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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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vergessen. Ich werde Dir noch viele Briefe schreiben, wie in den vergangenen sechs Tagen, aber sie werden Dich nicht erreichen, und Du wirst sie niemals lesen.
    Diesen Brief hatte er nach seiner Rückkehr aus Alaska dem Straßenwerber vor dem Palace Hotel gegeben.
    Shannon richtete sich auf und sah ihn mit tränennassen Augen und zusammengekniffenen Lippen an. Diesen Blick würde er nie in seinem Leben vergessen!
    Seine Augen brannten, und seine Kehle wurde ihm eng.
    Sie liebte Jay … Josh … noch immer.
    Mehr als ihn.
    Josh erwachte, als sich ein Schwall Meerwasser über ihn ergoss. Das Wasser lief ihm in Mund und Nase und reizte ihn zum Husten. Blinzelnd schlug er die Augen auf.
    Ein Mann kniete neben ihm, stützte sich auf einen Eimer und blickte ihm forschend ins Gesicht. Blonde Mähne, rötlich blonder Bart, blassblaue Augen, heller Rollkragenpullover, zerschlissene, ausgebleichte Jeans. »Geht’s wieder?«, fragte er mit einem Akzent, den Josh nicht gleich einordnen konnte. War er Norweger? Oder Schwede?
    Er hob den Kopf, stöhnte vor Schmerz und ließ sich auf das zusammengerollte Tau zurückfallen.
    »Warte, ich helf dir!« Der andere zog ihn behutsam hoch in eine sitzende Position. »Wie heißt du?«
    »Jay«, brummte Josh und betastete seinen Kopf. Er fühlte getrocknetes Blut in seinen Haaren. Ihm war schwindelig, und sein ganzer Körper schmerzte. Er blickte sich um. Er saß an Deck eines Schoners. Zwei Masten, alle Segel im Wind, raue Dünung, volle Fahrt, vermutlich nach Westen. Die Besatzung, die an Deck arbeitete, beobachtete ihn aufmerksam.
    »Freut mich, Jay. Ich bin Leif Larsson.«
    Josh ignorierte die ausgestreckte Hand. »Bist du der Kapitän?«
    »Nein, ich bin heute Nacht auch schanghait worden. Wie noch vier andere, die bei Kapitän Gale unter Deck sind. Einer von ihnen ist ein Apotheker aus Boston, ein anderer ist Arzt, ich weiß nicht woher. Mit den anderen habe ich noch nicht gesprochen.«
    »Wo sind wir?«
    »An Bord der Gale Force .«
    Das Schiff heißt also Sturmwind, dachte Josh. Vielleicht ist es aber auch nach dem Temperament und der Gewalttätigkeit seines Kapitäns benannt. »Ein Schoner auf Robbenjagd?«
    »Unterwegs zur japanischen Küste. Ich habe vorhin mit dem Kapitän gesprochen. Wir segeln nach Yokohama. Dann geht es rauf nach Kamtschatka und von dort in die Beringsee.«
    »Die Pribilof-Inseln?«
    »Wohin sonst? Die Japaner und die Russen schießen auf alle, die in ihren Gewässern Robben jagen. Da bleibt doch nur die Beringsee!«
    Josh fluchte. »Daher komme ich gerade.«
    »Wo warst du?«
    »Nome, Alaska.«
    »Dumm gelaufen.« Leif Larsson grinste verkniffen. »Dahin wollte ich gerade.«
    »Und woher kommst du?«
    »Göteborg.«
    »In Nebraska?«
    Er lachte trocken. »In Schweden.«
    »Wie lange war ich bewusstlos?«
    »Keine Ahnung. Mir haben sie auch etwas gegeben, bevor sie mich an Bord gehievt haben.«
    »Wie spät ist es?«
    »Gegen zehn, schätze ich.«
    »Und wann sind wir ausgelaufen?«
    »Keine Ahnung. Um fünf oder um sechs.«
    »Ich muss sofort mit dem Kapitän reden.«
    »Du willst dich freikaufen«, vermutete Leif.
    »Yup. Hilf mir auf, bitte!«
    »Vergiss es, Jay! Du kannst ihm nichts geben, was er nicht schon hat. Deine Tasche ist durchwühlt, deine Winchester, dein Colt und dein Gold sind gestohlen. Er will dich . Für die Robbenjagd.«
    »Verdammt!« Josh schlug mit der Faust auf das Deck. Ein halbes Jahr auf hoher See! Ein Jahr, wenn sie in der Beringsee im Eis einfroren, vielleicht sogar zwei! Und eine Flucht war völlig unmöglich!
    Mühsam richtete er sich auf und blickte über die Bootskante nach achtern. Nebel schwebte über dem Meer, und kein Land war in Sicht! San Francisco war Stunden entfernt!
    Mit bebenden Händen tastete er nach dem Foto und zog es aus der Tasche seiner Jeans.
    Leif bog eine Ecke des zerknitterten Fotos um, damit er einen Blick darauf werfen konnte. »Deine Frau und dein Sohn?«
    Plötzlich rang Josh mit den Tränen. Zuerst nickte er stumm. Dann schüttelte er verzweifelt den Kopf.
    Tröstend legte Leif ihm die Hand auf die Schulter. »Du wirst sie wiedersehen.«
     

Hoffnung
    1902–1904

30
    Frierend lag Josh in seiner Koje in der Kajüte des Ersten Offiziers der Gale Force , wickelte sich in die klamme Bettdecke und lauschte angespannt. Im Schein der Kerze beobachtete er seinen Atemhauch, der langsam zur vereisten Decke aufstieg.
    Auch die Planken hinter ihm waren mit einer dicken Eisschicht bedeckt. Es schien sich durch

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