Im Hauch des Abendwindes
bei sich eine Rennbahn, wo er seine Kamele trainiert; er hat gesagt, Kadee könne Flake dort reiten. Ich glaube nicht, dass sich die Camilleri-Brüder dorthin wagen würden.«
»Sonst würde er sie vermutlich mit seiner Donnerbüchse empfangen«, sagte Mick lachend.
Die Feuerwaffe befand sich seit vier Generationen im Besitz von Bernies Familie. Es war keine richtige Donnerbüchse, aber er nannte sie so, weil sie sehr alt war und Schuss für Schuss von Hand geladen werden musste. Alle zogen ihn damit auf, dass er sich in die Luft jagen werde, falls er das Ding wirklich einmal abfeuere. Aber Bernie versicherte immer wieder, die Waffe funktioniere tadellos, und bisher hatte noch niemand gewagt, ihm das Gegenteil zu beweisen.
»Vielleicht kann ich ja irgendwie helfen«, bot Ruby freudig an.
Jed riss entsetzt die Augen auf. »Auf keinen Fall! Kadee weiß genau, was zu tun ist und wie ich mir das Training vorstelle. Du könntest alles zunichte machen oder Probleme verursachen, von denen du nicht einmal weißt, dass es sie gibt!« Er griff sich an die Seite, weil er vor Aufregung tief durchgeatmet hatte, was ihm starke Schmerzen bereitete.
»Schon gut, schon gut«, sagte Ruby beschwichtigend. »Reg dich wieder ab. Ich hab gemeint, dass ich vielleicht beim Füttern oder Tränken oder bei der Pflege helfen könnte.«
»Ach so. Du kannst meinetwegen das Sattelzeug reinigen und den Wassertrog sauber machen. Was das Futter angeht, so muss Flake eine spezielle Mischung bekommen, falls ich sie doch noch zum Rennen melde und sie auch nur den Hauch einer Chance haben soll. Alles, was man dafür braucht, ist in Penrose Park im Stall«, erklärte er.
»Kein Problem, ich werde alles holen«, bot Mick sofort an.
»Danke, Kumpel.« Jed sah Ruby an. »Wir treffen uns hier gegen Mittag. Dann werden wir uns über die Fütterung unterhalten. Bis dahin bekommt sie nichts, klar?«
»Ja, ja, alles klar«, murmelte Ruby.
Sie wusste längst, wie heikel Jed war, wenn es um Flakes Ernährung ging. Sogar vom Bett aus überwachte er, wann und was die Stute zu fressen bekam. Einmal wollte einer der Männer in der Bar ihr zum Spaß Erdnüsse füttern. Jed bekam es mit und wurde furchsteufelswild. Ein anderes Mal hatte Mick jemanden dabei ertappt, wie er Flake ein Glas Bier anbot. Er hatte es ihm hastig weggenommen und ausgeschüttet, bevor Jed Wind davon bekam.
Am späten Vormittag kam Bernie und lud Silver Flake in seinen Anhänger, um sie zu seiner Ranch hinauszubringen. Ruby kehrte gegen Mittag ins Hotel zurück. Sie brachte Jed, der von seiner Schlammbehandlung zurück war, ein Sandwich mit, das er im Sitzen aß.
»Ich hab das Gefühl, es geht dir etwas besser, oder?«, meinte sie. Er hatte bisher kaum ein Wort über den Erfolg oder Misserfolg der Behandlung gesprochen.
»Der kühle Schlamm tut wirklich gut«, nuschelte er mit vollem Mund. »Das Atmen tut zwar immer noch weh, aber ich denke, in ein paar Tagen wird sich das bessern.«
»Hoffen wir’s«, sagte Ruby.
Jed warf ihr einen sonderbaren Blick zu. Als er sein Sandwich aufgegessen hatte, ließ er sich erschöpft in die Kissen fallen.
»Tut mir leid, dass ich heute Morgen so kurz angebunden war. Aber Flake ist nun mal kein gewöhnliches Pferd, sondern ein Rennpferd, das besondere Pflege braucht.«
»Das verstehe ich ja, aber ich würde so gern helfen. Du musst mir nur sagen, was ich tun soll. Ich verspreche, dass ich mich strikt an deine Anweisungen halten werde.«
»Du kannst es wohl kaum erwarten, an dein Geld zu kommen, was?«
Seine Bemerkung kränkte sie. »Ich bin hergekommen, um meinen Anteil an Flake zu verkaufen, das ist richtig. Aber das heißt nicht, dass ich nicht ihr Bestes will. Ich bin nicht vollkommen gefühllos.«
Er erwiderte nichts darauf. Schließlich sagte er: »Das Training und die Ernährung sind für ein Rennpferd von allergrößter Bedeutung. Zu intensives Training kann das Pferd überanstrengen, sodass es am Renntag keine Leistung mehr bringen kann. Wird es zu wenig trainiert, kann das zu Krämpfen, Zerrungen oder Verletzungen führen. Ein weiterer Faktor, vor allem im australischen Sommer, ist die Hitze. Es ist gar nicht so einfach, das Training genau richtig zu dosieren. Normalerweise reite ich selbst, aber wenn ich die Zeit nehmen will, fahre ich auf die Mundi-Mundi-Ebene hinaus, und dann reitet Kadee. Der Trainer ist auf die Beobachtungsgabe und die Erfahrung des Jockeys angewiesen; er muss imstande sein, genau zu erklären, wie das Pferd
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