Im Hauch des Abendwindes
Kopf. »Nicht gut. Der Tierarzt hat sie dabehalten.«
»Wieso? Was hat sie denn?«, wollte Jed wissen.
»Wahrscheinlich ist sie von einer Spinne gebissen worden, aber der Tierarzt ist sich nicht sicher. Er hat gesagt, vorgestern sei einem Schädlingsbekämpfer eine Flasche Arsen gestohlen worden, deshalb rät er allen Tierhaltern zu größter Vorsicht. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wer meine Cindy vergiften sollte. Ich vermute stark, dass sie von einer Giftspinne gebissen wurde. Cindy legt sich gern unter den Traktor oder in irgendeine dunkle Scheunenecke, weil es dort kühl ist, und an diesen Plätzen halten sich eben auch die Spinnen gern auf.«
»Cindy wird wieder gesund werden, du wirst schon sehen«, sagte Ruby tröstend.
»Ich hoffe es«, murmelte Bernie, der sichtlich mit den Tränen kämpfte. »Ohne sie wäre es einsam hier. Sie leistet mir Gesellschaft, und sie ist wachsam. Sie würde mir ganz schön fehlen.«
»Sie schafft das schon.« Jed klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Und beim Tierarzt ist sie in guten Händen.«
»Ja, ich weiß. Sie hat im Lauf der Jahre schon einiges durchgestanden, aber mit ihren fast zwölf Jahren ist sie eben nicht mehr die Jüngste.« Bernie wischte sich verstohlen mit dem Handrücken über die Augen. Dann räusperte er sich und riss sich zusammen. »Ich werd besser mal nach meinen Kamelen sehen.«
»Sag mal, Bernie, hast du unterwegs zufällig einen blauen Geländewagen gesehen?«, fragte Jed.
Bernie nickte. »Ja, als ich Richtung Broken Hill gefahren bin, ist mir ein blauer Holden mit zwei Männern darin begegnet.«
»Das ist er«, sagte Ruby.
»Vorhin habe ich ihn noch einmal gesehen. Er stand ein Stück vor meiner Einfahrt. Der Motor lief ein bisschen unruhig, deshalb hielt ich an und wollte fragen, ob ich helfen kann, aber die beiden Typen schauten in die andere Richtung. Da bin ich eben weitergefahren.«
»Komisch«, meinte Mick. »Im Pub sind keine Fremden aufgetaucht.«
»Ich glaube, sie sind von Penrose Park gekommen, als ich sie sah«, sagte Ruby. »Was die wohl dort wollten?«
»Keine Ahnung, aber ich werde es herausfinden«, sagte Jed entschlossen.
Als sich der Sandsturm gelegt hatte, kehrte Mick nach Silverton zurück. Bernie blieb auf der Farm, damit er Silver Flake im Auge behalten konnte, und Jed fuhr mit Ruby nach Penrose Park. Sie wartete am Wohnmobil, während er sich auf dem Gelände umsah und dann das Schloss an der Box inspizierte, in der er das Pferdefutter aufbewahrte.
»Ist es aufgebrochen worden?«, fragte Ruby.
»Schwer zu sagen.« Sehen konnte man zwar nichts, doch das wollte nichts heißen. Eddie Muntz und seine Handlanger waren mit allen Wassern gewaschen. Jed öffnete die Box und warf einen Blick hinein. Er hatte das neue Futter erst tags zuvor dort deponiert.
»Und?«
»Sieht so aus, als ob jemand hier drin gewesen wäre.« Jed versuchte sich zu erinnern, wo er was hingelegt hatte.
Ruby runzelte die Stirn. »Glaubst du, jemand könnte was unter das Futter gemischt haben?«
»Den Camilleris traue ich alles zu. Wenn die Typen, die du gesehen hast, wirklich von hier kamen, müssen sie doch irgendetwas hier gewollt haben. Ich bezweifle stark, dass sie zu einem Picknick hergekommen sind.« Jed griff in einen Sack mit Luzernenspreu und betrachtete es prüfend im Licht.
»Und, kannst du etwas Verdächtiges erkennen?«
Jed schüttelte den Kopf. Er häufte ein wenig Spreu auf den Boden vor dem Wohnmobil.
»Was machst du da?«, fragte Ruby verwundert.
»Einen kleinen Test.« Er holte ein Zündholzbriefchen aus dem Fahrzeug und zündete die Spreu an. Der schwache Wind wehte Funken davon.
Ruby schaute zu, wie die Spreu knisternd herunterbrannte. Jed beugte sich dicht über die Flammen und schnüffelte.
»Komm mal her«, forderte er Ruby auf. »Wonach riecht das deiner Meinung nach?«
Verdutzt kam sie seiner Aufforderung nach. »Nach Rauch.«
»Sonst riechst du nichts?«
Ruby schnupperte noch einmal. »Doch, Knoblauch«, sagte sie und dachte, dass er sie vermutlich für verrückt halten würde.
Jed nickte zufrieden. »Richtig. Ich hab’s auch gerochen. Diese Dreckskerle haben Arsen unter das Futter gemischt«, stieß er gepresst hervor.
Ruby schnappte erschrocken nach Luft. »Bist du sicher?«
»Ganz sicher. Arsen kann man weder riechen noch schmecken, aber wenn es brennt, riecht es nach Knoblauch.«
»Dann war es also kein Zufall, dass in Broken Hill Arsen gestohlen wurde.«
»Nein.« Jed ballte in
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