Im Hauch des Abendwindes
Dummerweise hatten wir nicht auf sie gesetzt.«
Roger nickte zustimmend. »Ja, sie ist wirklich ein exzellentes Rennpferd. Mit einem guten Jockey hat sie morgen alle Chancen auf Platz oder Sieg. Wir werden ein bisschen Geld aus der Dauerwellenkasse auf sie setzen.« Die beiden lachten in exakt derselben Weise über den kleinen Friseurscherz.
Ruby war jedoch gar nicht zum Lachen zumute. Ihre Miene verdüsterte sich.
»Hab ich etwas Falsches gesagt, Kindchen?« Roger warf Richard einen bestürzten Blick zu. »Ich weiß, ich neige dazu, ins Fettnäpfchen zu treten.«
»Nein, nein.« Ruby schüttelte den Kopf. »Es ist nur so, dass ich in dieses Hotel gekommen bin, weil ich hoffe, einen Jockey zu finden, der noch frei ist.« Sie erzählte den beiden von dem bösartigen Angriff auf das Pferd und wie sie ihren Partner überlistet hatte, damit er zum Rennen nach Alice Springs fuhr. »Wenn es mir nicht gelingt, einen Jockey aufzutreiben, war die weite Reise umsonst«, schloss sie verzweifelt.
Die beiden Männer setzten sich zu ihr, der eine rechts, der andere links von ihr, und legten Ruby väterlich einen Arm um die Schultern.
»Sie finden bestimmt einen, Kindchen«, sagte Richard.
Ruby war den Tränen nahe. »Meinen Sie wirklich?«
»Aber sicher«, erwiderte Roger. »Kein Jockey kann einer hübschen Frau widerstehen, und Sie sind eine richtige Schönheit.« Er tätschelte ihr die Hand. »Wie wär’s, wollen wir nicht etwas zu essen bestellen?«
»Ich kriege jetzt keinen Bissen herunter«, murmelte Ruby in ihr Taschentuch schniefend.
»Sie müssen doch etwas essen, Kindchen«, sagte Richard. »Meine Großmutter sagte immer: Mit leerem Magen löst man keine Probleme. Wären wir jetzt zu Hause, würden Roger und ich in der Küche stehen und kochen. Hier werden wir uns mit frischem Fisch aus dem hiesigen Fluss und einem Cocktail dazu begnügen müssen.«
Roger schürzte verächtlich die Lippen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in diesem Etablissement Cocktails servieren, Richard.«
»Nun, dann bestellen wir eben ein paar Pimms.«
Die Dame hinter der Bar lachte laut heraus, so absurd erschien ihr wohl der Gedanke, in Alice Springs den typisch englischen Wacholderschnaps auszuschenken.
»Tut mir leid, Männer, Pimms haben wir hier nicht. Aber …«, sie zwinkerte ihnen freundlich zu, »… wie wär’s mit einem Bacardi Rum? Den gibt es hier reichlich.«
Eineinhalb Stunden später – Ruby war ziemlich angeheitert – kam der Geschäftsführer in die Halle und teilte ihr mit, einige Jockeys seien eingetroffen und säßen im Biergarten hinter dem Haus.
Ruby stand schwankend auf. »Meine Herren, jetzt oder nie!«, nuschelte sie kichernd.
Richard nickte. Er blieb vorsichtshalber sitzen, weil er wusste, dass er sich nicht mehr auf den Beinen würde halten können. »Angeln Sie sich einen Jockey!«
»Keiner wird Ihnen widerstehen können«, fügte Roger hinzu und zwinkerte ihr aufmunternd zu. »Wir sind hier, wenn Sie uns brauchen.«
Die beiden sahen irgendwie verwundbar aus, wie sie so in beduseltem Zustand nebeneinandersaßen. »Kann ich euch hier allein lassen?«, fragte Ruby.
Roger machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber sicher. Vielleicht nehmen wir uns ein Zimmer und halten ein Nickerchen.«
»Gute Idee.« Ruby drehte sich um und ging mit unsicheren Schritten davon.
Der Biergarten war klein. Unter einer mit wilden Reben berankten Pergola standen Bänke und Holztische. Das Laubgeflecht sorgte dafür, dass es erstaunlich kühl war. Fünf Jockeys saßen gemeinsam an einem der Tische. Sie waren unschwer an ihrer zierlichen Gestalt, ihrem fast schmächtigen Körperbau zu erkennen. Zu Rubys Verblüffung tranken sie Whiskey pur. Sie straffte sich, holte tief Luft und ging auf die Männer zu.
»Guten Tag, meine Herren, mein Name ist Ruby Rosewell, und mein Pferd wird beim morgigen Rennen dabei sein. Ich suche dringend einen Jockey für Silver Flake«, sagte sie aufgeregt. »Einer von Ihnen ist nicht zufällig frei?«, fragte sie dann mit kokettem Augenaufschlag.
»Wir sind alle bereits fest gebucht«, antwortete einer der fünf. »Vielleicht wird ja noch ein Pferd von der Startliste gestrichen, aber das erfahren wir erst morgen früh.«
»Das ist zu spät«, jammerte Ruby. »Ich muss unbedingt heute einen Jockey finden.«
»Da können wir Ihnen leider nicht helfen, Schätzchen.«
Zwei weitere Jockeys betraten den Biergarten.
»Sind Sie für morgen auch schon gebucht?«, wandte sich Ruby in
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