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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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gelegt, um das Buch in die Finger zu bekommen …«
    Der Personalchef zwinkerte nervös mit den Augen und schwieg, bis er wieder wußte, wo er stehengeblieben war. »Jedenfalls besagt diese Regel, daß zur Erhaltung des natürlichen Gleichgewichts innerhalb eines abgeschlossenen Arbeitsplatzes der Druck der inneren Paranoia steigt, um das Maß des externen Drucks von außerhalb auszugleichen«, erläuterte er. »Offenbar handelt es sich also um ein wohlbekanntes Phänomen.«
    »Ich glaube, ich habe Sie verstanden«, entgegnete Gänger, wobei er sich nachdenklich übers Kinn strich. »So in der Art von: Hältst du den Druck nicht mehr aus, bring den Chef um.«
    Der Personalchef runzelte die Stirn. »So könnte man es auch ausdrücken«, pflichtete er Gänger bei. »Was ich sagen will: Je schlechter die Umstände werden, desto empfindlicher und schwieriger verhalten sich die Vorgesetzten gegenüber jedem, der etwas versucht, das – na ja, Sie wissen schon – noch nie getan worden ist.«
    »Du meine Güte, in der letzten Zeit ist hier doch überhaupt nichts getan worden«, sagte Gänger wie aus der Pistole geschossen. »Insbesondere liegt die Wartung völlig brach. Aber ich glaube, ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Das hier ist ein sinkendes Schiff, auf dem sich die Ratten zwar nicht vom Fleck rühren, das aber von allen anderen verlassen wird, stimmt’s?«
    Der Personalchef fingerte an seinem Drehbleistift herum und brach die Mine ab. »Allerdings.«
    »Mit anderen Worten ausgedrückt: Wir müssen auf der Hut sein, richtig?«
    »Ja.«
    »Gut.« Gänger stand auf und steckte die Hände in die Seitentaschen seines Jacketts, ließ die Daumen jedoch draußen. »Dann werden wir uns eben vorsehen. Kein Problem. Womit werden wir sie als nächstes testen?«
     
    Rocco Consanguinetti gehörte zu jenen Menschen, die immer eins nach dem anderen machen, und das ordentlich und gut. Im Moment bereitete er gerade mit voller Konzentration eine Pizza zu. Das Ergebnis war klar: es handelte sich um eine jener Pizzen, die man eines schönen Tages im Metropolitan Museum of Art hätte bewundern können, wenn sie nicht vorher von irgendeinem gedankenlosen Idioten verspeist worden wäre.
    »Rocco, um Himmels willen!« Hinter der Schwingtür schoß der Kopf seiner Schwester Rosa hervor, die ihm einen bösen Blick zuwarf. »Da draußen sitzen Leute, die schon an der Tischdecke herumnagen. Wie lange dauert es eigentlich, eine Pizza zu machen?«
    »Es dauert genauso lange, wie es dauert«, antwortete Rocco, ohne aufzublicken. Er hatte den Eindruck, eine Olive zuviel verbraucht zu haben, und Verschwendung verabscheute Rocco genauso wie die Natur das Leere. »Gib denen einfach noch mehr Brot oder sonstwas.«
    Rosa blickte ihn erneut mit finstrer Miene an. »Brot kostet Geld, Rocco«, wandte sie ein. »Und wenn sich hungrige Gäste mit Brot vollstopfen, kommen sie mit Antipasti aus, und dann wollen sie auch kein Hauptgericht mehr. Auf jeden Fall bestellen sie kein Eis zum Nachtisch. Wir haben bei der Bank Schulden, Rocco. Also arbeite gefälligst schneller!«
    Doch ihr Bruder schob lediglich das Kinn vor und begutachtete die Pizza aus einem anderen Blickwinkel heraus. Er hatte sich geirrt. Die zehnte Olive war unentbehrlich.
    »Fertig?«
    »Nein.«
    »O nein! Würdest du endlich …?« Rosa zog resigniert den Kopf zurück, und Rocco machte sich daran, die Pizza mit Peperoni zu belegen; langsam, eine Schote nach der anderen. Schließlich ist Rom auch nicht an einem Tag erbaut worden, warum also eine Pizza Romana?
    Das Kinn, das Rocco vorgeschoben hatte, war ziemlich bemerkenswert. Es sprang vor und hatte eine erstaunliche Größe. Man hätte mit gutem Gefühl eine nagelneue und teure Jacht daran vertäuen können, wenn man die Gewißheit haben wollte, daß sie sich nach dem Besuch des Spielkasinos immer noch an ihrem Liegeplatz befand. Genaugenommen handelte es sich um das Kinn der Habsburger, wie es schon Karl V. getragen hatte, in voller und üppiger Blüte; und Rocco war – ihm selbst und allen anderen absolut unbekannt – mittlerweile bereits seit einigen Jahren der Herrscher des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Seine Wahl war völlig rechtsgültig abgelaufen, und man hatte ihn ordnungsgemäß und korrekt gekrönt und gesalbt – zugegebenermaßen unter Narkose, während er selbst den Eindruck gehabt hatte, ihm seien die Zähne neu verkront worden.
    Wie heißt es noch bei Schiller: Wenn der Leib in Staub zerfallen, lebt der

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