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Im Herzen der Wildnis - Roman

Im Herzen der Wildnis - Roman

Titel: Im Herzen der Wildnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Sanders
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Bay. Die Straße wurde steiler, und er ging schneller, sodass er unwillkürlich in denselben weit ausgreifenden Schritt verfiel wie in Alaska, wo alles viel größer und weiter war. Mit jedem Schritt wurde er ruhiger und gelassener.
    Ein leises Geräusch durchbrach plötzlich die Stille: das Brummen eines Autos, das hinter ihm den Nob Hill hinauffuhr. Er hatte die Pacific Avenue erreicht, als der Wagen heransauste. Er blieb stehen und sah sich um. Es war ein roter Duryea, das Modell, das er gestern bewundert hatte, als er …
    Das Auto raste an ihm vorbei.
    Das war sie!, dachte Josh. Er stand da wie benommen. Im Schein der Straßenbeleuchtung hatte er sie erkannt. Einen Moment lang wollte er ihr »Warte!« hinterherrufen. Doch als er den Arm hob, um ihr zuzuwinken, bog sie bereits in die Pacific Avenue und war verschwunden. Sie hatte ihn nicht gesehen.
    Josh rannte über die Kreuzung, blieb mitten auf der Straße stehen und sah ihr nach. In flottem Tempo fuhr sie die Pacific Avenue hinunter, die endlos geradeaus führte. Das Auto wurde immer kleiner, aber er konnte es immer noch sehen, bis sie die tiefste Stelle des Abstiegs erreichte. Sie bog nicht ab, sondern fuhr weiter in Richtung Presidio. Die Lichter des Duryea wurden zu verglimmenden Fünkchen, als sie die Pacific Heights hinauffuhr, aber er konnte sie immer noch sehen, wie eine Sternschnuppe, die über den Nachthimmel glitt. Und wie bei einer Sternschnuppe hoffte er, dass ein Wunsch in Erfüllung ging: Er wollte sie wiedersehen.
    Wie gebannt sah er ihr nach. Sie hatte jetzt den höchsten Punkt der Straße erreicht, fast eine Meile entfernt. Die Lichter des Duryea verschwanden hinter der Anhöhe. Josh hatte das Gefühl, dass ohne sie die Nacht noch ein wenig dunkler geworden war.
    Wer ist sie?, fragte er sich. Und wie kann ich sie finden?
    Mit einem Gefühl von Einsamkeit ging er schließlich weiter. Er war traurig, sie gesehen und gleich wieder aus den Augen verloren zu haben. Tief atmete er die Nachtluft ein, um sich zu beruhigen. Er überquerte den Broadway, und einige Minuten später erreichte er die Lombard Street. Ians Haus lag am steilsten Teil der Straße am Abhang des Russian Hill. Es war der ruhigste Abschnitt, denn die Straße war zu steil für Kutschen, und selbst Autos fuhren nur in weiten Kehren hinauf und hinunter.
    Er keuchte die steilen Treppen neben der Straße hinauf und hämmerte an die Tür. Es dauerte eine Weile, bis Ian öffnete.
    »Hey, Cheechako.«
    Verschlafen blinzelte Ian ihn an. Er trug nur eine Jeans. »Hallo, Fremder.«
    »Bist du allein?« Er spähte an Ian vorbei ins Haus.
    »Wenn nicht, hätte ich bestimmt Besseres zu tun, als mitten in der Nacht an die Tür zu gehen.«
    »Ich dachte nur, weil du vor Mitternacht gegangen bist …«
    »Es war ein langer Tag, Josh. Ich war müde. Was willst du?«
    »B & B.«
    »Bed and breakfast?«
    »Das erste B steht für ein Bier.«
    »Und das zweite?«
    »Das auch.«
    Ian lachte. »Komm rein.« Sein Freund schloss die Tür.
    »Warst du schon im Bett?«
    »Josh, es ist kurz vor halb drei. Sag mal, was ist denn los?«
    »Ein akuter Anfall von Hüttenkoller.«
    »In Brandon Hall, einem großartigen Anwesen mit fünfzig Zimmern? Du spinnst, ganz ehrlich.«
    »Du spinnst, Sir.«
    »Ich bitte um Verzeihung, Mr Brandon, Sir«, sagte Ian schneidig. »Und? Geht’s dir jetzt besser?«
    Josh schüttelte den Kopf.
    »Du hättest Nein sagen können.«
    »Sir.«
    »Du hättest Nein sagen können, Sir.« Ian sah ihn an. »Ich zieh mir was über, dann reden wir. Mach’s dir gemütlich. Das Bier steht im Eisschrank.«
    Josh ging in die Küche und warf einen Blick in den Eisschrank, der alles enthielt, nur kein Eis. Er öffnete das Eisfach des Eichenholzschrankes. Tatsächlich, der Eisblock war längst geschmolzen, die Auffangschale enthielt kein Schmelzwasser mehr. »Hey, Cheechako!«, brüllte er. »In Alaska muss man die Bierflaschen im gefrorenen Boden vergraben. Aber hier braucht man einen Eisblock für den Kühlschrank.«
    Ian lachte oben im Schlafzimmer. »Ist das Bier warm?«
    Josh antwortete nicht, weil er die Bierflaschen inspizierte, die er gefunden hatte. Er öffnete die Schnappverschlüsse und ging ins Wohnzimmer. Ians Frack und Binder, die sein Freund vorhin zur Party getragen hatte, räumte er vom Sessel und hängte sie über das Treppengeländer im Flur. Schließlich schürte er das Kaminfeuer. In Ians Schallplattensammlung im Bücherregal suchte er nach Les Préludes von Liszt. Mit der

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