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Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition)

Titel: Im Haus der Weisheit: Die arabischen Wissenschaften als Fundament unserer Kultur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim al-Khalili
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zu interpretieren) und spielte vor der Konstitutionellen Revolution von 1905 eine wichtige Rolle für die Mobilisierung der öffentlichen Meinung jenseits der persischen Grenze gegen die ausufernde Korruption und die russlandfreundliche Politik des letzten Qajar-Herrschers. Nachdem der Oberste Führer Merza Shirazi 1895 in Najaf gestorben war, wurde Merza Hussein al-Khalili zum Führer des schiitischen Klerus von Najaf. Er war für eine Reihe öffentlicher Bauprojekte verantwortlich, darunter einen Kanal zwischen Kufa und Najaf. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt mein Ururgroßvater den noch vornehmeren Titel eines Ayatollah.
    Ich gehöre demnach zur vierten Generation der al-Khalilis, die im Irak geboren wurde. Dennoch betrachtete Saddam Hussein die Familie sicher nicht als echte Irakis, und in den 1980er Jahren, auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen mit dem Iran, wurden viele meiner Verwandten wegen angeblicher Interessenkonflikte hingerichtet. Als mein Vater in den 1950er Jahren zum Ingenieurstudium nach Großbritannien kam und dort meine Mutter kennenlernte, war er der erste al-Khalili, der außerhalb der Großfamilie heiratete. Man kann also aus ethnischen Gründen mit Fug und Recht behaupten, dass ich überhaupt kein arabisches Blut in mir habe! Spielt das alles eine Rolle? Mir geht es um Folgendes: Araber und Perser sind zwar, genau genommen, unterschiedliche ethnische Gruppen (die einen Semiten, die anderen Arier), aber die heutigen Bewohner des Irak sind eine solche Mischung – Araber leben neben Assyrern, Kurden, Persern, Armeniern und Turkmenen –, dass es eine völlig unsinnige Behauptung wäre, bestimmte historische Gestalten würden zu dieser oder jener Gruppe gehören.
    Eigentlich war Bagdad die zweite Hauptstadt der Abassiden. Nach der Gründung des Reiches hatten sie mehrere Jahre lang in Kufa, der Geburtsstadt meines Vaters, residiert. Heute ist Kufa nur ein Vorort der viel größeren Stadt Najaf. Mitte des 8. Jahrhunderts jedoch und auch nachdem man die Hauptstadt nach Bagdad verlegt hatte, behielt Kufa seine Bedeutung sowohl als Zentrum der Gelehrsamkeit als auch als spirituelle Heimat der Schiitenbewegung, die den Abassiden den Aufstieg zur Macht ermöglicht hatte. In dieser Stadt nimmt meine Geschichte der arabischen Wissenschaft ihren eigentlichen Anfang.

    Wenn man über ein Teilgebiet der Wissenschaft sagen kann, dass es seinen Ursprung wirklich in der islamischen Welt des Mittelalters hat, dann ist es die Chemie. Zu einem großen Teil war dies den Leistungen eines muslimischen Gelehrten zu verdanken, der im 8. Jahrhundert ganz allein in Kufa arbeitete.

5.
Einige Mitglieder der Familie al-Khalili 1950 in Najaf. Der Vater des Autor steht in der hintersten Reihe ganz links, sein Großvater ist der Zweite von rechts in der mittleren Reihe.
    Das zumindest ist eine Version der Geschichte.
    Aus Gründen, die schon bald klarwerden sollten, möchte ich zunächst den Begriff »Alchemie« genauer betrachten. In der Frage seiner Bedeutung gibt es heute keine Zweideutigkeiten: Er bezeichnet einen irrationalen, pseudowissenschaftlichen Glauben, man könne unedle Metalle in Silber oder Gold verwandeln. Die Ursprünge der Alchemie liegen in Mythen, Legenden und Aberglauben. Eine vielfach geäußerte Überzeugung besagt: Wie die Astronomie, die nachweislich aus der viel älteren, unwissenschaftlichen Praxis der Astrologie hervorging, so kann man auch die Wissenschaft der Chemie aus der Alchemie ableiten. Das ist falsch.
    Die ersten Versuche, die Materie zu verstehen und zu verändern, gehen in eine Zeit lange vor dem Islam zurück. Ägypter, Babylonier, Griechen, Inder und Chinesen praktizierten und entwickelten eine einfache Form der angewandten Chemie: bei der Metallbearbeitung, bei der Produktion von Farben, Salzen und Farbstoffen, ja sogar beim Vergären alkoholischer Getränke. Unabhängig von solchen praktischen Überlegungen interessierten sich die griechischen Philosophen für die Entwicklung von Theorien über die materielle Welt und eine ansatzweise Klassifikation, wie in den vier Elementen des Empedokles: Erde, Luft, Wasser und Feuer. [30] Aristoteles schloss sich diesem Gedanken in einer weitgefassten Form an, hielt die vier Elemente aber für vier verschiedene Aspekte derselben »Ursubstanz« oder protyle , die in sich das Potential enthalten sollte, die vier verschiedenen Formen anzunehmen. Dieses Potential findet seinen Ausdruck in den Auswirkungen der vier grundlegenden

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