Im Herzen der Nacht - Roman
wieder überrascht, dass er zu so abenteuerlichen Verrenkungen fähig war. Im Augenblick fühlte er sich so schwach wie noch nie, und er wollte für immer im Bett bleiben. Wäre Sunshine erneut über ihn hergefallen, hätte er wahrscheinlich gewimmert.
Ächzend griff er nach seinem Telefon auf dem Nachttisch, wählte Acherons Nummer und hoffte, diesmal würde die richtige Verbindung zustande kommen. Offenbar hatte er Glück. Der Atlantäer meldete sich schon nach dem ersten Läuten.
»Ist dort der gute oder der böse Ash?«
»Gut oder böse, ich bin der mit dem Schießeisen.«
Als Talon diese Worte hörte, die aus Acherons Lieblingsfilm »Armee der Finsternis« stammen könnten, seufzte er erleichtert. »So was Abartiges kann nur der echte Ash sagen.«
»Besten Dank, Kelte. Was gibt’s? Ist Sunshine schon erwacht?«
»O ja.«
»Kannst du noch gehen und dich bewegen?«
»Reden wir nicht drüber.«
Ash lachte kurz auf. »Okay. Was ist los?«
»Als ich mit Sunshine hier angekommen bin, hat dein Doppelgänger angerufen.«
Tiefe Stille. Talon hörte nicht einmal Störgeräusche in der Handy-Leitung.
»Hallo? Bist du noch da, T-Rex?«
»Ja. Was hat er gesagt?«
»Dass er dich hasst. Zuerst dachte ich, du wärst es. Aber dann sagte er einige Dinge, die mir komisch vorkamen.«
»Zum Beispiel?«
»Angeblich warst du süchtig nach der Droge, die er Sunshine verabreicht hatte. Wenn man dir so was Persönliches entlocken wollte, könnte man genauso gut einem Löwen ohne Betäubung einen Zahn ziehen.«
Schon wieder eisiges Schweigen.
»He, Kumpel...«
»Hat er sonst noch was gesagt?«
»Ja, er behauptete, du hättest deine Schwester sterben lassen. Ich nannte ihn einen Lügner, und wir tauschten ein paar Beleidigungen aus. Dann legte er auf.« Talon hörte, wie Nick im Hintergrund nach Ash rief, und Zarek knurrte den Jungen an, er solle ihn loslassen. »Stimmt was nicht?«
»Gerade ist Nick mit Zarek hereingekommen. Z ist verletzt. Jetzt muss ich Schluss machen.«
»Okay. Aber ruf mich zurück und erzähl mir, was passiert ist.«
»Wird gemacht.« Die Leitung war tot.
Sehr seltsam. Die Stirn gefurcht, legte Talon das Telefon beiseite und wandte sich wieder zu Sunshine.
Schreiend fuhr sie aus dem Schlaf hoch und warf sich auf dem Futon umher. Talon hielt sie mit sanfter Gewalt fest. »Pst«, flüsterte er in ihr Haar. »Ich bin’s, Talon. Hier kann dir nichts zustoßen.«
»Ich dachte, ich wäre immer noch...« Zitternd schmiegte sie sich an ihn. »O Gott, Talon, ich hatte solche Angst!«
Wilder Zorn stieg in ihm auf. »Tut mir leid, dass ich dich nicht beschützen konnte. Haben sie dir wehgetan?«
»Nein, sie haben mich nur bedroht. Vor allem ein gewisser Styxx.«
»Wie der griechische Fluss?«
Sunshine nickte. »In seinen Augen funkelte abgrundtiefer Hass, und er knurrte dauernd. Camulus musste ihn immer wieder beruhigen.«
Wütend knirschte Talon mit den Zähnen. Diese beiden Arschlöcher würde er aufspüren und ihnen die Hölle heiß machen. »Tut mir ehrlich leid, Baby. Die werden dich nie mehr zwischen die Finger kriegen. Das verspreche ich dir.«
Sunshines Arme umklammerten ihn noch fester. »Welch ein Glück, dass du mich gefunden hast! Woher wusstest du, wo ich war?«
»Camulus rief mich an.«
»Warum?«, fragte sie verblüfft.
»Keine Ahnung. Wahrscheinlich wollte er mit meinem Kopf Football spielen, der Kerl ist so abgefahren.«
Ein flaues Gefühl im Magen, fragte sie: »Was haben sie mir gegeben?«
»Ein Aphrodisiakum. Haben sie es ausgenutzt?«
»Nein. Sie zwangen mich, das Zeug zu trinken. Dann ließen sie mich allein. So ein mieses Gebräu... Mir ist immer noch schwindlig.« Lächelnd schaute sie ihn an. »Aber ich erinnere mich, was ich mit dir gemacht habe.«
»Oh, ich auch.«
Als sie lachte, protestierte ihr Körper. »Fühlst du dich genauso gerädert?«
»Sagen wir mal, ich hab’s nicht eilig, aus dem Bett zu steigen.«
Sunshine strich über seine Tattoos. Wie wundervoll, wieder neben ihm zu liegen, seine Stimme zu hören. Sie dachte an die Schüsse, die ihn getroffen hatten. Sie war verzweifelt gewesen, denn sie hatte befürchtet, er würde sterben. Aber jetzt entdeckte sie keine Wunden an seinem Körper. »Ich bin so froh, dass sie dich nicht ermordet haben.«
»Und ich atme auf, dass du noch lebst.«
Zärtlich streichelte sie seine Brust. Dann erstarrte sie, von einer plötzlichen Übelkeit befallen, sprang auf und rannte ins Bad.
»Sunshine?«, rief Talon
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