Im Herzen der Nacht - Roman
warmer Glanz. »Vor dir könnte ich mich niemals verstecken.« Fröstelnd verschränkte sie die Arme vor der Brust. »Ein Gerücht geht wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Angeblich ist eine neue Macht aufgetaucht - kein Daimon.«
»Ein Kobold? Ein Grabschänder? Oder von dämonischer Natur?«
»Da ist sich anscheinend niemand sicher. Die Daimons umringen die Quelle dieser Macht. Aber sie ist nicht ihresgleichen, sondern etwas anderes.«
»Ein Gott?«
Seufzend schaute sie zu ihm auf. »Ich suche jemanden, der Bescheid weiß. Bisher ohne Erfolg...« Sie unterbrach sich und rang die Hände. »Sei vorsichtig, Speirr! Was immer dieses Ding ist, es strahlt eine starke böse Aura aus, so viel Hass.«
»Kannst du es aufspüren?«
»Das habe ich versucht. Aber es entfernt sich, immer wenn ich näher herankomme. Als wüsste es, dass es mich meiden muss …«
Das klang gar nicht gut. Insbesondere, weil Mardi Gras bevorstand. Wenn Bacchus in die Stadt kam, drehten sogar harmlose Wesen durch. Irgendwie hatte Talon das Gefühl, jemand wollte die Exzesse des Festes nutzen, um seine eigenen Pläne durchzuführen.
Dann wurde er aus seinen Gedanken gerissen, weil ein Auto heranfuhr, ein alter VW-Käfer. Das dunkelblaue Dach war mit fluoreszierenden Sternen bemalt, die untere Hälfte sonnengelb mit roten Friedenssymbolen. Bei diesem Anblick lächelte er. Vorhin hatte er dieses Auto vor dem Club parken sehen, und ein Instinkt verriet ihm, es müsste Sunshine gehören. In so einem Monstrum wollten andere Leute nicht einmal als Leichen ertappt werden.
Prompt bog der VW in die Gasse hinter dem Runningwolf’s. Mit den geschärften Augen eines Dark Hunters beobachtete er, wie sie ausstieg und einen Kasten vom Rücksitz nahm. Sofort spürte er ein wachsendes Verlangen.
An diesem Abend hatte sie ihr schwarzes Haar zu zwei Zöpfen geflochten, die an ihren Wangen herabhingen. Sie trug einen langen, fuchsienroten Jerseymantel, der ihre üppigen Kurven perfekt nachzeichnete. In seiner Fantasie stellte er sich vor, er würde zu ihr gehen, ihren Rücken an seine Brust pressen und einfach nur ihren warmen Patschuli-Duft einatmen. Dann würde seine Hand nach vorn gleiten, zu dem engen schwarzen Pullover und den winzigen Knöpfen. Die würde er öffnen, bis er ihre nackte Haut berührte. Seine Begierde steigerte sich zu einem schmerzhaften Feuer.
» Speirr ?« Die Stimme seiner Schwester verscheuchte die Vision.
»Tut mir leid, ich wurde abgelenkt.«
»Ich sagte, nun würde ich weitere Nachforschungen anstellen. Oder brauchst du mich? Soll ich hierbleiben und dir helfen, die Kontrolle zu behalten?«
»Nein danke, ich habe alles unter Kontrolle.«
»Aber ich spüre einen Konflikt in deinem Inneren. Soll ich wirklich gehen? Bist du sicher?«
Etwa so sicher, wie die Welt in fünfzehn Minuten enden würde. Nein, er wusste es nicht. Jedes Mal, wenn er Sunshine anschaute, vergaß er alles andere, und das war gefährlich. Denn er wollte viel mehr, als sie nur anzusehen, sie umarmen... »Ja, ich bin sicher.«
»Also gut. Ich werde mich für dich umhören. Wenn du mich brauchst, ruf mich.«
»Ja, gewiss.«
Ceara verschwand und ließ ihn in der Finsternis allein.
In diesem Moment schloss Sunshine den Wagenschlag und betrat den Club durch die Hintertür. Ehe ihm bewusst wurde, was er tat, machte er einen Schritt in ihre Richtung. Verwirrt hielt er inne und strich über sein Gesicht. Er musste sie aus seinen Gedanken verbannen. Was er sich wünschte, war völlig sinnlos. Dark Hunter durften sich nicht intensiv mit Frauen einlassen. Und sie hatten verdammt noch mal keine festen Freundinnen. Nun ja, keiner außer Kell. Aber der war ohnehin verrückt. Und Acheron ärgerte sich andauernd über Kells Freundin.
Nicht dass es Talon stören würde, Acheron zu irritieren. Ganz im Gegenteil, das machte ihm sogar Spaß. Aber er durfte Sunshine keinen Schaden zufügen. Dark Hunter ließen sich nicht mit Frauen ein. Und dieser schon gar nicht. Er hatte seine Lektion gelernt. Auf die harte Tour.
Im Gegensatz zu den anderen war er von seinen eigenen Göttern verflucht worden. Deshalb weigerte er sich, einen eigenen Knappen zu beschäftigen und irgendjemanden in seine Nähe zu lassen.
»Um zu büßen, was du mir genommen hast, Speirr von den Morriganten, wirst du nie wieder die Zufriedenheit oder das Glück der Liebe finden. Hiermit verfluche ich dich. Bis
in alle Ewigkeit wirst du allein über die Erde wandern und alle verlieren, die dir etwas bedeuten.
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