anging, doch Jordan war ganz sicher nicht auf Dankbarkeit oder Anerkennung aus.
»Du bist ein ungewöhnlicher Mensch, Jordan Hale«, sagte sie und meinte damit seine Selbstlosigkeit.
Wieder warf Jordan ihr einen forschenden Blick zu und sah ihr leises Lächeln. »Ich möchte nur etwas tun, was der Gemeinschaft Nutzen bringt«, sagte er. »Es hat doch keinen Sinn, Reichtümer anzuhäufen, ohne damit etwas Gutes zu bewirken.«
Seine Worte ließen Eve an ihren Vater denken. »Leider denkt nicht jeder so wie du, Jordan.«
Er hörte die Bitterkeit in ihrer Stimme und verstand, dass sie vor allem ihren Vater meinte. »Ich frage mich, warum Max dich in Willoughby so seltsam angeschaut hat«, sagte er besorgt.
Eve ließ den Kopf sinken. »Um ehrlich zu sein, hat er mir Angst gemacht.« Ihre Offenheit überraschte sie selbst, doch sie fühlte sich Jordan sehr nahe – näher, als sie je einem Mann gewesen war. Er strahlte so viel Wärme und Sicherheit aus. »Er wirkte so fremd, so eigenartig«, fuhr sie fort. »Ich weiß nicht, ob es an Mutters Unfall liegt oder an etwas anderem, von dem wir nichts wissen. Aber irgendetwas stimmt da nicht.« Sie wandte sich von Jordan ab und blickte auf die Felder, ohne sie wirklich zu sehen. Ihre Gedanken schweiften in eine andere Welt, in die Vergangenheit, die sie lange Zeit als zu schmerzhaft empfunden hatte, um sich ihr zu stellen. Doch hier, neben Jordan und mit dem Gefühl der Sicherheit, das er ihr vermittelte, konnte sie es wagen. Als Eve wieder sprach, öffnete sie das Innerste ihrer Seele.
»Ich habe mich oft gefragt, wie es wohl gewesen wäre, in Willougby aufzuwachsen.« Sie hielt kurz inne. »Vielleichtwäre ich dann so geworden wie Celia oder, schlimmer noch, wie Lexie.«
Jordan bezweifelte, dass Eve jemals so selbstverliebt geworden wäre wie Lexie. »Warum bist du bei deiner Tante und deinem Onkel aufgewachsen?«
Eve schloss kurz die Augen und wandte sich ihm zu. »Weil meine Eltern mich nicht wollten.« Ihre Unterlippe zitterte verdächtig.
»Das glaube ich nicht, Eve.«
»Es stimmt aber, obwohl Mutter es abstreitet. Sie findet jedes Mal tausend Ausreden, aber keine ist glaubwürdig.«
»Ich würde die Geschichte gern aus deiner Sicht hören, Eve. Letitia hat mir erzählt, du seist nach Sydney gebracht worden, um dort in einer Klinik behandelt zu werden.«
»Das stimmt. Ich bin ...«, sie senkte den Kopf, und Jordan sah, wie schwer es ihr fiel, darüber zu sprechen. »Ich bin mit einer verschobenen Hüfte zur Welt gekommen und konnte nur unter Schmerzen laufen – es sah auch seltsam aus. Meine Mutter behauptet, dass es in Sydney die besten Chirurgen gab, was wahrscheinlich sogar stimmte. Aber ich glaube, dass meine Eltern mich vor ihren Freunden verbergen wollten, weil sie nicht mit dem Makel leben konnten, ein Kind wie mich zu haben.«
Jordan sah ihr an, wie aufgewühlt sie war. Er spürte, dass sie sich gerade zum ersten Mal im Leben einem Menschen anvertraut hatte.
»Mit drei oder vier Jahren bin ich zum ersten Mal operiert worden, leider nicht sehr erfolgreich. Meine Familie wohnte bei Tante Cornelia und Onkel Louis, während ich im Krankenhaus war. Ich war zu jung, als dass ich mich noch an alle Einzelheiten erinnern könnte, aber ich glaube ...« Sie hielt inne. »Max und die Mädchen fuhren nach Geraldton zurück, während ich mich erholte. Mutter blieb bis nach meiner zweiten Operation bei mir, doch danach sagte sie, sie müssezurück zu Lexie und
Weitere Kostenlose Bücher