Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Herzen der Feuersonne

Im Herzen der Feuersonne

Titel: Im Herzen der Feuersonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfie Ligensa
Vom Netzwerk:
unbedingt wieder runter in die Wirtschaft.
Das war unvernünftig. Ihr Herz war zu schwach. Sie hätte sich mehr Ruhe gönnen
müssen. Na ja, jetzt hat sie Ruhe. Friede ihrer armen Seele.«
    Ben wandte sich zur Treppe, die in Hannes private
Räume führte.
    Die Alte hielt ihn am Ärmel zurück. »Zahlt Ihr
mir den Lohn für die Pflege?«, fragte sie mit lauerndem Blick.
    Ohne genauer hinzusehen, holte Ben eine Münze aus
der Tasche und drückte sie der Alten in die Hand. Die warf einen raschen Blick
darauf, ihre Augen leuchteten erfreut auf, und sie verschwand. Wahrscheinlich
war es zu viel, was ich ihr gegeben habe, dachte Ben flüchtig, und nun will sie
mir rasch aus den Augen gehen, ehe mir einfällt, etwas zurückzuverlangen. Er
seufzte müde.
    Ben stieg hinauf zu Hannes Schlafstube. Bisher
war er nur wenige Male in ihrem Wohnzimmer gewesen. Es war klein, doch
ansprechend eingerichtet. Jetzt war er erstaunt, wie wohnlich Hanne es in ihrem
Schlafgemach hatte: Das Bett, in dem die Tote lag, war mit weißem Leinen
bezogen, daneben stand ein kleiner Tisch mit einer Kerze und zwei Miniaturen im
Elfenbeinrahmen. Die eine zeigte eine Kapelle inmitten von Weinbergen, auf dem
anderen Bild war ein junger Mann in der Uniform der französischen Grenadiere zu
sehen.
    Unter dem kleinen Fenster stand ein Tisch mit
Waschzeug; der Schrank war mit Schnitzereien verziert. Es waren meist Weinreben,
die sich über die zwei Türen rankten. Und links neben Hannes Bett hing eine
kleine Marienfigur aus Lindenholz. Maria hielt lächelnd ihr Kind im Arm, ihr zu
Füßen lag ein Lamm. Der Mantel der Gottesmutter glänzte golden, und ihre Krone
war mit bunten Steinen besetzt.
    Das alles erfasste Ben mit einem Blick. Dann
beugte er sich über Hanne, die mit geschlossenen Augen dalag. Die Hände waren
über der Brust gefaltet, sie hielten einen Rosenkranz. Irgendjemand hatte noch
drei feuerrote Geranienblüten dazugelegt.
    Behutsam streichelte Ben die welken Hände, auf
die eine Träne tropfte. »Ach Hanne«, flüsterte er und spürte einen scharfen
Schmerz, »du warst ein Bindeglied zur Heimat. Wenn ich bei dir war, hatte ich
das Gefühl, ich wäre zu Hause. Dank dir für alles.« Er schlug das Kreuzzeichen
über der Toten, dann richtete er sich schwerfällig auf und ging hinaus.
    Nelly, die Magd, stand draußen im dunklen Flur.
»Was wird denn jetzt?«
    Ben zuckte mit den Schultern. »Der Bestatter muss
kommen.«
    Â»Ich war schon bei ihm. Er wohnt nur zwei Gassen
weiter und ist gleich da. Er muss erst noch einige andere …« Sie sprach nicht
weiter, doch Ben hatte sie genau verstanden. Der Bestatter machte in diesen
Tagen ein sehr gutes Geschäft.
    Â»Gut. Solange bleibe ich.«
    Â»Hier – für Euch, Herr.« Schüchtern reichte sie
ihm einen Umschlag. »Den hat Hanne mir gegeben. Ich kann nicht lesen.«
    Ben nahm den Umschlag, der nicht mehr ganz sauber
war, und riss ihn auf.
    Testament , las er. Ich, Hanne Schneeberger, vermache all meinen Besitz
Benjamin Ruhland. Er ist mir wie ein Sohn, und ich will, dass er alles, was
ihm an meinem Besitz wertvoll erscheint, für sich nimmt. Nelly, die Magd,
kann meine Wäsche und meine Kleider haben . Dann folgte recht ungelenk
noch Hannes Unterschrift – zusammen mit einem Postskriptum:
    Ben, die Madonna hab ich von
einem französischen Soldaten bekommen – halte sie in Ehren . Es ist meine Erinnerung an die einzige Liebe meines
Lebens .
    Hanne und ein französischer Soldat … davon hatte
er nichts geahnt. Hanne hatte nie von dieser Liebe erzählt. Jetzt erst wurde ihm
bewusst, dass er im Grunde nur wenig von ihr wusste. »Das ist Hannes Testament«,
erklärte er dem schmächtigen Mädchen. »Du darfst dir ihre Wäsche und ihre
Kleidung nehmen.«
    Die Kleine riss die Augen auf. »Oh – danke!«
    In diesem Moment klangen von unten her schwere
Schritte, der Sargmacher und sein Gehilfe polterten die Treppe herauf. Irritiert
sah der hagere Mann zu Ben hin. So einen vornehmen Herrn hatte er hier wohl
nicht erwartet. Er grüßte unterwürfig.
    Â»Wir haben den Leinensack dabei«, erklärte er.
»Die Kiste steht unten auf dem Fuhrwerk. »Oder wünscht Ihr einen massiven Sarg?«
Lauernd sah er Ben an.
    Â»Natürlich! Hanne bekommt einen massiven Sarg!«,
wies Ben die beiden Männer an. »Und den Sarg bringt ihr dann

Weitere Kostenlose Bücher