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Im Haus meines Feindes

Im Haus meines Feindes

Titel: Im Haus meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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Angehörigen jemals erfuhren, welches brutale Schicksal sie erlitten hatten. Wenn Gregory James es schon im Sommerlager nicht geschafft hatte, war er seelisch, geistig oder körperlich keineswegs fürs Überleben in den Sümpfen geeignet. Es wäre Selbstmord gewesen, auch nur zu versuchen, sich zu Fuß durchzuschlagen.
    Solange er im Boot blieb, hatte er vielleicht eine Chance. Obwohl es nicht viel hermachte, war es eine relativ sichere schwimmende Insel. Es schützte ihn vor direktem Kontakt mit dem Wasser, aber auch mit Raubtieren und Giftschlangen.
    Während die Stunden langsam verrannen, wurden seine Überlebenschancen jedoch immer geringer, und seine schwache Hoffnung nahm rasch ab. Er wußte nicht mehr, wann er aufgegeben, sein Paddel weggelegt und sich in dem übelriechenden Bootsrumpf ausgestreckt hatte, um den Tod zu erwarten. Es konnte gestern gewesen sein, weil er sich vage erinnerte, eine weitere Nacht verbracht zu haben. War heute endlich aus den tiefen Wolken Regen gefallen? Oder war das gestern gewesen? Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
    Jetzt war es wieder Nacht. Schwacher Mondschein versuchte die Wolken zu durchdringen. Das war nett. Ein tapferer Mond verlieh seinem Hinscheiden eine romantische Note. Wenn er
jetzt wieder einschlief, würde er vielleicht nochmals träumen, er stehe im Scheinwerferlicht, sei der Star eines sensationellen neuen Broadwaystücks, überhäuft mit begeisterten Kritiken, und spiele vor Zuschauern, die ihn anbeteten und stundenlang mit stehenden Ovationen feierten.
    Plötzlich wurde Gregorys verträumte Benommenheit von einem Lichtstrahl zerstört, der so gleißend hell war, daß er seinen Schädel zu durchbohren schien. Er hob in einer Reflexbewegung eine Hand, um seine Augen zu bedecken. Worte prasselten auf ihn herab, aber er verstand sie nicht. Er versuchte zu sprechen, mußte jedoch feststellen, daß er seine Stimme verloren hatte.
    Riesige Hände griffen aus dem Dunkel außerhalb des Lichtstrahls nach ihm, packten ihn unter den Armen und zogen ihn hoch und aus dem Boot, um ihn dann unsanft auf den feuchten, weichen Boden plumpsen zu lassen. Der schlammige Boden fühlte sich herrlich weich an. Gregory wollte im Schlamm liegenbleiben, seine Wange hineinbetten und in seinen Traum zurückkehren.
    Aber er wurde auf den Rücken gedreht und in Sitzstellung hochgerissen. Ein Gegenstand wurde an seine Lippen gedrückt, so daß er vor Angst und Schmerzen aufschrie. Dann füllte Wasser seinen Mund und lief seine Kehle hinunter. Er begann gierig zu trinken, bis er sich verschluckte.
    Als sein Husten nachließ, versuchte er wieder zu sprechen. »Vie … vielen Dank.« Seine Lippen fühlten sich geschwollen und gummiartig an, als hätte er den ganzen Tag auf einem Zahnarztstuhl verbracht. Er fuhr sich mit der Zungenspitze darüber und schmeckte Blut.
    Das Licht, das ihn aufgeschreckt hatte, war dankenswerterweise ausgeschaltet worden, aber der Mondschein war hell genug, um ihn erkennen zu lassen, daß seine barmherzigen Samariter schlammbespritzte, kniehohe Stiefel trugen. Die Hosenbeine hatten sie in die Stiefel gestopft. Blödsinnigerweise
fiel ihm dabei ein, daß er seine Hosenbeine noch nie in irgendwelche Stiefel gesteckt hatte.
    Er löste die schwierige Gleichung im Kopf: Vier Stiefel entsprachen zwei Männern.
    Sie sprachen halblaut miteinander, aber Gregory verstand noch immer kein Wort. Er legte den Kopf zurück, weil er ihnen erneut dafür danken wollte, daß sie ihn gerettet hatten, aber als er ihre Gesichter sah, erstarben die Worte auf seinen geschwollenen Lippen, und er fiel in Ohnmacht.
    Â 
    Â»Wie spät ist es?«
    Als Burke ihre Stimme hörte, wandte er sich vom Gaskocher ab. Remy saß auf der Bettkante und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
    Â»Bald sechs Uhr.«
    Â»Habe ich so lange geschlafen?«
    Â»Bestimmt wirkt Dredds Medizin noch nach.«
    Sie ging auf die Toilette. Als sie wieder herauskam, goß sie sich ein Glas Wasser ein und trank es langsam aus. Wenig später sagte sie: »Das Fett ist zu heiß.«
    Er war kein Meisterkoch, das wußte er, aber er hatte schon oft Fisch gebraten, und man hatte ihn durchaus essen können. »Wo haben Sie kochen gelernt?« fragte er verdrießlich.
    Â»Ich hab’s mir selbst beigebracht.«
    Er räusperte sich.
    Â»Meine Fertigkeiten sind ein bißchen eingerostet. Ich komme

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