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Im Hauch des Abendwindes

Im Hauch des Abendwindes

Titel: Im Hauch des Abendwindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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mir erst mal ein gespritztes Bier. Ein doppeltes, bitte.«
    Der Geschäftsführer stutzte, dann lachte er laut heraus. »Sie lernen schnell!«
    Von ihrem Platz in der Hotelhalle konnte Ruby in die Bar hinübersehen. Die Männer dort tranken, spielten Darts und Billard und waren laut und ausgelassen. Ihrem Äußeren nach zu urteilen schienen es raubeinige Kerle zu sein. Als sie Ruby entdeckt hatten und durch Rufen auf sich aufmerksam zu machen versuchten, wechselte sie den Platz. Sie saß eine ganze Weile da und nippte an ihrem Bier, als zwei grauhaarige Herren die Hotelhalle betraten.
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns zu Ihnen setzen?«, fragte der eine liebenswürdig. »Wir fühlen uns unter den ungeschlachten Einheimischen in der Bar reichlich fehl am Platz.«
    Das konnte Ruby gut verstehen. Im weltoffenen Sydney wären die beiden mit ihrem gezierten Benehmen, den weibischen Bewegungen und dem vornehmen Akzent nicht weiter aufgefallen, aber im provinziellen Alice Springs, wo die Männer noch richtige Männer waren, sah das anders aus.
    »Aber nein, ganz und gar nicht«, erwiderte sie lächelnd. »Ich freue mich über Gesellschaft.«
    »Mein Name ist Richard«, stellte der eine sich vor.
    »Und ich heiße Roger«, sagte der andere.
    »Freut mich. Ich bin Ruby.«
    Die beiden Männer hatten die gleiche kultivierte Stimme, die sie als Angehörige der britischen Oberschicht auswies. Sie schienen allerdings keine Brüder zu sein, dafür war ihr Äußeres viel zu verschieden. Richard war groß, schlank und hatte einen dunklen Teint, während der kleine, stämmige Roger ein heller Typ war. Sie wirkten wie ein altes Ehepaar, und wie dieses vollendete einer die Sätze des anderen. Ihre Safarianzüge in Beige und Hellbraun sollten vermutlich den Versuch darstellen, sich anzupassen, doch sie erreichten genau das Gegenteil.
    »Aus welcher Stadt kommen Sie?«, fragte Ruby.
    »Ist es so offensichtlich, dass wir keine Jungs vom Land sind?«, meinte Richard.
    Ruby musste lächeln. »Ehrlich gesagt, ja.«
    »Wir sind aus Sydney«, sagte Roger. »Aber wir lieben Pferde, und da haben wir beschlossen, dieses Jahr alle Rennveranstaltungen im Land zu besuchen. Wir sind zum ersten Mal in Alice Springs.«
    »Und wahrscheinlich auch zum letzen Mal«, ergänzte Richard.
    Ruby sah ihn fragend an. »Wieso das?«
    »Die Stadt ist ein bisschen zu primitiv für unseren Geschmack. Und die Leute hier sind nicht gerade freundlich. Heute Morgen hat uns doch tatsächlich so ein Kerl gefragt, ob wir als Männer verkleidete Frauen wären!«, empörte sich Richard.
    Roger nickte eifrig. »Wie kommt er nur auf so eine Idee! Und sein Bekannter meinte, wir gehörten sicherlich einer Varieteetruppe an.«
    »Ach, machen Sie sich nichts draus«, entgegnete Ruby. »Das dürfen Sie nicht so ernst nehmen. Ich habe eine Weile in einer kleinen Ortschaft in New South Wales gewohnt. Anfangs waren die Einheimischen mir gegenüber auch skeptisch, aber sie haben sich bald an mich gewöhnt – und ich mich auch an sie.«
    »Sie müssen unter all den Mädchen vom Land ziemlich auffallen«, meinte Richard mit einem prüfenden Blick auf Rubys Frisur. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Friseur aus der Provinz diesen Haarschnitt hinbekommen hat.«
    »Ich auch nicht«, pflichtete Roger ihm bei, während er langsam um Ruby herumging und sie bewundernd ansah.
    »Stimmt. Meine Haare sind von Barbie McKenzie, der Inhaberin des Frisiersalons in der Burns Bay Road in Lane Cove, geschnitten worden. Ich habe früher dort gearbeitet.«
    »Nein!« Roger klatschte begeistert in die Hände. »Das gibt’s doch gar nicht! Sie kommen auch aus Sydney und sind auch Friseurin!« Er machte ein verzücktes Gesicht. »Wir hatten zwanzig Jahre einen Salon in Neutral Bay. Vor zwei Jahren haben wir ihn verkauft, weil wir uns die Welt noch ein bisschen anschauen wollen.«
    Jetzt war Ruby alles klar. Sie konnte sich die beiden sehr gut in einem Frisiersalon vorstellen. »Eines Tages möchte ich meinen eigenen Salon aufmachen.«
    »Das ist eine Menge harte Arbeit, aber es lohnt sich, Kindchen, Sie werden sehen«, sagte Richard.
    »Sind Sie wegen des Rennens hier?«, fragte Roger.
    »Ja, ich bin Miteigentümerin eines Pferdes, das morgen starten wird.«
    »Wirklich? Wie heißt es denn?«, fragte Roger gespannt.
    »Silver Flake. Haben Sie schon von ihr gehört?«
    »O ja, sie ist eine ausgezeichnete Stute.« Richard war sichtlich beeindruckt. »Wir haben sie beim Rennen in Darwin gesehen.

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