Im Hauch des Abendwindes
war mein Vermieter, der gerade angerufen hat«, erwiderte Barbie stirnrunzelnd. »Mein Mietvertrag läuft aus, und wir hatten schon einige Male eine kleine Diskussion wegen der Miete.«
»Oh.«
Ruby nahm an, Barbie wollte wie so oft, wenn sie etwas bedrückte, ihre Meinung dazu hören. Barbie versicherte ihr immer wieder, dass sie ausgezeichnete Arbeit leiste und sie gar nicht wisse, was sie ohne sie machen würde.
»Letzte Woche meinte er, er werde meine Miete möglicherweise um fünfzig Prozent erhöhen müssen, und das wäre ein schwerer Schlag für mich, Ruby. Gerade eben hat er mir die Mieterhöhung bestätigt. In den nächsten Monaten sollen zwölf Läden hier in der Straße grundlegend renoviert werden, und selbstverständlich werden die hohen Kosten dafür auf die Mieter umgelegt.«
»Aber der Laden läuft doch gut, oder?«
Ruby hoffte, dass Barbie nicht etwa daran dachte, den Salon zu schließen. Sie hatten eine treue Stammkundschaft und waren normalerweise von Montag bis Freitag ausgebucht. Und samstagvormittags hatten sie meistens eine Hochzeitsgesellschaft, die sich für die Trauung hübsch machen ließ.
Rubys Traum war ein eigener Frisiersalon, aber sie und Gavin hatten beschlossen, erst einmal für die Autolackiererei zu sparen, die er nach der Hochzeit eröffnen wollte. Das heißt, er hatte das beschlossen. Immerhin werde er derjenige sein, der die Brötchen verdiene, sobald sie verheiratet seien, hatte er argumentiert, und Ruby musste ihm Recht geben. So hatte sie ihren Traum zwangsläufig zurückgestellt. Doch das hatte sie nicht davon abgehalten, sich einen leer stehenden Laden anzusehen. Sie hatte sogar mit der Eigentümerin gesprochen, die in dem Anbau nebenan wohnte, und die war ganz angetan gewesen von dem Gedanken, ihr das Geschäft zu vermieten. Sogar einen Namen für ihren Salon hatte sich Ruby schon ausgedacht: Creative Hair by Ruby. Der Laden lag an einer Hauptstraße nicht weit von ihrer Wohnung entfernt, aber weit genug von Barbies Salon, sodass sie ihr keine Konkurrenz machen würde. Als sie mit Gavin darüber gesprochen hatte, hatte er sich taub gestellt und darauf bestanden, dass sie sich zuerst nach einem geeigneten Platz für seine geplante Werkstatt umsahen.
»Na ja, im Großen und Ganzen kann ich nicht klagen, Ruby«, antwortete Barbie, »aber ich kann nicht dein Gehalt und gleichzeitig so viel mehr Miete zahlen. Das musst du verstehen. Es tut mir wirklich leid.«
Ruby starrte sie entgeistert an. »Was? Sie wollen mich entlassen?«
»Ich habe es genau durchgerechnet. Ich kann unmöglich ein volles Gehalt und einen Lehrling bezahlen, und Marissa kann ich nicht kündigen – sie hat einen Ausbildungsvertrag, an den ich mich halten muss. Das heißt, ich muss mich von dir trennen.«
Ruby wurde blass. Eine Sekunde lang fehlten ihr die Worte. Dann sagte sie: »Wie hätten Sie das alles heute ohne meine Hilfe geschafft, mit nur einem Lehrling? Marissa wäre niemals imstande gewesen, mich zu ersetzen!«
»Das weiß ich doch. Mir wird nichts anderes übrig bleiben, als weniger Kunden anzunehmen. Aber Marissa befindet sich bald im dritten Lehrjahr, sodass ich ihr auch mehr Verantwortung übertragen kann. Es tut mir wirklich leid, Ruby«, fügte sie bedauernd hinzu. »Du wirst mir fehlen.«
Ruby war am Boden zerstört. Zwei schwere Nackenschläge an einem Tag waren mehr, als sie verkraften konnte. Sie schüttelte langsam den Kopf und flüsterte fassungslos: »Ich kann nicht glauben, dass Sie mich einfach so rauswerfen.«
»Genau genommen werfe ich dich ja nicht raus. Ich lasse dich gehen. Und du kriegst ein hervorragendes Zeugnis von mir. Eine gute Friseurin wie du findet schnell wieder eine Stelle. Wäre die Sache mit der Renovierung und der Mieterhöhung nicht dazwischengekommen, hätte ich dich gern behalten, aber es ist weiß Gott kein Luxus, dass die Häuser hier auf Vordermann gebracht werden.«
Ruby hörte nur mit halbem Ohr zu. Im nördlichen Sydney gab es nicht allzu viele Frisiersalons, bei denen sie sich bewerben konnte, und das bedeutete, dass sie lange Arbeitswege in Kauf nehmen musste, was wiederum bedeutete, dass sie weniger Zeit für ihre Mutter und für ihren Verlobten hatte – falls Gavin überhaupt noch ihr Verlobter war. Von den zusätzlichen Kosten für Bus oder Bahn einmal ganz abgesehen. Täglich öffentliche Verkehrsmittel benutzen zu müssen lief ins Geld, und es würde viel länger dauern, bis sie sich ihren eigenen Salon würde leisten
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