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Im Hauch des Abendwindes

Im Hauch des Abendwindes

Titel: Im Hauch des Abendwindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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flüsterte sie mit erstickter Stimme.
    »Die Stute hat alles aus sich herausgeholt, und das hat ihr Herz offenbar nicht verkraftet. Als wir die Ziellinie passiert hatten und ich umkehren wollte, brach sie unter mir zusammen. Es tut mir so leid«, wiederholte er bedrückt.
    Bevor Ruby weitere Fragen stellen konnte, wurde der Jockey von einem medizinischen Betreuer weggeführt.
    »Ich muss zu Jed«, sagte Ruby.
    Roger nickte. »Der Ärmste ist bestimmt völlig fertig.«
    »Er hing so an dem Pferd. Silver Flake war sein Leben«, wisperte Ruby.
    Roger legte ihr tröstend den Arm um die Schulter. »Ihnen hat sie auch viel bedeutet, das merkt man.«
    Ruby schluchzte heftig. Sie wusste, es gab keine Worte, die Jed trösten würden, aber wenigstens konnte sie in dieser schlimmsten Stunde seines Lebens für ihn da sein.
    Gemeinsam mit Roger und Richard ging sie zu dem Gebäude neben der Tribüne, wo sich die Büros der Rennleitung und die Räume der Tierärzte befanden.
    »Wir warten hier, bis Sie Jed gefunden oder mit einem Tierarzt gesprochen haben«, sagte Roger.
    Ruby nickte ihm dankbar zu. Die Tür zu den Büroräumen wurde im gleichen Moment von innen geöffnet, als Ruby sie erreicht hatte. Vor ihr stand Jed. Sein fahles Gesicht war vor Kummer verzerrt. Er sah richtig krank aus.
    »Ich …«, begann Ruby und verstummte.
    Es gab keinen Trost, es konnte keinen Trost geben. Sie sah Jed in die Augen, sah den grenzenlosen Schmerz darin.
    »Hätte mich gewundert, wenn du nicht gekommen wärst«, sagte er mit eisiger Stimme. Er packte ihre Hand, drückte ein Bündel Geldscheine hinein und schloss ihre Finger darum.
    »Was soll das?«, fragte Ruby verwirrt. Sie wollte ihre Hand zurückziehen, aber Jed hielt sie fest.
    »Das ist das Preisgeld«, zischte er. »Silver Flake ist durchs Ziel gegangen, deshalb steht uns das Geld zu. Du kannst es haben – alles, vorausgesetzt, ich muss dich nie wiedersehen.«
    »Aber … aber … ich will es nicht … ich …«
    Er ließ sie nicht ausreden. »Du hast das größtmögliche Opfer gebracht, damit sie das Rennen gewinnen kann. Und das hat sie. Du hast es dir verdient. Und jetzt verschwinde.«
    Jed knallte ihr die Tür vor der Nase zu. Ruby liefen die Tränen übers Gesicht. Wie konnte er nur so grausam sein? Sie hatte die Stute doch auch schrecklich gern gehabt. Der Verlust traf sie genauso hart wie Jed. Sie versuchte, sich einzureden, dass er in seinem Kummer nicht wusste, was er sagte.
    Aber stimmte das wirklich?

28

     
    Eine Stunde später verabschiedete sich Ruby im Flughafen von Alice Springs von Richard und Roger. Sie war immer noch bis ins Innerste aufgewühlt, und auch die beiden Männer hatte der tragische Ausgang des Rennens sehr mitgenommen.
    »Hier, auf der Rückseite habe ich unsere Telefonnummer in Sydney notiert.« Richard reichte ihr eine alte Visitenkarte. »Wir werden in einer Woche zurück sein. Sie müssen uns fest versprechen, dass Sie anrufen und uns besuchen werden.«
    »Das werde ich.« Ruby nickte. Ihre Kehle war vor Rührung wie zugeschnürt. Sie hatte die beiden sympathischen, feinfühligen Männer ins Herz geschlossen. Ihr war, als würde sie sie schon seit Jahren kennen.
    »Wir werden unsere Spezialität zubereiten – gebratene Hummerschwänze mit Senf und Dill. Ein Menü, an das Sie sich noch lange erinnern werden«, versprach Roger theatralisch.
    Ruby brachte ein tapferes kleines Lächeln zustande. »Ich weiß nicht, wie ich das alles ohne euch beide durchgestanden hätte. Danke für alles.«
    Sie tupfte sich die Tränen ab, die unaufhörlich über ihre Wangen rannen. Auf der Fahrt nach Alice Springs hatte sie sich unzählige Male vorgestellt, wie sie mit Jed und Silver Flake nach Silverton zurückkehren würde, nachdem die Stute das Rennen gewonnen hätte. Sie hatte sich vorgestellt, wie die Einwohner ihnen einen triumphalen Empfang bereiteten und ihnen zu Ehren eine große Party im Pub gaben, und Silver Flake würde mit dabei sein. Mick würde stolz den Pokal zur Schau stellen, und später, wenn sie alle schon ziemlich betrunken waren, würde Mick den Pokal mit Bier füllen, und jeder dürfte einen Schluck daraus trinken.
    Doch daraus wurde nun nichts. Ruby konnte sich lebhaft vorstellen, wie erschüttert die Menschen sein würden, wenn Jed ohne die Stute zurückkam. Sie wusste, dass sie im Pub das Rennen am Radio verfolgt hatten. Und sie hatten natürlich auch vom tragischen Tod der Stute erfahren. Mick machte sich bestimmt große Sorgen um Jed,

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