Im Glanz der roten Sonne Roman
den kanakas , die Leute anzugreifen. Die kanakas sind geflohen. Einige von ihnen haben sich bis jetzt nicht getraut zurückzukommen, weil sie Angst haben, geschlagen oder ausgepeitscht zu werden. Deshalb ruht hier die Arbeit, seit Max fort ist. Ich wüsste bis zu diesem Moment nicht, wohin Max wollte, hätte ich Jabari nicht sagen hören, dass er nach Babinda reitet.«
Eve schaute sie forschend an. »Ehrlich gesagt, Mutter, wundert es mich, dass du dir solche Sorgen um ihn machst, nachdem er dich fast während eurer gesamten Ehe so schlecht behandelt hat.«
Letitia senkte traurig den Kopf. »Vielleicht liebe ich ihn nicht mehr, aber wir sind so lange verheiratet, dass ich nicht anders kann, als mir Sorgen zu machen.«
Eve winkte ab. »Er hat es nicht verdient. Max hat nicht einmal dem Arzt erlaubt, dich zu untersuchen, als du schwer verletzt warst – als hätte er gar kein Herz!«
Letitia stieß einen tiefen Seufzer aus und blickte zum Fenster. »Er ist ein stolzer Mann, Eve, und er hat mir zu Recht vorgeworfen, dass ich ihn betrogen habe.«
»Ich weiß, dass du ihn früher einmal geliebt hast. Es war sein Fehler, dass du dich jemand anderem zugewandt hast. Er hatte dich vernachlässigt. Wäre er aufmerksam zu dir gewesen und nicht dadurch abgelenkt, dass er Jordans Mutter nachstellte ...« Eve sah den Schmerz in Letitas Augen. »Es tut mir Leid, ich hätte nicht davon anfangen sollen.«
Letitia schüttelte den Kopf. »Trotzdem habe auch ich Schuld auf mich geladen, indem ich ihn betrog, Eve.«
»Du musst aufhören, ihn ständig zu entschuldigen, Mutter. Er ist gemein und selbstsüchtig! Denk doch nur daran, wie er mir sagte, dass ich nicht seine Tochter bin. Er hat es herausgeschrien, vor Jordan und den Malloys ...«
Letitia schaute sie betreten an. »Es tut mir sehr Leid, Eve.«
»Ich habe das nicht gesagt, Mutter, damit du dich schuldigfühlst. Ich wollte dir nur vor Augen führen, wie wenig Max an andere denkt. Er denkt nur an sich selbst und hat kein Feingefühl.« Als Eve daran dachte, wie rücksichtsvoll und sanft Jordan war, stieg ein Glücksgefühl in ihr auf. »Ich hoffe, es macht dir nichts aus, wenn ich danach frage, Mutter, aber ... wie haben Lexie und Celia es aufgenommen, als du ihnen von meinem richtigen Vater erzählt hast?«
»Sie waren schockiert, wie nicht anders zu erwarten, haben es dann aber recht gut aufgenommen.« Letitia verzichtete darauf, von Lexies bissigen Kommentaren zu erzählen, dass Eves Vater ein halbblütiger Südseeinsulaner war. Letitia hatte Lexie getadelt und ihr gesagt, dass vieles von ihrer Boshaftigkeit ein Erbe ihres eigenen Vaters sei. Sie solle sich lieber darüber Gedanken machen, hatte Letitia gesagt, zumal ihr Vater nicht eben der freundlichste Mensch unter Gottes Himmel sei.
»In letzter Zeit scheint mir Max ohnehin verändert«, meinte Eve. »Es kommt mir so vor, als hätten seine Schandtaten aus der Vergangenheit ihn eingeholt, und dass er diese Last nicht tragen kann. Hast du schon mit Constable Hawkins über sein Verschwinden gesprochen?«
»Ja. Aber er wollte nicht nach Babinda reiten, um dort nach Max zu suchen, weil sich ein Wirbelsturm der Küste nähert. Ich habe deshalb Milo losgeschickt. Hast du schon gefrühstückt, Eve?«
»Ja, vielen Dank. Ting yan ist eine wunderbare Köchin. Ich kann dem, was sie auftischt, kaum widerstehen.«
»Ja, du bist ein bisschen rundlicher geworden. Du hast eine sehr schöne Figur!«
Eve, die solche Komplimente nicht gewohnt war, lächelte verlegen.
»Und wie stehen die Dinge in Eden?«
»Sehr gut. Die Setzlinge schießen förmlich in die Höhe, und mit der Renovierung sind wir fast fertig. Das Haus istwunderschön. Du musst unbedingt einmal herüberkommen und es dir ansehen, wenn es dir wieder gut genug geht.«
»Ich käme sehr gern.« Letitia war froh darüber, dass Eve näheren Kontakt mit ihr wünschte; zugleich aber machte es den Gedanken an den Abschied von Geraldton und das Ende ihrer Ehe noch schmerzhafter.
»Übrigens hat Jordan der Stadt sehr geholfen, Mutter. Er hat einen Löschwagen gekauft, der gestern angekommen ist. Heute Morgen ist Jordan in die Stadt gefahren, wo er sich mit einem Feuerwehrmann aus Brisbane trifft, der die einheimischen Freiwilligen ausbilden soll.«
»Das ist wunderbar, Eve. Hat er nicht auch ein Haus für die neue Ärztin gekauft?«
»Hier verbreiten sich Neuigkeiten wirklich schnell!«
»Dafür haben wir unseren eigenen Buschtelegrafen – Corona Byrne!« Letitia
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