Im Herzen der Zorn (German Edition)
sagen, aber es kam nur ein piepsiges »Du … bist in mich hineingerannt« heraus. Super. Ihre zweite überflüssige Erklärung an diesem Tag.
»Tut mir leid wegen dieser Idioten«, sagte er etwas zu laut, damit seine Freunde ihn auch hörten. »Sie haben einfach keine Ahnung, wie man sich in der Öffentlichkeit benimmt.« Er grinste sie an. »Besonders nicht vor neuen Schülerinnen. Du bist doch neu hier, oder?«
Skylar musste sich wirklich anstrengen, damit ihr nicht die Kinnlade herunterfiel. Dieser Typ, dieser süße Kerl, hatte Notiz von ihr genommen? »Du … ähm … ich … woher weißt du das?«
»Ein so hübsches Mädchen ist kaum zu übersehen. Ich glaube, du bist in meinem Geometriekurs, erste Stunde? Ich heiße Pierce.«
»Ich bin, ähm, Skylar«, antwortete sie. Sie konnte nicht glauben, dass sie gerade mitten in der Cafeteria eine Unterhaltung führte – mit einem Jungen – und dabei von oben bis unten mit Spaghettisoße bekleckert war. »Ja … Geometrie. Ich bin die, die diese dämliche Sinus-Kosinus-Frage gestellt hat.«
»Soll ich dir mein Geheimnis verraten?«, fragte Pierce und beugte sich konspirativ zu ihr. Er griff in seine Tasche und zog einen Grafikrechner heraus. »Idiotisch, ich weiß, aber ich hab ihn immer dabei, für den Notfall.« Er zwinkerte. »Und das hier habe ich auch immer dabei, für Nudelsoßen-Notfälle.« Er streifte seine Jacke ab und zog sich das Sweatshirt über den Kopf, auf dem ebenfalls das Ascension-Footballlogo prangte.
Er hielt es ihr hin und zog die Jacke wieder an. Sie sah zuerst das Sweatshirt an, anschließend ihn und verstand nicht.
»Nimm es für heute Nachmittag – wer will schon in den letzten paar Unterrichtsstunden nach Oregano riechen?«
»Bist du sicher?« Skylar nahm das Sweatshirt zögerlich entgegen.
»Yep. Du kannst es mir ja morgen wieder mitbringen. Wir sehen uns dann in Mathe, Skylar.« Damit drehte er sich um und steuerte auf seinen Tisch zu. Kaum war er bei seinen Freunden angekommen, verpasste er einem von ihnen einen freundschaftlichen Schubs und bewarf den nächsten mit Pommes frites. Die Jungs begannen zu lachen und sich gegenseitig abzuklatschen.
Skylar hatte ein warmes Gefühl im Bauch. Pierce Travers. Ein perfekter Name, den sie sofort mit ihrem eigenen kombinierte. Pierce Travers und Skylar McVoy. Ein Footballspieler, der auch noch nett war? Beinahe hätte sie sich das Sweatshirt an die Nase gehalten, um ihn zu riechen, dachte jedoch im letzten Augenblick daran, dass sie sich ja immer noch mitten in der Cafeteria befand.
Auf der Toilette entledigte sie sich vorsichtig ihres bekleckerten Oberteils und ersetzte es durch seines. Es war riesig und passte nicht zu ihren Stiefeln, aber wen interessierte das schon? Sie trug das Footballshirt eines Jungen. Wäre da nicht dieser nervöse Newbie-Ausdruck auf ihrem Gesicht gewesen, hätte man sie glatt für die Freundin eines Ascension-High-Footballspielers halten können – womöglich sogar für Pierce Travers’ Freundin. Ungewohnt selbstsicher trat sie wieder hinaus in den Flur, gefechtsbereit für die letzten Schulstunden des Tages.
Das Sweatshirt war ein Zeichen, da war sie sich sicher – ein Zeichen dafür, dass sie in Ascension das Leben bekommen würde, das ihr zustand.
Kapitel 3
»Schlimm genug, dass ich dieses Halbjahr mit dem Mittagessen praktisch bis abends warten muss«, maulte Gabby und gestikulierte mit einer Gabel über dem griechischen Salat, den sie sich von zu Hause mitgebracht hatte. »Aber jetzt ist es noch nicht mal sicher, dass ich dabei in den Genuss der Gesellschaft meiner besten Freundin komme? Was ist das hier? Der Knast?«
Em seufzte. Es war die Mittagspause nach der fünften Stunde und sie und Gabby saßen zusammen mit Fiona und Lauren und den anderen Mädels an ihrem Tisch in der Elftklässlerzone der Cafeteria. Oder vielmehr: Gabby, Fiona und Lauren saßen, während Em sich daneben herumdrückte, nachdem sie ihren Freundinnen gerade mitgeteilt hatte, dass sie eigentlich vorhatte, sich mit Drea zum Mittagessen zu treffen. Großer Fehler.
»Ich wusste gar nicht, dass meine Anwesenheit solch hellen Glanz in diese Hütte bringt«, sagte Em trocken und versuchte zu lächeln. Ihre Haut kribbelte noch immer vom letzten Abend und sie wurde das schleichende Gefühl nicht los, dass die Furien in der Nähe waren. Im Grunde hatte sie der Verabredung zum Mittagessen – sie würde Drea im Delikatessenladen treffen, damit Drea ihr Lieblingssandwich bekam – nur
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