Im Herzen der Nacht - Roman
gefiel Styxx. Nun mussten sie nur noch erreichen, dass der Dark Hunter und die Frau zusammenblieben. Wenigstens bis zum Mardi Gras, wenn die Schwelle zwischen dieser Welt und Kolasis dünn genug wäre, um zu bersten, so dass sie den atlantäischen Zerstörer aus der Gefangenschaft entlassen konnten. Seit dem letzten Mal waren sechshundert Jahre verstrichen. Und es würde über achthundert Jahre dauern, bis es wieder geschah.
Bei dem Gedanken erschauerte Styxx. Noch einmal acht Jahrhunderte in einsamer, endloser Monotonie und Qual. Er würde seine Wärter kommen und gehen, altern und den Tod finden sehen, wenn sie umgeben von Verwandten und Freunden ihr sterbliches Leben aushauchten. Wie glücklich sie sich schätzen durften, wussten sie nicht.
Als Mensch hatte er den Tod gescheut, damals, vor so vielen Äonen. Jetzt fürchtete er nur, dem Grauen seiner Existenz nie mehr zu entrinnen, weiterzuleben, ein Jahrhundert nach dem anderen, bis das Universum explodieren würde. Aus diesem Jammertal wollte er sich befreien. Bis vor dreißig Jahren hatte keine Hoffnung bestanden. Jetzt schon …
Dionysos und Camulus wollten ihren Götterstatus zurückgewinnen. Dafür brauchten sie den Zerstörer und Acherons Blut. Welch ein Pech, dass in Styxx’ Adern kein atlantäisches Blut floss. Wie gern würde er sich opfern!
Nur Acheron besaß den Schlüssel, der den Zerstörer freilassen würde. Und Styxx war der Einzige, der ihnen Acheron auszuliefern vermochte. Nur noch ein paar Tage und alles würde sich zum Guten wenden. Dann würden die alten Mächte zurückkehren, die Erde beherrschen, und er wäre endlich frei.
Von süßer Vorfreude erfüllt, seufzte er auf. Nun musste er nichts weiter tun, als die Dark Hunter aufeinanderzuhetzen und abzulenken. Die Götter durften einander jetzt nicht umbringen. Das würde er verhindern.
Falls Talon oder Acheron merkten, was geschah, würden sie es unterbinden. Nur sie allein besaßen die Macht dazu. Aber er stellte sich ihnen entgegen. Und diesmal würde er beenden, was er vor elftausend Jahren begonnen hatte.
Sobald er sein Werk vollbracht hatte, waren die Dark Hunter führerlos.
Er wäre frei, und die Erde eine völlig neue Welt.
Lächelnd blickte Styxx vor sich hin. Nur noch ein paar Tage …
3
Als Talon erwachte, spürte er ein Feuer in seinem Arm. Stöhnend riss er seine Hand aus dem Sonnenlicht, das durch ein Fenster auf das rosa Bett fiel, und richtete sich auf. An das Kopfteil aus weißem Korbgeflecht gelehnt, zog er die Beine an und rettete seinen restlichen Körper vor den tödlichen Strahlen.
Er blies auf seine Hand, doch sie schmerzte immer noch. Wo zum Teufel mochte er sein? Zum ersten Mal seit Jahrhunderten fühlte er sich unsicher. Er geriet nie aus der Fassung. Niemals verlor er die Kontrolle. Sein ganzes Leben bestand aus extremer Ausgewogenheit und Mäßigung. Kein einziges Mal während seiner Existenz als Dark Hunter war er so verwirrt gewesen.
Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand, wie spät es war und wem die weiblichen Stimmen gehörten, die jenseits des rosa Vorhangs erklangen.
Während er in den grellen Sonnenschein blinzelte, der seine Augen peinigte, inspizierte er den seltsamen Raum und erkannte, dass er zwischen zwei Fenstern gefangen war. Sein Herz schlug wie rasend. Außerhalb des Betts gab es kaum einen sicheren Ort, er konnte sich nur nach links wenden, in die schattige Ecke, wo ein Nachttisch voller rosa Tücher stand.
Verdammt! Zwischen dröhnenden Kopfschmerzen kehrte
die Erinnerung an den letzten Abend zurück, erstaunlich klar und deutlich. Die Attacke - die Frau - das riesige Ding, das gegen ihn geprallt war. Obwohl sein Körper immer noch schmerzte, hatten ihn die Kräfte des Dark Hunters im Schlaf geheilt. In ein paar Stunden würden auch die letzten Beschwerden verfliegen. Bis dahin musste er dieser bedrohlichen Strahlenfalle entfliehen. Die Augen geschlossen, beschwor er eine dunkle Wolke herauf, die vor die Sonne glitt, damit der Schmerz in seinen Augen nachließ.
Doch das Tageslicht konnte er nicht vertreiben. Die Macht eines Dark Hunters ermöglichte ihm, gewisse Elemente zu kontrollieren, das Wetter und heilsame Kräfte. Aber nicht Apollos Domäne.
Der Tag gehörte immer noch dem griechischen Sonnengott. Obwohl er in den Ruhestand getreten war, würde er den Dark Huntern niemals erlauben, in sein Handwerk zu pfuschen. Wenn Apollo ihn tagsüber in der Nähe eines Fensters entdeckte, würde Talon als brutzelnde Speckscheibe auf
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