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Im Hauch des Abendwindes

Im Hauch des Abendwindes

Titel: Im Hauch des Abendwindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Direkt daneben befand sich ein Postamt, das aber nur einige Stunden in der Woche geöffnet hatte.
    »Und wo ist das Hotel?«, fragte Ruby.
    »In der Layard Street.«
    Girra führte sie zur Ecke Burke und Layard Street und zeigte auf ein Gebäude, das ein paar hundert Meter entfernt allein an der Straße lag. Ruby traute ihren Augen kaum, als sie den kleinen, einstöckigen Bau sah, der offenbar nur aus der Bar und einigen Lagerräumen dahinter bestand. Sie dachte daran, wie sie angerufen und im Hintergrund einen Heidenlärm gehört hatte. Wie war es möglich, dass in einer derart kleinen Bar in diesem gottverlassenen Nest ein solcher Geräuschpegel herrschen konnte?
    »Wie viele Einwohner hat Silverton denn?«, fragte sie.
    Keines der rund ein Dutzend Häuser machte einen bewohnten Eindruck. Ruby blinzelte zur Sonne hinauf. Es war jetzt schon so heiß, dass ihre Sachen ihr am Körper trockneten und durch den Schlamm bretthart wurden. Außerdem knurrte ihr der Magen. Seit dem kleinen Imbiss im Zug kurz vor der Ankunft in Broken Hill hatte sie nichts mehr gegessen; ihr war richtig schlecht vor Hunger.
    Wieder zuckte Girra mit den Schultern. »Keine Ahnung. Fünfzig oder sechzig vielleicht, die Ureinwohner nicht mitgezählt.«
    Nigel Finke hatte sie zwar vorgewarnt, aber Ruby hatte sich nicht klargemacht, wie so ein Dorf aussehen würde. Sie beschloss, die Sache von der positiven Seite zu sehen: Wenigstens würde es bei dieser überschaubaren Zahl Einwohner nicht schwer sein, Jed Monroe zu finden. Fürs Erste jedoch hatte sie andere Sorgen. Die Wassermassen hatten ihr Köfferchen und alles, was sich darin befand, einschließlich ihres Geldbeutels, mitgerissen.
    »Kannst du mir sagen, wo die Rennbahn ist?«, fragte Ruby und zuckte im selben Moment zusammen. Sie war auf einen scharfkantigen Stein getreten. »Penrose Park heißt sie, hat Bernie Lewis gesagt.«
    »Das ist an der Straße nach Broken Hill, ungefähr zwei, drei Kilometer von hier.« Das bedeutete, dass Ruby auf dem Weg hierher daran vorbeigekommen sein musste. »Aber da kannst du jetzt nicht hin, du musst warten, bis das Wasser abgeflossen ist.«
    »Was? Und wie lange wird das dauern?«
    »Zwei Tage, vielleicht auch länger. Kommt drauf an, ob es weiter im Norden wieder Regen gibt oder nicht.«
    So wie ich mein Glück kenne, hält sich Jed Monroe wahrscheinlich drüben auf der anderen Seite des Flusses auf, dachte Ruby.
    »Aber in Penrose Park finden schon lange keine Pferderennen mehr statt, Ruby. Ich war so klein wie Oola hier, als das letzte Mal ein Rennen gestartet wurde.«
    »Wirklich?« Ruby wusste nicht, was sie davon halten sollte. »Ich suche einen Mann namens Jed Monroe. Man hat mir gesagt, er trainiere hier ein Rennpferd, deshalb dachte ich, dass ich ihn am ehesten an der Rennbahn finden würde.«
    Girra zuckte abermals die Achseln. »Keine Ahnung. Kann sein.«
    »Du kennst Jed Monroe doch, oder? Bernie Lewis hat gemeint, jeder hier kennt ihn.«
    »Ich seh ihn gelegentlich, aber ich red nicht viel mit den Weißen.« Girra blickte zu Boden. »Das gibt nur Ärger.«
    Ruby fragte sich, ob alle weißen Männer in der Stadt sich den Aborigine-Mädchen gegenüber genauso benahmen wie Charlie Gillard. Sie hoffte es nicht.
    Sie gingen weiter zu einem kleinen Haus auf einem großen, staubigen Grundstück an der Gipps Street. Die aus Holz und Wellblech errichtete Hütte war so graubraun wie die Landschaft ringsum und die jämmerlichste Behausung, die Ruby je gesehen hatte. Zwar war der Abstand zwischen den Häusern hier überall groß, aber dieses stand noch weiter von den übrigen entfernt. Auf einer Seite war ein ramponierter alter Wohnwagen abgestellt, der von dem einzigen Baum weit und breit ein bisschen beschattet wurde. Girra führte Ruby zu einer kleinen Veranda auf der Rückseite und klopfte an die Hintertür.
    »Mrs. Cratchley!«
    Während sie warteten, schaute Ruby sich auf dem nicht eingezäunten Grundstück um. Staub, Steine, Unkraut, eine Wäscheleine und eine kleine Bretterbude, allem Anschein nach ein Außenabort, sowie einige behelfsmäßige Schuppen aus rostigem Eisen. Sie konnte Hühner gackern hören. Wahrscheinlich waren sie in einem der Schuppen untergebracht, möglicherweise mit einem Auslauf zur anderen Seite hin. Dahinter erstreckte sich flaches, mehr oder weniger gestaltloses Land, das in der gnadenlosen Hitze flimmerte.
    »Falls du zum Betteln gekommen bist, ich hab nichts gebacken«, rief eine Frau von drinnen.
    Ruby hatte sofort

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