Im Glanz der roten Sonne Roman
Niederträchtiges zutraue, wie kann ich da erwarten, dass Gaby Zweifel hat?«
Sie hob den Blick und sah Gaby zum Buggy kommen. Gaby warf die Tüte mit den Kleidungsstücken, die Letitia ihr am Morgen gegeben hatte, in den Wagen. »Das hier ist Jordans Zuhause«, sagte sie, »deshalb kann ich Ihnen nicht verbieten, herzukommen. Aber ich möchte Sie nie wiedersehen!« In Gabys blauen Augen schimmerten Tränen, und ihre Miene zeigte deutlich, dass sie sich verraten fühlte. Hastig wandte sie sich um und eilte zurück ins Haus, wobei sie die Tür mit lautem Knall hinter sich ins Schloss warf.
Letitia senkte den Kopf. »Ich glaube, jetzt wäre ein günstiger Augenblick, den Malloys zu sagen, dass Sie das alles bezahlt haben«, sagte sie und reichte Jordan die Päckchen. »Egal was die Malloys von mir halten – sie brauchen dringend die Sachen, die ich in Ihrem Auftrag für sie gekauft habe.«
Jordan war nicht sicher, ob solche Offenheit jetzt angebracht war. »Unter diesen Umständen bezweifle ich, dass Gaby diese Sachen von mir annehmen würde, und ich will auf keinen Fall zugeben, dass wir sie getäuscht haben, solange sie noch so wütend ist.«
Letitia nickte. »Wahrscheinlich haben Sie Recht. Aber machen Sie sich keine Vorwürfe. Gaby hätte ohnehin früher oderspäter herausgefunden, dass ich Max’ Frau bin. Geraldton ist eine kleine Stadt. Ich hätte es ihr selbst sagen müssen, das war mein Fehler. Ich wusste nur nicht, wie ich es anfangen sollte.«
Als Letitia fort war, brachte Jordan die Päckchen ins Haus und legte sie in das Zimmer, in dem sein Vater einst die Buchführung gemacht hatte. Dieser Raum würde wahrscheinlich zuletzt renoviert. Anschließend suchte Jordan in den anderen Zimmern im Erdgeschoss nach Gaby, konnte sie aber nicht finden. Er wollte gerade zur Arbeiterbaracke zurück und sich dort zu den anderen Männern gesellen, als Eve aus dem Anbau kam.
»Es tut mir Leid, dass ich Max Courtland erwähnt habe«, sagte sie. »Ich wusste wirklich nicht, dass Gaby unsere Unterhaltung mithört.«
»Wie Letitia mir gerade sagte, hätte Gaby es ohnehin irgendwann herausgefunden, Eve. In einer kleinen Stadt lässt sich so etwas kaum geheim halten.«
Eve dachte an ihr eigenes Geheimnis und senkte den Kopf. »Gaby geht unten am Fluss spazieren. Sie war völlig mit den Nerven herunter.«
»Letitia erging es nicht anders.«
Eve hob den Kopf und blickte Jordan an. »Das hört sich an, als würde sie Ihnen Leid tun.«
»In gewisser Weise ja. Ich kann nur vermuten, wie ihr Leben mit einem Mann wie Max Courtland gewesen sein mag, und ich finde es nicht richtig, Letitia für seine Verbrechen zu bestrafen.« Jordan erkannte die Ironie in seinen Worten, denn auch Letitia würde darunter leiden, wenn er Max bekämpfte. Doch er fühlte sich gerechtfertigt durch das Leid, das Max seinen Eltern angetan hatte. Zwar wollte er Letitia nicht wehtun, aber es konnte geschehen.
»Letitia muss einen schwachen Charakter haben, wenn sie bei Max Courtland bleibt!«, stieß Eve zornig hervor.
Ihre Worte überraschten Jordan. Eve hatte sich rührend umNebo gekümmert und für Gaby getan, was sie konnte. Sie hatte auf Jordan bisher den Eindruck eines mitfühlenden, hilfsbereiten Menschen gemacht. »Da bin ich anderer Meinung, Eve. Ich glaube vielmehr, dass Letitia sehr stark sein muss, um dieses Leben durchzustehen.«
Eve starrte ihn offenen Mundes an. »Wie kommen Sie auf eine so lächerliche Schlussfolgerung? Letitia hat für alles ihre Diener. Sie braucht keinen Finger zu rühren!«
Jordan fragte sich insgeheim, ob Eve Letitia um deren Lebensstil beneidete. »Das ist ein gutes Beispiel für das, was ich sagen will. Stellen Sie sich einmal vor, wie leer Ihr Leben wäre, wenn Sie keine Aufgabe hätten, die Ihnen Anerkennung einbringt, oder wenigstens ein bisschen Zufriedenheit. Jeder Mensch braucht einen Lebensinhalt.« Jordan dachte an seine Mutter und daran, dass Max behauptete, sie habe Selbstmord begangen, und ein stählerner Ring schien sich um seine Brust zu legen.
»Letitias Lebensinhalt sind Teepartys und Versammlungen!«, sagte Eve verächtlich.
»Vielleicht hilft es ihr, die Leere in ihrem Leben auszufüllen.« Jordan dachte an die Partys, die er in seiner wilden Zeit besucht hatte, an die Frauen, die er gehabt hatte. Doch er war dieses Lebens rasch müde geworden. Die flüchtigen sexuellen Abenteuer hatte er als sinnlos empfunden, und die rücksichtslosen Geschäftspraktiken bei der Übernahme anderer
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