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Im Herzen der Feuersonne

Im Herzen der Feuersonne

Titel: Im Herzen der Feuersonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
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sattelte sofort sein Pferd, einen großen,
ausdauernden Fuchswallach, und machte sich auf den Weg.
    Ben selbst ging hinüber zum Weinkeller, wo drei
der Arbeiter mit bloßen Füßen in einem Bottich standen und die geernteten
Trauben zerstampften. Er sah ihnen eine Weile geistesabwesend zu. Dass er
eigentlich in die Stadt hatte fahren wollen, war vergessen.
    Fünf bange Stunden vergingen, dann fuhr der Arzt
endlich vor. Harold musste geritten sein wie von Hunden gehetzt. Sein
Fuchswallach war schweißnass, die Flanken zitterten, und er hatte Schaum vor dem
Maul. Und auch Harold war völlig erschöpft.
    Dr. Monterey untersuchte Karl, und seine Miene
verdüsterte sich immer mehr. Vorsichtig schaute er in den Rachen des Kindes, er
war stark gerötet, die Zunge war ebenfalls rot, und sie hatte einen weißen
Belag.
    Â»Scharlach«, sagte er schließlich. »Ungewöhnlich
bei einem so kleinen Kind. Hab noch nie so einen Fall gehabt.« Während er
sprach, vermied er es, die Eltern anzusehen.
    Â»Und – was heißt das?«, fragte Ben leise.
    Â»Viel kann ich nicht tun für Euren Sohn«,
erklärte der Arzt. »Er muss trinken, das Fieber muss gesenkt werden. Hängt
überall im Raum feuchte Tücher auf, das wird ihm das Atmen erleichtern. Und
nehmt ihn heraus aus der engen Wiege. Macht ihm ein anderes Lager.«
    Â»Wir haben schon ein Bettchen gezimmert. Aber es
ist noch nicht fertig lackiert«, sagte Ben.
    Â»Dann lasst es herholen.«
    Â»Und – sonst? Was können wir sonst noch tun?«
Charlottes Stimme klang gepresst. Mit tränenfeuchten Augen sah sie auf den
kleinen Karl, der im Gesicht immer noch tiefrot war und wimmerte.
    Â»Ihr solltet beten«, sagte der Arzt mit leiser
Stimme. »An Scharlach sterben viele, das will ich Euch nicht verschweigen. Und
so ein kleines Kind … Ich hab noch nie gehört, dass ein so kleines Kind
Scharlach hatte«, wiederholte er mehr zu sich selbst. Dann verlangte er heißes
Wasser und wusch sich die Hände und die Arme.
    Charlotte war in einem Sessel neben dem
Kinderbettchen eingeschlafen, das sie mit weichen Kissen ausgekleidet hatte.
Sina hielt bei Karl Wache, beobachtete jede Regung des kranken Buben. Er schlief
jetzt fest, nur sein stark gerötetes Gesicht und die kleinen Fäuste, die immer
wieder unruhig durch die Luft fuhren, als müssten sie etwas verscheuchen,
zeugten davon, dass er krank war. Sie hatten dem kleinen Karl Sinas besonderen
Kräutersud eingeflößt. Die Kräuter konnten zwar nicht viel ausrichten gegen
Scharlach, aber sie senkten das Fieber, sie schenkten dem Kranken Ruhe.
    Irgendwann kam Ben ins Zimmer. Er hatte keinen
Schlaf gefunden und war stundenlang im Weinkeller gewesen, wo er die Maische
kontrolliert und die Fässer gezählt hatte, die dort gelagert wurden. Es war
nicht seine Aufgabe, aber er musste irgendetwas tun.
    Jetzt, wo das erste Morgenrot im Osten den Himmel
mit zartem Schein vergoldete, trat er an das kleine Bett. »Und? Wie sieht es
aus?«, fragte er leise.
    Â»Er ist ruhiger geworden. Und Luft bekommt er
auch.« Sina zuckte mit den Schultern. »Ich denke, dass er es schafft.«
    Â»Wenn ihm etwas zustößt …«
    Â»Sag so etwas nicht!« Charlotte war wach
geworden. Mit weit geöffneten Augen, in denen nackte Angst stand, sah sie von
Ben und Sina zu ihrem kleinen Sohn hin. Hastig stand sie auf und befühlte Karls
glühendes Gesicht. »Es geht ihm noch nicht besser.« Tränen standen in ihren
Augen.
    Â»Du darfst nicht zu viel erwarten.« Sina ging zur
Tür. »Ich hole ihm neuen Tee.«
    Charlotte nickte nur. Sie vertraute mehr der
Medizin, die der Arzt ihrem Sohn verabreicht hatte, doch Sinas Tee konnte nicht
schaden. Und wirklich – Sinas Kräutertee war alles, was Karl zu sich nahm. Sein
Rachen war stark gerötet, das Schlucken fiel dem Kleinen sehr schwer, und so
waren alle froh, dass er wenigstens etwas trank.
    Dr. Monterey kam noch einmal. Charlotte und
Sina wachten Tag und Nacht bei dem Kleinen, und endlich, fünf Tage nach Ausbruch
des schweren Fiebers, konnten alle aufatmen – Karl ging es besser!
    Â»Du solltest endlich nach Kapstadt reiten und
dich um die Fässer kümmern«, meinte Charlotte. »Hier kannst du im Moment nichts
tun.«
    Â»Ich hab doch auch bisher nichts getan«, knurrte
Ben, dem es schrecklich war, so tatenlos zusehen zu müssen, wie sein

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