Im Herzen der Nacht - Roman
Dark Hunter. Talon ist einer ihrer Soldaten.«
»Hat sie diese Dark Hunter erschaffen?«
»Irgendwie eignet sie sich die Seelen der Krieger an und erweckt sie zu neuem Leben. Sobald sie als Dark Hunter auf die Erde zurückkehren, stellt Artemis ihnen Dienstboten und Geld zur Verfügung, damit sie sich ausschließlich auf ihre Aufgabe konzentrieren können, die Daimons zu vernichten. Außerdem müssen sie verhindern, dass die gestohlenen Seelen sterben, und sie rechtzeitig befreien.«
Sunshine starrte bedrückt ins Leere. Das sah gar nicht gut für sie oder für Talon aus. »Also hat Talon der Göttin geschworen, ihr bis in alle Ewigkeit zu dienen. Typisch für mein Pech - eine Beziehung ohne Zukunft.«
»Nicht unbedingt.«
Sunshine hob den Kopf und entdeckte einen tückischen Glanz in Selenas Augen. »Was meinst du?«
»Auch Kyrian war einmal ein Dark Hunter«, erklärte die Freundin und mischte ihre Tarotkarten.
»Tatsächlich?« Sunshines Puls beschleunigte sich.
»O ja, es gibt einen Ausweg. Wahre Liebe kann einem
Dark Hunter die verkaufte Seele zurückgeben, und er darf den Dienst in Artemis’ Heer quittieren.«
»Also ist noch nicht alles verloren?«
»Die Hoffnung stirbt zuletzt, Schätzchen.«
10
Nachdem Sunshine ihrer Freundin alle pikanten Einzelheiten entlockt hatte, versperrte sie ihren Kiosk und kehrte in den Loft zurück. Talon schlief immer noch. Gerührt betrachtete sie ihn. So anbetungswürdig sah er aus und so unbehaglich schien er sich auf der viel zu kurzen weiß-rosa Couch zu fühlen. Hilflos hingen Arme und Beine ins Nichts hinab.
Er hatte seine Jacke und das Hemd ausgezogen und sorgsam zusammengefaltet auf den Couchtisch gelegt. Darunter standen seine Harley-Stiefel. Die blonden Haare waren zerzaust, die Züge entspannt, er atmete tief und gleichmäßig. Die Wimpern warfen lange Schatten auf seine Wangen. Neben seinem Gesicht lag eine gebräunte Hand.
Unglaublich, dass er ein unsterblicher Krieger aus einer fernen Vergangenheit war, dessen Name den Tod bedeutete... Sein Anblick erwärmte ihr Herz und ließ es höher schlagen. Sunshine betrachtete seine kunstvolle Stammestätowierung. Also war er ein Kelte - ein lebendiger Kelte, der die Heide und das Moor durchstreift hatte. Das würde ihre Großmutter entzücken.
Mit geschlossenen Augen beschwor sie Nynias Erinnerungen herauf. Doch es waren nicht ihre Erinnerungen, sie glichen eher einem Film, den sie einmal gesehen hatte. Einerseits wirkten sie real, andererseits nicht, weil sie nicht mehr Nynia war.
Talon war nicht mehr derselbe Mann wie damals. Speirr - so temperamentvoll, wild und emotional. Gewiss, auch Talon zeigte Gefühle. Aber meistens verbarg er, was in ihm vorging. Beide hatten sich verändert. Trotzdem gewann sie den Eindruck, sie wären füreinander bestimmt.
Falls es wahr ist, was Selena erzählt hat, muss er allerdings einen höheren Zweck erfüllen, als mich zu lieben. Und wenn ich auch nicht mehr Nynia bin, sondern eine neue, andere Person - ein Teil von ihr lebt in mir weiter.
Liebte sie Talon, weil sie Sunshine war? Oder weil sie den Rest eines früheren Lebens in sich trug? Würde sie das jemals wissen?
»Nur dich werde ich immer lieben, Nyn, keine andere.« Seine keltischen Worte hallten in ihrem Gehirn wider.
Schrittweise kehrten die Erinnerungen aus dem einstigen Leben zurück, als hätte jemand eine Tür geöffnet. Sie kannte Talons Eltern und seine Schwester, sogar den Onkel und die Tante und den Vetter, den Bastard.
Sie dachte an den Tag, als sie das erste Mal davongeschlichen war, um mit ihm am Ufer des Lochs zu spielen. Sie entsann sich auch, wie schlecht der Clan ihn wegen jenes Skandals behandelt hatte - weil seine Mutter von seinem Vater, einem Druiden, verführt worden war. Mitten in der Nacht rannten Speirrs Eltern davon. Sonst hätte der Clan den Vater getötet und die Mutter zur Strafe für die verbotene Liebesbeziehung ausgepeitscht.
Alle hassten Talon aufgrund seiner Herkunft und verübelten ihm die Schwäche seiner Mutter, die den Hohepriester in Versuchung geführt und ihnen den spirituellen Anführer genommen, die ihr eigenes Glück über die Bedürfnisse des Volks gestellt hatte.
Um das wiedergutzumachen, hatte Talon nur mehr die Interessen der anderen verfolgt.
Sunshines Kehle verengte sich, als sie erkannte, wie qualvoll er gelitten hatte. In jener kalten Winternacht, als er halb erfroren in die königliche Halle gestolpert war, ein schreiendes Baby auf den Armen, hatte Nynia
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