Im Hauch des Abendwindes
Programm entsprechend geändert werden. Jed hatte Mick aufgetragen, Kadee zu informieren, wie viel Training Flake versäumt hatte, damit der Jockey seine Arbeit darauf abstimmen konnte.
Nachdem das Futter fertig gemischt und in Flakes Trog gefüllt worden war, stiegen Mick und Ruby wieder ins Auto. Mick setzte Ruby bei Myra ab.
»Mal sehen, ob ich Kadee antreffe. Vielleicht können wir uns morgen früh bei Bernie treffen«, meinte er.
»Kann ich mitkommen?«, fragte Ruby sofort.
»Ja, klar.« Mick grinste erfreut. Er hatte gehofft, dass sie das fragen würde. »Ich hol dich um sechs ab.«
Ruby glaubte sich verhört zu haben. »Um sechs?«
»Für ein Rennpferd beginnt der Tag früh. Jed sitzt normalerweise schon um fünf im Sattel.«
17
Wie versprochen holte Mick Ruby am anderen Morgen bei Sonnenaufgang ab. Auf dem Weg zu Bernies Farm fuhren sie an der Rennbahn vorbei und nahmen noch einmal Futter für Flake mit. In großen Städten seien Rennbahnen und Stallungen beleuchtet, erklärte Mick, sodass die Trainer bereits vor Tagesanbruch mit der Arbeit beginnen könnten. Nicht so in Penrose Park, hier sei es nachts stockdunkel. Jed müsse auf die ersten Sonnenstrahlen warten, bis er mit der Arbeit auf der Bahn beginnen könne.
»Warum? Wäre es nachts zu gefährlich?«, wollte Ruby wissen.
»Ja, das Problem sind nachtaktive Tiere wie Wombats, Opossums und Nasenbeutler. Nicht zu vergessen die umherstreifenden Ziegen. Die sind ein fast noch größeres Problem. Ich selbst bin im Dunkeln schon über sie gestolpert.« Weil er sturzbetrunken gewesen war, doch das behielt er für sich. »Bei einem Zusammenstoß könnte das Pferd schwer verletzt und der Reiter sogar getötet werden.«
»Daran hab ich nicht gedacht.« Nach einer kleinen Pause fuhr sie fort: »Ich hab noch nie einen Nasenbeutler gesehen. Der Name klingt irgendwie lustig, finde ich.«
»Nasenbeutler werden oft mit einem großen Nagetier verwechselt«, sagte Mick.
»Oh.« Ruby verzog das Gesicht. »Dann ist ›lustig‹ vielleicht nicht der richtige Ausdruck.« Mick grinste. »Aber wie sehen sie denn eigentlich aus?«
»So ähnlich wie ein Bilby. Kennst du den?«
»Ja, von Fotos.«
»Dann weißt du, dass er ungefähr so groß wie eine Katze ist, eine spitze Schnauze und Ohren wie ein Kaninchen, einen buckligen Rücken und einen dünnen Schwanz hat. Wie der Name schon sagt, sind es Beuteltiere; sie tragen ihre Jungen in einem Hautbeutel mit sich, der die Öffnung nach hinten hat.«
»Wirklich?«, staunte Ruby.
»Ja, das hat die Natur hervorragend eingerichtet. Er gräbt nämlich viel im Boden, und auf diese Weise schaufelt er keine Erde in den Beutel.«
»Das ist genial!«
»Ja, das ist es wirklich. Aber sie gehören, wie gesagt, zu den nachtaktiven Tieren; deshalb ist es besser, mit der Arbeit auf der Bahn bis Tagesanbruch zu warten. Außerdem ist es dann angenehm kühl. Ich selbst steh zwar normalerweise nicht so früh auf, aber ich weiß, dass Jed diese Tageszeit liebt. Besonders gern fährt er mit Flake zum Training auf die Mundi-Mundi-Ebene hinaus. Er sagt, bei Tagesanbruch und Sonnenuntergang sei das ein magischer Ort. Als die Camilleri-Brüder ihn in der Stadt suchten, fühlte er sich dort draußen sicher, aber damit dürfte es jetzt wohl vorbei sein.«
»Man muss etwas gegen diese Leute unternehmen. Ich finde, Jed sollte die Polizei einschalten.«
»Er hat Angst, die Gangster könnten sich dann an Flake rächen; deshalb will er die Polizei da raushalten.«
Das konnte Ruby sogar verstehen.
Als sie die Einfahrt hinauffuhren, die seitlich am Farmhaus vorbeiführte, trat Bernie auf die Veranda heraus. Cindy, seine treue alte Hündin, bellte wie wild. Mick hielt kurz an.
»Morgen, Bernie. Alles ruhig gewesen, hoffe ich. Oder hat jemand hier herumgeschnüffelt?«
Bernie kam oft ein, zwei Wochen nicht in die Stadt. Er braute sein eigenes Bier und brauchte kaum etwas an Vorräten, und so hatte er erst zwei Tage zuvor von dem Überfall auf Jed und sein Pferd erfahren. Sofort hatte er angeboten, Flake bei sich unterzustellen, damit Jed sie auf seiner Bahn trainieren konnte.
Bernie befahl Cindy, still zu sein. »Nein, alles ruhig.« Hatte er ein paar Bierchen intus, nickte er zwar meistens ein, aber Cindy hätte mit Sicherheit angeschlagen und ihn geweckt, wenn sich jemand auf seinem Anwesen herumgetrieben hätte. Und für diesen Fall war Bernie gerüstet: Seine alte Flinte stand griffbereit hinter der Tür.
»Du erinnerst dich doch
Weitere Kostenlose Bücher