Im Herzen der Nacht - Roman
Gesäßtaschen.
»Was machst du?«, fragte sie.
»Ich überprüfe ihn. Natürlich will ich wissen, wer er ist.« Die Stirn gefurcht, checkte er den Inhalt der Brieftasche.
»Nun?«
»Mal sehen - siebenhundertdreiunddreißig Dollar in bar, kein Ausweis. Nicht einmal ein Führerschein. Keine Kunden- oder Kreditkarten.« Er griff in die andere Tasche und zog einen Dolch hervor, drückte auf eine Taste, und die Waffe bildete einen Halbkreis aus drei gefährlichen Klingen. »Scheiße, Sunshine, ich glaube, du hast einen Drogendealer aufgegabelt.«
»Unsinn, er ist kein Drogendealer.«
»Woher willst du das wissen?«
Weil Drogendealer keine Frauen vor Vergewaltigern retten. Doch das wagte sie Wayne nicht zu erzählen. Sonst
würde er Magenschmerzen kriegen, und sie müsste sich eine Lektion anhören. »Keine Ahnung. Steck das alles wieder in die Taschen.«
»Nun?«, fragte Camulus, als Dionysos das Hotelzimmer betrat.
Beim Klang seiner Stimme blickte Styxx von seiner Zeitschrift auf. Camulus, der keltische Gott, saß ihm gegenüber auf der Couch in der Hotelsuite, wo sie beide auf Neuigkeiten warteten.
Mit schwarzen Lederjeans und einem grauen Pullover bekleidet, hielt die alte Gottheit eine Fernbedienung in der Hand. Seit Dionysos gegangen war, zappte Camulus unentwegt durch die TV-Kanäle. Am liebsten hätte Styxx ihm das Gerät aus der Hand gerissen und auf den Couchtisch aus Eisen und Glas geschleudert.
Aber nur ein Narr würde einem Gott eine Fernbedienung wegnehmen. Wenn Styxx auch eine gewisse Todessehnsucht hegte, wollte er doch nicht grausam gequält werden, bevor er starb.
Camulus hatte sein langes schwarzes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. In seinem Blick lag etwas Teuflisches, Böses. Kein Wunder, immerhin war er ein Kriegsgott.
Nachdem Dionysos die Tür hinter sich geschlossen hatte, schlüpfte er aus seinem langen Kaschmirmantel und den braunen Lederhandschuhen. Über zwei Meter groß, würde der Gott des Weines und der Exzesse die meisten Leute einschüchtern. Aber Styxx war kaum kleiner. Und da er der Sohn eines Königs war und den Tod herbeisehnte, ließ er
sich nicht so leicht erschrecken. Was konnte Dionysos schon tun? Ihn in die höllische Einsamkeit zurückschicken? Dort war er schon gewesen. Zum Beweis besaß er das Ozzy-T-Shirt.
Dionysos trug ein Tweedjackett, einen marineblauen Rollkragenpullover und eine braune Hose mit Bügelfalten. Durch sein kurzes braunes Haar zogen sich perfekt gestylte blonde Strähnen, sein Ziegenbart war untadelig gestutzt. Er sah wie ein milliardenschwerer erfolgreicher Magnat aus. Er besaß auch tatsächlich einen großen internationalen Konzern, den er zu seinem Amüsement nutzte, indem er seine Konkurrenz vernichtete und sich ständig neue Firmen mittels feindlicher Übernahme aneignete.
Vor Jahrhunderten gegen seinen Willen zum Ruhestand gezwungen, verbrachte Dionysos seine Zeit abwechselnd auf dem Olymp und in der sterblichen Welt, die er ebenso hasste wie Styxx.
»Spuck’s aus, Bacchus!«, verlangte Camulus. »Ich bin keiner von euch bescheuerten griechischen Göttern, die endlos lange auf eine Antwort warten.«
In Dionysos’ Augen flammte heißer Zorn auf. »Sprich gefälligst in einem zivilisierten Ton mit mir, Cam. Ich gehöre nämlich nicht zu deinen läppischen Schlappschwänzen, die angstvoll vor deinem Zorn erzittern. Falls du kämpfen willst, meine Junge - nur zu!«
Sofort sprang Camulus auf.
»Moment mal!«, versuchte Styxx die beiden zu beruhigen. »Sparen wir uns die Rangeleien für die Zeit auf, wenn ihr beide die Welt übernehmen werdet. Okay?«
Wie konnte er es wagen, sich einzumischen? Sie starrten ihn an, als wäre er verrückt.
Zweifellos war er das. Aber wenn sie einander umbrachten, würde er niemals sterben.
»Da hat dein Schoßhündchen völlig recht, Bacchus«, fauchte Camulus. »Sobald ich meinen Götterstatus zurückgewinne, werden wir uns mal unterhalten.«
Wie das Glitzern in Dionysos’ Augen verriet, freute er sich schon darauf.
Styxx holte tief Luft. »Also ist die Frau mit Talon zusammen, Bacchus?«
»Wie geplant.« Dionysos lachte kühl und wandte sich wieder zu Camulus. »Wird ihn das wirklich lähmen?«
»Das habe ich nie behauptet. Ich sagte nur, es würde ihn neutralisieren.«
»Worin besteht der Unterschied?«, fragte Styxx.
»Ganz einfach - dadurch wird er Acheron noch größere Sorgen bereiten und ihn ablenken. Eine weitere Methode, Atlantäer letzten Endes zu schwächen.«
O ja, das
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