Im Himmel ist die Hölle los
Papiere sortieren, Rückfragen beantworten, Dokumente zu den Akten nehmen, Bestellungen machen, solche Dinge eben …« Er verstummte verlegen, denn in Gängers normalerweise lebhaftem Gesicht lag etwas durch und durch Unergründliches. »Vielleicht haben Sie trotzdem recht«, fuhr er rasch fort. »Für solche Aufgaben können wir sie später immer noch einteilen. Wie wäre es mit der Versetzung in die Erdbebenabteilung?«
Gänger schüttelte den Kopf. »Nein«, widersprach er, »Sie haben recht. Vollkommen. Nein, Sie brauchen nicht aufzustehen, ich werde mich schon darum kümmern und teile es ihr umgehend mit.«
Er erhob sich, drückte einen Knopf an der Seite des Geschenks, den der Personalchef völlig übersehen hatte, und verließ das Büro. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, bildeten sich mitten in der Luft spontan ein paar hauchdünne Rosenblätter, die langsam zu Boden schwebten. Als sie den Teppich berührten, schmolzen sie wie Schneeflocken.
»Registratur«, sagte der Personalchef laut. »Registratur!«
Plötzlich leuchtete auf der Seite des Geschenks ein kleines rotes Lämpchen auf, das dann wieder erlosch. Die nächste Viertelstunde verbrachte der Personalchef damit, das Geschenk anzustarren und es schließlich mit einem bürointernen Rundschreiben zuzudecken.
»Registratur«, sagte er ein drittes Mal. »Registratur! Das ist mir ein Rätsel!«
»Hat man sich erst mal daran gewöhnt, ist es ganz einfach«, sagte Norman, der Inspekteur. »Wenn Sie ein paar Monate hier sind, wird Ihnen die Arbeit ziemlich einfach vorkommen.«
Jane nickte. Wie sie wußte, können erste Eindrücke täuschen, aber ›ziemlich einfach‹ schien ihr milde ausgedrückt zu sein. Soweit sie es beurteilen konnte, bestand ihre Tätigkeit daraus, die Ordner aus dem Handwagen zu nehmen, die auf den Rücken gestempelte Nummer zu lesen, den Ordner zu dem entsprechenden Regal zu bringen und ihn dort hineinzustellen. Das konnte sie, wie sie fand, im Schlaf tun; genaugenommen wäre Schlafen wahrscheinlich sogar die beste Arbeitsmethode gewesen.
»Falls Sie irgendwelche Hilfe brauchen, fragen Sie einfach«, bot ihr Norman gerade an.
Danke, sagte sich Jane im stillen, die Hilfe, die ich hier brauchen werde, kannst du mir höchstwahrscheinlich nicht leisten. Sie lächelte und ging auf den Handwagen zu.
Auf ihrem siebzehnten Gang zu den Regalen prallte sie leicht mit einem bebrillten Mann zusammen, der dabei gegen ein Regal stieß, aus dem daraufhin die in ihm stehenden Ordner zu Boden fielen.
»Ojemine! Das wollte ich nicht«, entschuldigte sich Jane.
»Das macht doch nichts«, seufzte der Mann in abfälligem Ton. »In einem unendlichen Universum passieren solche Sachen nun mal. Übrigens stehen Sie auf meinem Fuß.«
»Oh, Entschuldigung.«
»Keine Ursache. Danke, so ist es viel besser. Lassen Sie sich bloß nicht von mir stören, und machen Sie ruhig mit Ihrer Arbeit weiter, während ich diesen ganzen Haufen hier ins Regal zurückstelle.« Er blickte sie böse an und bückte sich unter großer Anstrengung.
»Bitte, lassen Sie mich helfen«, sagte Jane mit fast erstarrten Lippen.
Der Mann lächelte sie bissig an. »Wie ungeheuer freundlich von Ihnen«, zischte er sie an. »Menschenskinder, Sie können ja richtig originell sein! Seit ewigen Jahren sortiere ich diese Ordner in numerischer Reihenfolge … aber Sie haben ganz recht, helfen Sie mir ruhig. Halten Sie sich bloß mal vor Augen, welch erregende Herausforderung das für Generationen von Forschern darstellen wird, wenn die Ordner so durcheinandergewürfelt bleiben wie jetzt.«
Jane atmete eine halbe Lunge voll Luft ein und begann dann damit noch einmal von vorn, während der Mann sie kritisch musterte.
»Sie sind eine Sterbliche, nicht wahr?« fragte er.
»Ja«, antwortete Jane. Sie stand auf den Zehenspitzen, um 26576768/766543765/2308J/3C wieder ins Regal zu stellen.
»Entschuldigen Sie die Frage«, fuhr der Mann fort, »aber fänden Sie Ihre Rückkehr zur Erde und zu all den anderen … ähm … Menschen, sagen wir mal, nicht vielleicht dienlicher? Wie ich gehört habe, ist dort unten für jeden reichlich Platz«, fügte er hinzu. »Hier oben ist es dagegen ein klein wenig beengt, insbesondere wenn man nicht gewohnt ist, darauf zu achten, wohin man geht.«
Einen Augenblick lang stand Jane mit offenem Mund da; dann kam ihr der Gedanke, daß sie auf einen solchen Vorwurf hätte gefaßt sein müssen. Da sie dies versäumt hatte, beschloß sie, ihn
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