Im Haus meines Feindes
verzweifelt war â und er konnte sich keine verzweifeltere Situation als diese vorstellen.
Bestimmt konnte er ihnen etwas vorflunkern, das bei ihnen elterliche Besorgnis oder wenigstens ihr Verantwortungsgefühl wecken würde. SchlieÃlich hatten sie ihn in die Welt gesetzt. Sie würden ihm gern eine Fernreise bezahlen. Vielleicht nach Europa oder in den Orient. Sie würden ihn weit, weit wegschicken, nur um ihn loszuwerden und die Peinlichkeiten zu umgehen, die seine Anwesenheit in New Orleans ihnen verursachen konnte.
Er würde morgen abreisen. Sein Daddy konnte alles für ihn arrangieren. Binnen weniger Stunden wäre er vor Burke Basile
und Pinkie Duvall und der ganzen schrecklichen Geschichte in Sicherheit. Er verfluchte den Tag, an dem er sich auf diese Sache eingelassen hatte, aber jetzt war ihm ein Licht aufgegangen, und die Rettung war nur noch ein Telefongespräch entfernt.
»Sie waren schrecklich freundlich. Wenn ich jetzt bitte Ihr Telefon benützen dürfte â¦Â«
»Haben wir nicht«, sagte der Mann brüsk.
»Oh, okay.« Keine drei Meter entfernt hing deutlich sichtbar ein Telefon an der Küchenwand, aber Gregory hielt es für ratsam, nicht darauf hinzuweisen, zumal wieder eine hitzige Familiendiskussion ausgebrochen war. Er konnte etwas Französisch, aber das Schulfranzösisch hatte ganz anders geklungen, so daà er der Debatte nicht folgen konnte, die eine Zeitlang weiterging, bis der Vater sie durch eine herrische Geste beendete.
»Du führst diesen Jungen hier zum Altar.«
Gregory starrte ihn erschrocken an. »Wie bitte?«
Der Vater deutete auf den stämmigen Jugendlichen, der an der Rettungsaktion beteiligt gewesen war. »Er will heiraten. Du traust ihn, oui?«
Die Suppe brodelte wieder â diesmal in Gregorys Magen. Er hatte nach tagelangem Fasten zuviel gegessen. Und er schwitzte so stark wie die Hausherrin, die sich immer wieder mit einem über die Schulter hängenden Geschirrtuch die Oberlippe abwischte.
Die Situation wurde mit jeder Minute kritischer. Um hier heil herauszukommen, würde er seine gesamten schauspielerischen Fähigkeiten einsetzen müssen. Der Jüngling war ungefähr achtzehn und würde in ein paar Jahren vermutlich so behaart sein wie sein Vater. Gregory bedachte ihn mit einem gütigen Lächeln. »Du willst heiraten, mein Sohn?«
Der Junge sah zu seinem Vater hinüber, der für ihn antworten sollte.
Der Bärtige erschreckte Gregory, indem er auf Cajun-Französisch einen Befehl blaffte.
Eine Seitentür des Wohnraums wurde geöffnet, und ein unglaublich junges Mädchen kam herein. Das heiÃt, die Kleine war viel zu jung, um hochschwanger zu sein.
»O Gott«, stöhnte Gregory, was aber nicht als Gebet gedacht war.
28. Kapitel
Burke schleppte das Boot hinter sich her zum Steg zurück und schwamm dabei ungefähr so geschickt wie ein Mann, der einen Amboà um den Hals hängen hat. Sein Kopf fühlte sich an, als wäre er mit einem Fleischklopfer bearbeitet worden. Als er endlich den Steg erreichte, muÃte er die letzten Kraftreserven einsetzen, um das Boot aus dem Wasser zu ziehen. Er hob die Pistole auf, mit der er den Bootsrumpf durchlöchert hatte, verzichtete aber darauf, den Schaden gleich zu begutachten. Im Augenblick machte er sich weit weniger Sorgen um Dredds Boot als um Duvalls Frau.
Sie lag noch dort, wo er sie zurückgelassen hatte, aber sie hatte sich auf die Seite gedreht und die Knie hochgezogen, als versuchte sie, sich dadurch etwas zu wärmen. Als er sich über sie beugte, tropfte Wasser von seiner Kleidung auf ihr Gesicht. Trotzdem bewegte sie sich nicht. Er legte eine Hand an ihren Hals, um sich davon zu überzeugen, daà ihr Puls zu fühlen war.
»Warum haben Sie mich nicht einfach ertrinken lassen?« Sie öffnete die Augen erst, nachdem sie das gefragt hatte.
»Tot nützen Sie mir nichts«, sagte er heiser. Nachdem er Zeit gehabt hatte, darüber nachzudenken, daà sie beinahe vor seinen Augen ertrunken wäre, war ihm vor Erleichterung fast schwindlig.
»Wäre mein Tod nicht Ihre Rache gewesen?«
»Ich will nicht, daà Duvall um Sie trauert. Ich will, daà er kommt und Sie zu befreien versucht.«
Daraufhin tat sie etwas, was er am wenigsten erwartete â sie lachte.
Er zog verärgert seine Hand zurück und überlieà sie ihrer unangebrachten
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