Im Glanz der roten Sonne Roman
»Von allein wäre ich nicht gekommen, das kannst du mir glauben ...«
Eve hatte nichts anderes erwartet. »Warum bist du dann hier?« Plötzlich überfiel sie ein schrecklicher Gedanke. »Geht es um Mutter?«
Celia wandte sich halb ab. »Ich wusste gleich, dass es ein Fehler ist. Lexie meinte, du würdest ...«
»Was?«, stieß Eve verzweifelt hervor. »Was meint Lexie?«
»Dass du überheblich bist«, sagte Celia.
»Da hat sie wohl von sich selbst gesprochen«, erwiderte Eve. »Sie trägt ihre Nase so hoch, dass ich mich frage, wie sie überhaupt noch geradeaus schauen kann.«
Die Mädchen blickten sich einen Moment schweigend an; dann legte sich ein Lächeln auf Celias Lippen, denn auch sie fand Lexie oft hochnäsig.
»Du musst aus einem wichtigen Grund hier sein, Celia. Worum geht es?«
»Mutter hat nach dir gefragt.«
Eve blickte die Schwester verwundert an.
»Sie hat das Bewusstsein noch nicht vollständig wiedererlangt, aber sie murmelt deinen Namen, deshalb ...« Celia verschränkte die Arme vor der Brust. »Vielleicht hätte ich doch nicht herkommen sollen«, meinte sie und wandte sich zum Gehen.
»Warte, Celia!«, bat Eve. Sie musste mit ihrer Mutter sprechen, musste die Wahrheit über ihren Vater herausfinden. Sie durfte diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen!
Celia kam zurück, die schmalen Lippen zusammengepresst.
»Ich weiß, dass du mich nicht magst, Celia, aber wenn ich etwas tun kann ...«
»Ich wüsste nicht, was du tun könntest, und ich verstehe nicht, warum Mutter überhaupt nach dir verlangt. Ausgerechnet mit dir will sie sprechen! Dabei hast du nie richtig zur Familie gehört. Und dann bist du wiedergekommen und wolltest nichts mit uns zu tun haben.«
»Machst du mir daraus einen Vorwurf, Celia? Ich bin nicht bei euch aufgewachsen, aber das lag ja nicht an mir.«
»An mir und Lexie lag es auch nicht!«
Die beiden jungen Frauen standen einander schweigend gegenüber; keine wollte klein beigeben.
»Als ich von Mutters Verletzung erfuhr«, sagte Eveschließlich, »bin ich mit Dr. Bennet an der Willoughby-Plantage gewesen. Aber Max wollte uns nicht einlassen.«
Celia war sichtlich überrascht und wütend auf ihren Vater. »Davon wusste ich nichts.«
»Ich würde jetzt gleich mitkommen, aber Max würde niemals erlauben, dass ich Mutter besuche.«
Celia wusste, dass Eve Recht hatte – wenn Max sie in Eden sah, würde er außer sich geraten. Sie senkte den Blick. »Vater ist seit dem Tag nach dem Unfall nicht mehr im Haus gewesen.«
Eve bemerkte, wie unbehaglich sich die Schwester fühlte. »Er war überhaupt nicht mehr im Haus?«
»Nicht, dass ich wüsste. Er sitzt die ganze Nacht auf der Terrasse, als wolle er das Haus bewachen, und jeden Nachmittag geht er in den Stall, um dort zu schlafen.«
Eve vermutete, dass er dann wahrscheinlich betrunken war, und ganz sicher plagte ihn sein Gewissen.
»Ich könnte morgen Nachmittag zum Tor kommen. Sagen wir um zwei Uhr«, schlug Celia vor. »Dann schläft Vater, und Milo ist auf dem Feld.«
»Ich werde da sein«, gab Eve zurück.
Jordan stand mit Jimmy und Alberto im hinteren Teil des Saales. George Bennett gesellte sich zu ihnen, nachdem er einige Krankenbesuche gemacht hatte.
Ein Mann namens Ed Harris richtete das Wort an die erwartungsvolle Menge. »Wenn wir unsere Plantagen verlassen, werden sie von Einwanderern übernommen«, sagte er. »All die Jahre, die wir geschuftet haben, sind dann umsonst gewesen. Aber so leicht geben wir nicht auf ...«
Jemand aus dem Publikum rief: »Was bleibt uns denn anderes übrig? Wir verlieren zu viel Geld. Bis zur Ernte kostet uns das Rohr fast zwölf Shilling die Tonne, und wenn wir es verkaufen, bekommen wir kaum mehr dafür.«
Ein anderer Mann erhob sich. »In ein paar Wochen nimmt die Mühle in Babinda den Betrieb auf«, sagte er. »Ich habe gehört, dass sie dort dreizehn Shilling pro Tonne bezahlen.«
»Aber die meisten von uns sind schon zu sehr verschuldet, um die Extrakosten für den Transport dorthin auch noch zu tragen«, gab Ed Harris zurück.
Schließlich trat Jordan vor. Er hatte abgewartet, um festzustellen, ob Milo Jefferson an der Versammlung teilnahm. Jordan wollte nicht, dass Max erfuhr, was er plante – zumindest noch nicht.
»Gentlemen, ich habe Ihnen etwas zu sagen«, erklärte er und ging zur Stirnseite des Saales. Sofort wurde es vollkommen still. Jordan sah, dass einige Männer ihn misstrauisch musterten. Doch Neuankömmlinge wurden immer mit
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