Im Glanz der roten Sonne Roman
allein!«
»Allein?«
»Was ist los mit dir, Jefferson? Glaubst du nicht, dass ichmit einem Burschen wie Jordan Hale allein fertig werde?« Max war kein junger Mann mehr, doch wie so oft blendete ihn sein Stolz.
»Doch, natürlich, Boss. Sie können es mit jedem aufnehmen, vor allem mit einem schwächlichen Städter, der sich einbildet, Zuckerrohrpflanzer zu sein!«
Eine Stunde und einen weiteren Krug Rum später ritt Max über den Zufahrtsweg nach Eden. Er war allein und dermaßen betrunken, dass er sich nur mit Mühe auf dem Rücken seines Pferdes halten konnte. Sein schmutzstarrendes Hemd war nass von Schweiß, und ungeschickt hielt er eine seiner geliebten Havanna-Zigarren zwischen den Fingern.
In den Tiefen seines von Rum umnebelten Verstandes registrierte er, dass das Anwesen sauber und ordentlich aussah. Obwohl Eden seiner Meinung nach nicht mit Willoughby konkurrieren konnte, bot es nicht mehr das traurige Bild des Verfalls, sondern schien im Gegenteil aufzublühen. Als Max zum Haupthaus ritt, stiegen Erinnerungen in ihm auf, doch sie waren ebenso umnebelt wie sein Sinn für die Wirklichkeit. Beinahe vermeinte er Catheline Hale auf der Veranda stehen zu sehen. Ihre tiefschwarzen Haare flogen im Wind, ihre Augen strahlten in der Abendsonne, und ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als sie ihn erblickte ...
»Catheline«, murmelte er. In diesem Augenblick strauchelte sein Pferd, was Max schlagartig in die Wirklichkeit zurückbrachte. Auch seine Wut loderte wieder auf. Ein paar Schritte vom Haus entfernt rief er: »Hale! Komm raus, Hale!«
Jordan öffnete die Tür und trat ins Freie. Die Nachmittagssonne warf Schatten auf ihn, sodass Max sein Gesicht nicht sehen konnte. Jordan schien ganz ruhig, doch Max hörte die mühsam beherrschte Wut in der Stimme des jungen Mannes.
»Ich hatte Ihnen doch geraten, niemals wiederzukommen!«, sagte er.
»Ja, das hast du! Aber selbst erwartest du in Willoughby einen roten Teppich!«, lallte Max mit sarkastischem Unterton.
»Ich habe kein Interesse, auch nur einen Fuß auf Ihren Grund und Boden zu setzen. Mir geht es nur darum, dass Letitia von einem Arzt untersucht wird.«
Die Sonne schien Max genau ins Gesicht und in seine blutunterlaufenen Augen. Er blinzelte geblendet. »Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten! Ich bin gekommen, um mir etwas wiederzuholen, das mir gehört!«
Jordan dachte sofort an Eve, doch Max fuhr fort: »Wo ist Elias? Ohne Elias reite ich nicht heim!«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, er wird nicht zurückkommen«, erklärte Jordan in ebenso beherrschtem wie entschlossenem Tonfall.
»Ich verlange, dass du ihn herbringst, bevor ich dich festnehmen lasse! Bring ihn her! Auf der Stelle!« Max riss so fest an den Zügeln, das sein Pferd rückwärts zu tänzeln begann, und er fluchte, weil er um ein Haar das Gleichgewicht verloren hätte.
Von dem Lärm alarmiert, kam Eve aus dem Haus.
Max erschrak, als er sie sah. »Was, zur Hölle, tust du hier?«
»Ich ... ich arbeite hier«, gab Eve leise zurück. Sie hatte mit einem Blick erkannt, das Max in noch viel schlimmerer Verfassung war als zwei Stunden zuvor, und ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
Max schoss Jordan einen Blick zu, aus dem purer Hass sprach, und seine Lippen verzogen sich zu einem hässlichen Grinsen. Dann fragte er Eve: »Und was arbeitest du?«
»Das geht dich nichts an.«
»Sag mir, was du hier tust, Evangeline, oder ich vergesse mich!«, rief Max. Der Schweiß strömte ihm aus jeder Pore. Das Hemd klebte ihm auf der Haut, ließ die Haare auf seiner Brust erkennen und seinen Bauch noch deutlicher vorstehen. An seinen Schläfen traten dicke Adern hervor, und seineAugen verschwanden fast unter seiner kantigen Stirn. Seine Haut hatte eine ungesunde, tiefrote Farbe angenommen, als würde ihn im nächsten Moment der Schlag treffen.
»Ich streiche das Haus und erledige kleine Arbeiten ...«, sagte Eve, um einem Zornesausbruch entgegenzuwirken. Zugleich stieg so etwas wie Trotz in ihr auf. Sie war wütend auf ihren Vater, weil dieser nach Eden gekommen war, um Streit zu suchen. »Warum interessiert es dich plötzlich, was ich tue? Bisher hat es dich nie gekümmert! Warum sollte es dich jetzt stören, dass ich in Eden wohne?« Obwohl Eve genau wusste, was sie mit diesen Fragen auslöste, konnte sie sich nicht zurückzuhalten. Max hatte ihrer Mutter das Recht verwehrt, von einem Arzt untersucht zu werden, und das zeigte einmal mehr, dass er durch und durch schlecht
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