Im Glanz der roten Sonne Roman
schon zurecht. Wir sehen uns wahrscheinlich in ein paar Stunden in Eden.«
13
I n Eden hatten die Männer damit begonnen, das Unkraut zu jäten, das um die Arbeiterbaracke wuchs. Der wilde Wein und die Schlinggewächse, die fast das ganze Gebäude überwuchert hatten, wurden abgeschnitten; zum Vorschein kamen Wände, die von Spinnennetzen bedeckt waren, sowie ein schmutziges Wellblechdach. Das hüfthohe Gras um die Baracke herum wurde gemäht. Als Jordan aus der Stadt zurückkam, nahmen die Männer sich gerade die halb umgestürzte Bananenstaude vor, die völlig vom wilden Wein überwuchert gewesen war.
Saul war aufs Dach der Baracke gestiegen und stieß den dicken Stamm mit aller Kraft von der Hütte weg. Als er fiel, stockte Ryan und den Chinesen vor Schreck der Atem, doch Noah fing ihn mit seinen starken Armen auf und schleuderte ihn in Richtung des Flusses, fort von den anderen und dem Mangobaum.
Kaum war der Stamm mit lautem Krachen zu Boden geschlagen, machten Shaozu und Jinsong sich daran, ihn mit ihren Macheten zu bearbeiten. Ryan und der junge Josh luden die Holzklötze auf den Wagen, und Jordan half ihnen dabei, während er sämtliche Bananen aufsammelte, die er finden konnte. Nebo ging mit einem Rechen in der Hand auf und ab und verscheuchte die Schlangen, Ratten, Eidechsen und Spinnen, die aus ihren Verstecken vertrieben worden waren und um ihr Leben liefen.
Mittags gingen die Männer zum Haus und setzten sich zumEssen in den Schatten der Veranda. Ting yan hatte ihnen ein köstliches Reisgericht mit Lamm und Gewürzen zubereitet, und Gaby brach ihr selbst gebackenes Fladenbrot in großzügige Stücke. Während sie aßen, erzählten die Männer zufrieden, was sie am Morgen geschafft hatten. Saul meinte, das Dach der Baracke sei mit einem einzigen Stück Wellblech und ein paar Nägeln leicht zu reparieren, denn die dicke Schicht aus Schlinggewächsen und Wein hatte es während des Wirbelsturms offensichtlich vor Schäden bewahrt. Die Bananenstaude hatte die Dachrinne ziemlich verbeult, doch Frankie war sicher, dass er sie geradebiegen konnte. Er erklärte den anderen, was seiner Meinung nach getan werden musste, um das Innere der Baracke wieder herzurichten, doch Jordan hörte ihm nur mit halbem Ohr zu.
Eve beobachtete Jordan, als dieser schließlich zum anderen Ende der Veranda ging und von dort über die brachliegenden Felder blickte. Er hatte sein Essen kaum angerührt.
Eve trat hinter ihn. »Ryan hat mir erzählt«, sagte sie, »dass Ihre Setzlinge verschwunden waren, als Sie sie abholen wollten.«
Jordan nickte kaum merklich. »Wir hätten die Felder morgen Abend bei Sonnenuntergang bepflanzt. Dann hätte nur noch der Regen kommen müssen, und das Zuckerrohr wäre von selbst gewachsen. Jetzt wird der Regen nur dazu führen, dass wieder wildes Rohr und Unkraut schießen, und wir müssen uns ein zweites Mal die Rücken krumm schuften und alles roden, bevor wir nach Ende der Regenzeit dann hoffentlich pflanzen können.«
Eve spürte, wie enttäuscht und verzweifelt er war, und fühlte sich schrecklich. »Es tut mir sehr Leid«, sagte sie mit einer Mischung aus Zorn und Schuldgefühl. »Dabei haben Sie so hart gearbeitet und so viele Probleme gemeistert. Aber alle Pflanzer erleiden Rückschläge, nicht wahr? Das war bei Ihrem Vater sicher nicht anders. Es liegt an diesem Land,stimmt’s?« Eve wusste, dass ihre Argumente nicht besonders schlagend waren, doch ihr fiel nichts Besseres ein, um Jordan zu trösten.
Jordan zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, Eve. Ich habe mit Problemen gerechnet – aber nicht damit, bei jedem Schritt behindert zu werden.« Er wandte sich um und schaute ihr fest in die Augen, und für einen Moment stieg Entsetzen in ihr auf. Hatte ihm jemand erzählt, dass sie Max Courtlands Tochter war?
»Darf ich Sie etwas fragen, Eve?«
Ihr stockte der Atem. »Ja, natürlich.«
»Glauben Sie, dass ich zu naiv gewesen bin, als ich beschlossen habe, Eden wieder aufzubauen?«
Mit dieser Frage hatte Eve nun gar nicht gerechnet, und sie starrte ihn nur stumm an.
»Nebo meint, die Einstellung der Europäer gegenüber den kanakas würde sich binnen eines Menschenlebens nicht ändern – aber ich habe ehrlich daran geglaubt, dass ich es schaffe.«
»Geben Sie nicht auf, Jordan«, erwiderte Eve. »Jemand muss den Mut haben, sich gegen die Ungerechtigkeiten zu erheben. Es ist nicht Ihr Fehler, dass nichts nach Plan verlaufen ist, nur weil ein gieriger, machthungriger,
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