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Im Herzen Des Lichts

Titel: Im Herzen Des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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gemacht? Ihr seid nur ein Fremder, der gekommen ist, um am Mauerbau mitzuarbeiten. Aber Freistatt ist mein Zuhause, und ich kann es zur Hölle und zurück verwünschen, wenn ich will!«
    »Du bist eine noch größere Närrin, als ich vermutet hatte, Seherin Illyra.«
    »Also gut, ich will es nicht zur Hölle verdammen. Ich hätte gern ein Freistatt, in dem Blumen in Rabatten entlang der Straßen blühen und wo anständige Bürger sich nach Sonnenuntergang nicht verstecken müssen. Ich hätte gern ein Freistatt, in dem Männer ihre Frauen lieben und Kinder nicht mit hungrigen Bäuchen aufwachsen. Aber wer hätte die Stadt nicht gern so? Doch Freistatt ist eben Freistatt und wird sich nie ändern.«
    Sie hob die Augen und funkelte ihn an, damit er noch einmal überdachte, was er als nächstes hatte sagen wollen.
    »Wenn du dich überwinden könntest, dafür zu sorgen, könnte ein besserer Ort daraus werden. Vielleicht sogar einer, den du zu lieben vermöchtest.«
    »Das wäre was! Wer seid Ihr überhaupt?«
    »Nenn mich Hirt.«
    Illyra hob herausfordernd den Kopf. Ein Hirte? Was immer er auch war, die einzigen Schafe, die er zu sehen bekam, waren zweifellos tot, gebraten auf seinem Teller. Ein Söldner schon eher. Sie bemerkte jetzt, daß ein Pferd mit um die Beine geschlungenen Zügeln auf dem Weg auf ihn wartete und daß niemand auf diesem Weg kam oder ging. Es war wirklich keine gute Idee, mit jemandem zu streiten, dessen Sattelhalter und Schwertgürtel von einem Dutzend Waffen strotzten.
    »Also gut, ich gebe Freistatt meinen Segen.«
    »Oben auf dem Stein!«
    Sie setzte sich auf den ersten Stein und räusperte sich betont. »Ich gebe Freistatt meinen Segen«, wiederholte sie. Ein Windstoß blies ihr Staub in die Augen. Das und die Sonne in seinem Rücken verhinderten, daß sie ihn deutlich sah. »Mögen seine Einwohner in Frieden leben. Mögen seine Herrscher es weise regieren. Mögen seine Mauern stark und seine Kochtöpfe voll sein!
    Na, ist das besser?« fragte sie und blinzelte in die Sonne.
    »Du hast die Liebe vergessen.«
    »Stimmt. Mögen Männer ihre Frauen lieben, Frauen ihre Kinder, Kinder - oh, mögen Kinder lieben, wen sie wollen.«
    »Das ist schon einmal ein Anfang«, lobte der Hirt. »Hast du Durst?«
    Er langte nach seinem umgeschlungenen Weinbeutel und reichte ihn ihr. Da sie vermutete, daß er sie in Verlegenheit bringen wollte, nahm Illyra den Wein. Nicht, daß viele Städterinnen den Beutel so drücken konnten, daß sie die Flüssigkeit in den Mund bekamen, ohne sich gründlich zu bekleckern. Sie konnte es. Sie hatte gelernt, aus einem Beutel zu trinken - und nicht einmal durch eine Vision. Es war eines der wenigen Dinge, die ihr Vater ihr beigebracht hatte. Der Wein war gar nicht übel, allerdings nicht von der Art, wie er hier zu haben war. Sie fing den letzten Tropfen und gab ihm den Beutel mit der Miene einer satten Katze zurück.
    »Danke.« Befriedigt stellte sie fest, daß sie ihn mit ihrer Geschicklichkeit überrascht hatte.
    Er kippte den Weinbeutel und drehte sich unter ihm so, daß sein Rücken Illyra fast berührte, und auch er in die Sonne blickte. Illyra konnte sich nicht denken, weshalb er sich so verdrehte, wenn er dadurch doch wahrscheinlich daneben zielen würde. Wein spritzte an ihrem Ohr vorbei und landete auf dem roten Stein.
    »Paßt doch auf!« fauchte sie und brachte hastig ihren Rock in Sicherheit.
    Aber er drückte den Beutel aufs neue und ließ einen großen Fleck auf der verwitterten Inschrift zurück, bevor er seine Arme vernünftig hielt und einen anständigen Mundvoll abbekam. Eigenartig, daß ein Krieger oder ein Hirte so unbeholfen mit einem Weinbeutel umging.
    »Ich bin aus der Übung«, behauptete er, aber sie glaubte ihm nicht.
    »Ich muß jetzt gehen«, sagte sie. »Es wird spät. Ich wohne.« Nein, sie sagte ihm lieber nicht, wo sie wohnte. Nicht, daß sie im Herzen wirklich dachte, daß das helfen würde, wenn es sich dieser Fremde in den Kopf setzte, sie und Dubro zu besuchen. Sie rutschte vorsichtig vom Stein. Den beachtlichen Rest ihres Picknicks gab sie in den Korb zurück. Es erschien ihr ratsam, sich rückwärts von dem Stein zu entfernen. Er grinste immer noch, wie sie den Weg betrat, und lachte sogar laut, als sie durch das Tor floh.
    Tatsächlich war es noch gar nicht so spät. Die Sonne hatte erst drei Viertel des Weges zum westlichen Horizont zurückgelegt, und Illyra hatte nicht vorgehabt, vor Sonnenuntergang zum Basar zurückzukehren. Es war

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