Im Herzen der Nacht - Roman
der Straße enden. Natürlich wollte er kein extra knuspriger Kelte werden.
Als seine Augen nicht mehr brannten, beschloss er, aus dem Bett zu steigen. Abrupt hielt er inne. Zwischen der Decke, die nach Patschuli und Terpentin roch, und seinem Körper befand sich gar nichts . Was ist mit meiner Kleidung geschehen? Letzte Nacht hatte er sich sicher nicht ausgezogen.
Haben wir etwa...? Talon erforschte sein Gedächtnis. Nein, unmöglich. Wäre er bei Sinnen und imstande gewesen, mit der Frau zu schlafen, hätte er dieses Haus rechtzeitig vor Sonnenaufgang verlassen.
»Wo ist es?«
Auf der anderen Seite des rosa Vorhangs ertönte eine
fremde Stimme. Talon schaute auf und sah zwei Sekunden später eine attraktive Frau in den abgeteilten Raum treten, die er auf Ende dreißig schätzte. Ihr langes, schwarzes Haar hatte sie zu einem dicken Zopf geflochten. Zu einem fließenden schwarzen Rock trug sie eine Tunika in derselben Farbe. Sie glich der Frau, die er am vergangenen Abend kennen gelernt hatte. Auf den ersten Blick konnte man die beiden verwechseln.
»He, Sunshine, dein Freund ist wach. Wie heißt er?«
»Keine Ahnung, Starla. Danach habe ich nicht gefragt.«
Oh, das wird ja immer seltsamer.
Von seiner Anwesenheit nicht im Mindesten beunruhigt, ging die Frau zum Nachttisch. »Sie sehen wie ein Steve aus«, meinte sie, hob die rosa Tücher und durchwühlte die Magazine, die darunter lagen. »Sind Sie hungrig, Steve?« Ehe er zu Wort kam, rief sie: »Da ist es nicht!«
»Unter den alten Art Papers .«
»Nein!«
Nun schlenderte Sunshine herein, anmutig wie eine Märchenprinzessin. Sie hatte ein langärmeliges Kleid an, in so grellem Violett, dass Talon blinzeln musste. Als sie am Fenster vorbeiging, bemerke er den durchscheinenden Stoff, der ihm erfreuliche, wohlgeformte Kurven zeigte. Darunter trug sie nichts. Nur gebräunte Haut. Sein Mund wurde trocken.
Sie ergriff ein Handtuch und wischte Farbe von ihren Fingern. Ohne ihn anzuschauen, zog sie ein Magazin aus dem Stapel auf dem Nachttisch und reichte es der älteren Frau. »Da.« Erst jetzt erwiderte sie Talons Blick. »Sind Sie hungrig?«
»Wo sind meine Kleider?«
Verlegen wandte sie sich zu Starla. »Hast du dich nach seinem Namen erkundigt?«
»Steve.«
»Nein«, widersprach er.
Die beiden Frauen achteten nicht auf seinen Protest, sondern starrten ihn an, als wäre er ein kurioser Gegenstand. Hastig zerrte er die rosa Decke bis zu seiner Brust hinauf und zog ein Knie an, damit ein gewisser Körperteil sich nicht allzu deutlich unter dem dünnen Baumwollstoff abzeichnete.
Trotzdem starrten sie ihn immer noch an.
»Verstehst du jetzt, was ich gesagt habe, Starla?«, fragte Sunshine. »Ist das nicht die unglaublichste Aura, die du je gesehen hast?«
»Zweifellos eine alte Seele. Mit Druidenblut. Da bin ich mir ganz sicher.«
»Oh, tatsächlich?«
»Ja. Überreden wir ihn zu einer Rückkehr in die Vergangenheit. Mal sehen, was dabei herauskommt.«
Offenbar waren die beiden verrückt. »Hören Sie, ich brauche meine Kleider«, stieß Talon hervor, »und zwar sofort.«
»Schau doch!«, sagte Sunshine. »Merkst du, wie sich seine Aura verändert? Als würde sie leben.«
»So was habe ich noch nie beobachtet. Ganz was Neues.« Während Starla den Raum verließ, blätterte sie in dem Magazin.
Sunshine wischte immer noch Farbe von ihren Fingern. »Hungrig?«
Wie schaffte sie das? Wie konnte sie übergangslos von einem Thema zum anderen und wieder zurück wechseln? »Nein, ich will meine Kleider.«
Unbehaglich trat sie von einem Fuß auf den anderen. »Was ist mit den Etiketten in Ihrer Hose passiert?«
Welch eine seltsame Frage... Talon runzelte die Stirn. Mühsam bezwang er seinen Ärger, was ihm in der Nähe dieser Frau schwerfiel. »Wie, bitte?«
»Nun, sie war voller Blut...«
In seinem Magen entstand ein flaues Gefühl. »Und?«
»Vorhin wollte ich sie reinigen und...«
»O Scheiße, haben Sie die Hose gewaschen?«
»Beim Waschen wurde sie nicht beschädigt, erst beim Trocknen.«
»Haben Sie meine Lederhose in einen Trockner gesteckt?«
»Nun, dass es echtes Leder ist, wusste ich nicht«, murmelte Sunshine. »Sie fühlte sich so weich und sonderbar an, ich dachte, es wäre eine Art Kunstleder. Meine Kunstlederkleider gebe ich immer in den Trockner, und sie lösen sich nie auf und laufen ein - so wie Ihre Hose.«
Talon strich über seine Stirn. Verdammt, wie sollte er aus diesem Apartment rauskommen? Mitten am Tag? Ohne
Weitere Kostenlose Bücher