Im Glanz der roten Sonne Roman
habt viel Mut bewiesen und alles getan, damit mein Traum sich erfüllte. Das hat mir mehr bedeutet, als ich sagen kann. Du und ich, Eve, wir haben das gleiche Ziel. Wir wollen die Lebensbedingungen der kanakas verbessern. Wir wissen beide, dass Max das größte Hindernis auf diesem Weg ist. Ich habe einen Plan, der Erfolg haben könnte, aber dieser Plan setzt voraus, dass wir Max in die Knie zwingen. Es gibt keinen anderen Weg.«
Eve beobachtete eine Familie von Wildenten, die den Fluss hinunterschwamm. »Du musst tun, was du kannst, um es den kanakas leichter zu machen.«
Jordan meinte, leise Zweifel in ihrer Stimme zu hören. »Nicht, wenn es dich verletzt ...« Er hatte die Worte eigentlich nicht laut aussprechen wollen – sie waren ihm unwillkürlich über die Lippen gekommen.
Eve hatte an ihre Mutter gedacht, doch nun schlug ihr Herz vor Überraschung schneller, und sie blickte Jordan verwundert an, als sie den Ernst und die tiefe Zuneigung in seinen dunklen Augen sah. Er hatte sich abgewandt, und sie spürte, dass er seine Gefühle vor ihr verbergen wollte. Eve wusste, dass sie ihm etwas bedeutete, doch dass er in sie verliebt war, glaubte sie nicht. Er hatte ja selbst gesagt, dass er gern flirtete, und mit seinem blendenden Aussehen konnte er zweifellos jede schöne, begehrenswerte Frau haben, die er wollte. So war es ja schon in der Vergangenheit gewesen.
»Meinst du das ernst, Jordan?«
Jetzt blickte er sie fest an. »Ich möchte nichts tun, was dir Kummer bereitet, Eve.«
Wieder füllten ihre Augen sich mit Tränen, doch diesmal waren es Tränen der Freude. Jordan würde nie ermessen können, wie viel ihr seine Rücksichtnahme bedeutete. Zum ersten Mal gestand Eve sich ein, dass sie sich leicht in ihn verlieben könnte. Doch sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten – aus Angst vor einem gebrochenen Herzen.
»Sag mir einfach, was du vorhast. Wenn ich dir helfen kann, kannst du auf mich zählen.«
Jordan hatte von Jimmy Hammond erfahren, dass am nächsten Abend in der Stadt eine Versammlung stattfinden würde.
»Es ist so etwas wie eine Krisensitzung«, hatte Jimmy gesagt. »Anscheinend stehen noch viel mehr Pflanzer vor dem Ruin, als ich dachte.«
»Wird Max auch daran teilnehmen?«, hatte Jordan gefragt.
»Das bezweifle ich. Er ist seit dem Ball nicht mehr in der Stadt gewesen und empfängt auch keine Besucher. Es heißt, Letitia sei die Treppe hinuntergefallen, aber so, wie Max nach dem Erntedankball mit ihr geredet hat, gibt es auch Gerüchte, dass er sie hinuntergestoßen hat.«
Jordan seufzte. »Die Wahrheit wird wohl nie ans Licht kommen. Ich habe einen Plan, Jimmy. Bitte sorg dafür, dass so viele Pflanzer wie möglich an der Versammlung teilnehmen.«
»Ich werde mein Bestes tun.«
Jordan und Dr. George Bennett erkundigten sich bei Constable Hawkins, ob man Letitia auch ohne Max Courtlands Einwilligung von einem Arzt untersuchen lassen könne, doch der Polizeibeamte beharrte darauf, dass es ohne Max’ Einverständnis nicht möglich sei.
»Er ist ihr Mann, ihr nächster Verwandter, und erentscheidet«, sagte der Constable. »Sie dürfen seinen Grund und Boden nicht ohne Erlaubnis betreten.«
»Und wenn Letitia stirbt?«, fragte Jordan wütend.
»Das wäre etwas anderes. Wenn sie stirbt und der Gerichtsmediziner feststellt, dass sie ihren Verletzungen erlegen ist, wird man Max vor Gericht befragen, weshalb er keinen Arzt zu ihr gelassen hat.«
»Aber das ist doch der reine Hohn!«, begehrte Jordan auf. Doch der Constable zuckte nur mit den Schultern.
Beim Verlassen der Polizeiwache sagte George: »Ich habe schon öfter solche Fälle erlebt, Jordan. Ohne Max’ Einwilligung können wir nichts für Letitia tun.«
Nachdem Jordan und Ryan O’Connor zu der Versammlung aufgebrochen waren, klopfte jemand leise an die Haustür. Eve war allein, und ihr Herz begann wie rasend zu schlagen. Sie wünschte, Gaby wäre da, doch sie und Frankie machten mit den Jungen einen Spaziergang am Fluss und würden nicht vor einer Stunde zurück sein.
Als es noch einmal klopfte, nahm Eve allen Mut zusammen und ging zur Haustür. Als sie öffnete, hätte ihr Erstaunen größer nicht sein können, denn draußen auf der Veranda stand Celia.
»Was machst denn du hier?«, fragte Eve. Sie hatte nicht unhöflich sein wollen, hätte jedoch niemals erwartet, eine ihrer Schwestern auf der Schwelle von Eden vorzufinden.
Celia wich zurück, als hätte Eve sie geschlagen.
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