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Im Heimlichen Grund

Im Heimlichen Grund

Titel: Im Heimlichen Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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jenseits des Urwaldes mochte Eva in der Lichtluke ihrer Höhle stehen und warten. Sie sah ja, daß ihre Seite des Sonnsteins schon im Schatten lag; die Mittagszeit war vorüber.
    Er durfte nicht länger säumen. Für diesmal gab er es auf, den Standort der Kastanienbäume im Laubwald zu suchen.Er hielt quer über das Steinfeld auf den Sonnstein zu und eilte dann auf dem Erntepfad heimwärts.
    Tief stand die Nachmittagssonne über den Klammwänden und leuchtete grell ins Innere der Höhlen.
    Peter, der geglaubt hatte, Eva werde ihn von ihrem Guckloch aus begrüßen, hatte sich getäuscht. Auf ihrem Lager fand er sie ausgestreckt, die Ellbogen im Laub und das Gesicht in den Handflächen. Sie weinte. Auf seinen Gruß gab sie keine Antwort. Diesmal brauste er nicht auf. Er ahnte, welche Angst er ihr durch sein langes Ausbleiben verursacht hatte.
    Stumm legte er seine Beute vor ihr aufs Laub und setzte ihr die mitgebrachten Brombeeren und Kornelkirschen auf einer Steinplatte vor.
    Er merkte wohl, daß sie neugierig durch die Finger blinzelte, und so begann er denn erst ruhig, dann lebhaft von seiner Wanderung zu erzählen.
    Und als er erst noch beteuerte, wie eilig er heimgekehrt sei, da faßte sie seine Hand: »Morgen nimmst mich mit zum Moorbach, gelt? Und morgen ist Sonntag, da gehen wir auch zur Großmutter!«
    »Gern«, stimmte Peter zu,»und wir erzählen ihr alles.«
    Verschwunden war die Angst, verschwunden waren Trotz und Groll. Während Eva die mitgebrachten Beeren verzehrte, erzählte sie, was sie erlebt hatte: Eine Katze, eine richtige graue Katze hatte sie gesehen; die hatte sich am hellichten Tage vom Köderplatz die ausgelegten Überreste des Steinhuhns geholt. Keck war sie aus dem Walde gekommen, und keck war sie mit der Beute fortgetrabt, als hätte sie gewußt, daß der Jäger ausgegangen war.
    Die Nachricht verblüffte Peter. Eine Katze? Nein, das glaubte er nicht. Immerhin freute er sich, daß das Raubzeug sich an den Köderplatz gewöhnte. Das gab gute Aussicht auf brauchbare Bälge.
    Während Eva erzählte, häutete Peter Enterich und Elster ab. Das Fleisch der Vögel bereitete ihnen wenig Genuß, die Elster war zähe, und das von Fett durchzogene Fleisch des Enterichs schmeckte widerlich. Mehr Freude hatten sie am prächtigen Gefieder. Die blauen Spiegelfedern und das grünschillernde Halsgefieder des Enterichs bekam Eva, die geringelten Bürzelfedern aber befestigte Peter an seinem Stirnband, als Andenken an die glückliche Jagd über der drohenden Tiefe des Moores.
    Den Elsterbalg spannte er über einen Reifen, sagte aber nicht wozu; das sollte eine Überraschung werden für Eva.
    Als Peter seinen Gürtel ablegte, entdeckte er, daß die Eichhornbälge, die als Werkzeugtaschen daran hingen, durch die anhaftenden Salzreste geschmeidig geworden waren, ohne den Geruch feuchter Felle zu haben. Da sie aber auch glitschig waren, rieb er sie mit trockenem Lehmstaub ein. Vor dem Einschlafen nahm er sich vor, von jetzt an alle frischen Bälge auf der Fleischseite zu salzen und dick mit Lehmstaub zu bestreuen.
     

Knochenfunde
    Im Frühlicht des Sonntags traten die beiden Höhlenkinder aus dem Schatten der Salzwände.
    Tautropfen glitzerten auf Gräsern und Kräutern, hingen als schimmernde Perlen an den Ranken und Zweigen zu beiden Seiten des Erntepfads.
    Die Wegwarten hatten schon ihre himmelblauen Blütensterne geöffnet. Mit dem Rehkrickel grub Peter einige davon aus. Die Wurzeln waren gut gediehen. Für die ersteMahlzeit war gesorgt. Einige Händevoll Brombeeren vom Sonnstein ergänzten das Mahl. Dann ging es quer über das Steinfeld.
    Und ehe noch die Habichtskräuter, die an dem schattigen Hang Spätaufsteher waren, ihre gelben Blütenkörbchen öffneten, standen die beiden schon am Grab der Ahnl. Es war unversehrt. Sie erzählten ihr von ihren Erlebnissen, und Peter bat sie, dem Ähnl und der Mutter alles wiederzusagen; sie waren ja alle bei Gott.
    Ein Knistern in den Heidelbeerbüschen ließ die beiden aufschauen. Da sahen sie die Ricke mit den zwei größer gewordenen Kitzen, die Peter am Sterbetag der Großmutter mit dem Stein in der Faust verfolgt hatte. Beide hatten schon die weißen Flecken im rotbraunen Fell verloren.
    Diesmal griff er zu Pfeil und Bogen. Eva aber flüsterte ihm zu: »Tu's nicht, hier nicht und heut nicht; heilig ist der Ort, und heilig ist der Tag.« Und Peter ließ den Pfeil in den Köcher zurückgleiten.
    Nach kurzer Andacht wanderten die Kinder über das Steinfeld dem

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