Im Glanz der roten Sonne Roman
Jordan, verzichtete aber auf weitere Erklärungen, denn er wollte seinen Plan erst einmal für sich behalten. »Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muss den Männern helfen.« Jordan verließ die Veranda und ging zur Arbeiterbaracke. Eve blickte ihm nach.
»Empfindsame Seite, ja? Lexie ist ungefähr so empfindsam wie eine Giftspinne«, stieß sie zornig hervor.
Sie setzte sich für ein paar Minuten ins Esszimmer und rieb sich die schmerzende Hüfte. Sie freute sich schon auf den Beginn der Regenzeit, weil die Schmerzen dann wahrscheinlich ein wenig nachließen. Frankies Hammerschläge hallten aus einem der oberen Räume durchs stille Haus. Eigentlich hätte Eve jetzt ein Zimmer streichen sollen, mit dessen Renovierung Frankie gerade fertig geworden war, doch der Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Mutter, als Gaby sie angeschrien hatte, ließ Eve nicht mehr los. Sie dachte darüber nach, was Jordan über Letitia und deren Leben als Max’ Frau gesagt hatte.
Später schlenderte Eve zum Fluss hinunter und entdeckte Gaby, die ins Wasser starrte, an den Stamm eines Baumes gelehnt. Eve sah, dass sie geweint hatte.
»Ich würde gern mit Ihnen reden«, meinte Eve leise.
»Wenn es um Letitia geht – dazu möchte ich nichts mehr sagen«, erwiderte Gaby und presste die Lippen fest zusammen, um weitere Tränen zurückzuhalten.
»Bitte hören Sie mir zu, Gaby. Danach rede ich nie wieder darüber, das verspreche ich Ihnen.«
»Gut. Aber meine Meinung über diese Frau werden Sie nicht ändern, egal was Sie sagen.«
Eve setzte sich auf eine grasbewachsene Stelle und beobachtete einige Gallahs – kleine Papageien, die am anderen Ufer aus einer der flachen Mulden tranken.
»Ich kenne die Courtlands schon eine ganze Weile«, begann sie zögernd.
»Warum haben Sie vorhin dann nichts gesagt?«
»Ich weiß es nicht, Gaby. Ich hätte es gern getan – aber ich habe gesehen, wie glücklich Sie waren, als Sie die wunderschönen Sachen anprobierten.« Eve schaute zu Gaby auf und sah die Verwirrung in deren Augen. Was Gaby wohl dazu sagen würde, wenn sie wüsste, dass Max und Letitia meine Eltern sind?, fragte sie sich im Stillen. »Ich glaube«, fuhr Eve dann fort, »wir haben etwas gemeinsam.«
»Und was?«
»Wenn wir uns erst einmal eine Meinung über einen Menschen gebildet haben, ist meistens nichts mehr daran zu ändern.«
»Ich habe immer geglaubt, eine gute Menschenkennerin zu sein«, erwiderte Gaby. »Aber bei Letitia scheint mich meine Urteilskraft im Stich gelassen zu haben.«
»Vielleicht auch nicht«, meinte Eve.
Gaby schaute sie verwundert an.
Eve fuhr fort: »Ich habe die Dinge immer nur in Schwarz und Weiß eingeteilt, aber jetzt bin ich mir zum ersten Mal nicht mehr sicher, ob es so einfach ist.«
»Was hat Sie dazu gebracht, Ihre Meinung zu ändern?«
»Ich habe gerade mit Jordan gesprochen. Er kennt Letitia erst kurze Zeit, aber er hat eine völlig andere Meinung über sie und ihr Leben als ich.«
»Beim Anblick eines hübschen Gesichts und einer schönen Figur setzt bei Männern oft der Verstand aus!«
»Ich glaube nicht, dass es daran liegt, Gaby«, beharrte Eve.»Jordan kennt sicher viele schöne Frauen. Schließlich ist er ein gut aussehender und vermögender Mann. Um ehrlich zu sein ... vielleicht habe ich Letitia Unrecht getan. Ich dachte immer, sie hätte kein Rückgrat und ließe Max sein egoistisches und brutales Verhalten einfach so durchgehen. Ich habe Letitia immer für oberflächlich gehalten, aber wenn man bedenkt, wie viel Zeit sie ihrer wohltätigen Arbeit widmet ... Ich bin sicher, sie wollte Ihnen und Ihrer Familie wirklich helfen.«
»Bestimmt nur, weil sie Schuldgefühle hatte!«
»Das glaube ich nicht, Gaby. Maximillian Courtland ist ein schlechter Mensch, das wissen fast alle hier in der Gegend. Besonders den kanakas gegenüber ist er grausam und brutal, und Jordan meint, dass er seine Familie kaum besser behandelt. Vielleicht stimmt es sogar. Das können wir nicht wissen, nicht wahr?«
»Das ist keine Entschuldigung dafür, dass Letitia mich getäuscht hat.«
»Sie hat Sie nicht wirklich getäuscht«, erwiderte Eve und stellte überrascht fest, dass sie ihre Mutter verteidigte. »Wenn Max Ihr Haus hat niederbrennen lassen – und das halte ich zumindest für wahrscheinlich –, wusste Letitia nichts davon. Ich glaube, sie hat es erst erfahren, als Jordan ihr sagte, er habe Max in Verdacht, und sie hat sich sicher sehr geschämt. Sie wollte auf ihre Art wieder gutmachen,
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