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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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Rollkragen seines Pullovers über Mund und Nase gezogen hatte, um das Gesicht zu schützen, deutete zum Bug des Schiffes. Der Sturm war so stark, dass er ihm den Fellhandschuh wegriss. Leif wollte danach greifen, doch er wirbelte bereits über das Eis. Fluchend preschte Leif ihm nach und schlug der Länge nach hin, als er den Fäustling greifen wollte. Als er ihn wieder anzog, war er mit Schnee gefüllt. Leif schüttelte ihn aus und schlüpfte dennoch hinein, bevor seine Finger in der Kälte erfroren. Jede Unachtsamkeit, jede Gedankenlosigkeit, jedes Stolpern, jedes Stürzen konnte hier draußen das Leben kosten!
    Am Bug, der nach Osten zum fernen Festland zeigte, lag der Schlitten, mit dem sonst Robbenfelle transportiert wurden. Die Kufen waren festgefroren, weil Leif nicht daran gedacht hatte, den Schlitten aufrecht hinzustellen. Also wuchteten sie den Schlitten mit aller Kraft hoch, um ihn aus dem Eis zu brechen. Anschließend luden sie ihre Taschen auf, hängten sich nebeneinander ins Geschirr und zogen den Schlitten über das Eis. Feine Eiskristalle, scharf wie Glassplitter, zerkratzten ihnen das Gesicht. Während sie sich in geduckter Haltung gegen die Böen lehnten, die ihnen entgegenschlugen, blickte Leif sich blinzelnd nach dem dunklen Schiff um, das bereits zwischen den Eisbergen verschwand – nur die Masten waren gegen den leuchtenden Himmel noch sichtbar. An Bord brannte kein Licht – ihre Flucht war noch nicht entdeckt worden. Leif musste brüllen, damit Josh ihn überhaupt verstehen konnte. »Home, sweet home.«
    »Schau nicht zurück, Leif.«
    Im Schein des Polarlichts sah Josh, dass Leif ihn von der Seite anblickte. »Jay?«
    »Was ist?«
    »Sollten wir tatsächlich überleben, erinnere mich bitte daran, dass ich nach Australien gehe. Da ist es nicht so kalt.«
    »Wir werden es schaffen.« Josh legte ihm die Hand auf die Schulter und schob ihn vorwärts.
    Leif stieß seinen Atem aus. »Wie in Yokohama?«
    Nach einer wüsten Prügelei einiger Crewmitglieder mit dem Kapitän, der an Bord mit harter Hand regierte, war Josh im Hafen von Yokohama vom Schiff geflohen. In den verwinkelten Gassen war er jedoch schon bald gestellt worden. Kapitän Gale hatte ihn zurück an Bord schleppen lassen, um ihn zu verprügeln und auszupeitschen und für eine Woche bei Wasser und Brot einzusperren. Leif hatte sich damals um Josh gekümmert. Er hatte seine Wunden versorgt und ihm warmes Essen gebracht. Das Vertrauen, das Josh während der Fahrt von San Francisco nach Yokohama in nächtelangen Pokerspielen und Saufgelagen mit dem Kapitän gewonnen hatte, war für Wochen verloren – bis in einer weiteren Schlägerei während der Robbenjagd in den Kurilen der Steuermann von der Crew erschlagen und über Bord geworfen worden war. Auf dem Schiff herrschte rohe Gewalt. Viele Männer waren im Lauf der letzten Monate schanghait worden und kämpften um ihre Freiheit, andere meuterten gegen den Kapitän, der an Bord Angst und Schrecken verbreitete. Aber eine Flucht vom Schiff war Irrsinn! Wohin sollte man fliehen? Mit dem Ruderboot zu den Kurilen? Oder nach Kamtschatka schwimmen? Und weiter nach China, falls man nicht zuvor als amerikanischer Robbenjäger erschossen wurde? Keiner der Männer würde den Tausende Meilen langen Marsch durchhalten.
    Joshs Besonnenheit hatte Kapitän Gale beeindruckt – mehr als der geladene und entsicherte Colt in Joshs Hand. Trotz seiner Flucht in Yokohama hatte er ihn erst zum Steuermann ernannt, dann sogar zum Nachfolger des Ersten Offiziers, der bei der Robbenjagd vor der Küste von Kamtschatka von den Russen erschossen worden war. Kapitän Gale hatte keine Wahl gehabt: Von allen Männern an Bord war Josh der Einzige, der nicht nur das Schiff segeln, sondern auch mit Karten und Instrumenten navigieren konnte. Er kannte die Beringsee, die Gefahren, die Kälteeinbrüche, die Stürme, das Eis. Und er besaß das Vertrauen der Mannschaft – sogar während des Sturms, der das Meer zu fünfundzwanzig Fuß hohen Wellen aufpeitschte und den Schoner von den Pribilof-Inseln nach Nordosten bis vor die Küste Alaskas verschlagen hatte, wo ihnen das Packeis zur Falle geworden war. Josh hatte versucht, den Schoner durch das dichter werdende Eis zurück nach Süden zu navigieren. Er hatte die Erschütterungen unter seinen Füßen gespürt, als der Bug die berstenden Eisschollen gerammt hatte. Doch schließlich war kein schwarzes Wasser mehr in Sicht gewesen, nur noch weißes, graues, blaues Eis, wohin man

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