Im Herzen Des Lichts
ihm, daß er durch die Anfrage nichts verspielt hatte, und es störte ihn nicht übermäßig, daß er nicht klüger wieder fortging, als er hergekommen war.
Inzwischen war es Mittag. Es herrschte dichter Verkehr, und seine beiden Helfer waren für den Rest des Tages heimgegangen. Er könnte zu seiner Schmiede zurückkehren, ein paar Stunden wie früher allein arbeiten oder sich den Rest des Tages freinehmen. Und da es anscheinend ein Tag für impulsive Entschlüsse war, entschied sich Dubro dagegen, gleich wieder in die Schmiede zurückzukehren. Er machte sich auf den Weg zum Palast.
Walegrin und seine Leute hatten zur Zeit die erste der drei großen Schichten, sie begannen ihre Streife im kalten Morgengrauen und wurden etwa jetzt abgelöst. Selbst wenn der Mann nicht sein Schwager wäre, würde Dubro ihn den anderen Wachkommandanten vorgezogen haben - dem durch und durch bestechlichen Aye-Gophlan und dem heimtückischen Zip -, um ihm von Illyras Visionen zu erzählen.
Und in letzter Zeit, wie Illyra vermutete, schwelgten die beiden Männer in ihrer gemeinsamen Sorge um sie. Ein herzhaftes Mahl und ein paar Krug Bier in der Schankstube von Tinkers Knopf wäre vielleicht genau die richtige Kur für sein ärgerliches Unbehagen. Er bahnte sich einen Weg durch die Menge, nachdem er sich entschlossen hatte, zur Palastkaserne zu gehen.
»Na, seht Ihr? Ich sagte Euch doch, daß es schnell ausgestanden sein würde.« Doch Kadakithis’ Stimme klang ein wenig zu erstaunt, als daß er ganz überzeugend wirkte.
Illyra nickte schwach. Man hätte sie zumindest darauf aufmerksam machen können, daß der Wachkommandant kein anderer als ihr eigener Halbbruder sein würde. Und welche Fehler Walegrin auch haben mochte, sein Familiensinn war über jeden Tadel erhaben. Er hatte erklärt, daß es verständlich war, in bedrohlicher Nähe einer dieser tödlichen Schlangen in Panik zu geraten.
»Ich bin sicher, in der Küche gibt es mehr als genug zu essen. Soll ich Euch einen Gardisten mitgeben, damit Ihr hinfindet? Ich würde Euch ja gern selbst begleiten, aber.« Der Prinz blickte in die Richtung der Gerichtshalle und der Gemächerflucht Fackelhalters. Kadakithis bewies jetzt mehr Reife als bei seiner Ankunft vor sieben Jahren, als er noch eine naive Marionette gewesen war. Er war dabei, erwachsen zu werden.
»Vielen Dank, ich finde sie schon allein«, versicherte ihm Illyra.
Das erleichterte ihn offensichtlich, und er entfernte sich in einem keineswegs majestätischen Laufschritt. Illyra hatte eine flüchtige Vision von ihm auf einem stahlgrauen Hengst, dann nichts mehr, denn ihre Gedanken wurden von den köstlichen Düften aus der Küche angezogen. Man würde sie dort kennen und sie mit der gleichen distanzierten Höflichkeit behandeln, wie die übrige Dienerschaft im Palast es tat. Sie alle fühlten sich über eine S’danzo aus dem Basar erhaben, auch wenn diese Seherin das Ohr der Obrigkeit und der Götter hatte.
Mit einem feingeflochtenen Korb, der mehr wert war als sein gewiß schon bald verspeister Inhalt, schlenderte Illyra auf den sonnigen Palasthof hinaus. Vielleicht machte sie eine Wanderung über die Straße der Generale zu den Hügeln, wo die Bäume sich in zahllosen Rot- und Goldtönen verfärbt hatten. Oder sie spazierte zum Himmlischen Versprechen; dieser Park war tagsüber gewöhnlich verlassen. Oder vielleicht.
Illyra unterbrach ihre Überlegungen, als sie eine vertraute Gestalt durch das Westtor kommen sah. Dubro - und obwohl sie ihm selbst vorgeschlagen hatte, Walegrin zu besuchen, begann ihr Herz heftig zu klopfen. Ein paar Male, als sie noch ein Kind gewesen war und der Schmied nur ihr Beschützer, war sie vor ihm davongelaufen, doch in den letzten Jahren nie mehr. Bis jetzt. Sie tauchte hinter einen Wasserwagen, beugte sich über ihren Korb und tat, als krame sie in seinem Inhalt.
Sie wartete, weinte und dachte an Cha-bos, die nicht bis hundert zählen konnte. Als ihre Tränen getrocknet waren, wähnte sie sich sicher. Sie schlug die Richtung zur hinteren Ecke des Palasts ein, vorbei an dem kunstvollen Tor, wo Priester und Götter sich mit der weltlichen Obrigkeit in Verbindung setzten.
Hier waren die Steine für die nächste Instandsetzung des Palastes gelagert, und hier befanden sich auch die gewaltigen Zisternen zur Wasserversorgung der inneren Festung im Fall einer Belagerung. Illyra hatte sich zwar keineswegs verirrt, aber sie kannte sich hier nicht aus und wußte auch den Namen des kleinen Tors
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