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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Armeemesser und versuchte, das darin enthaltene zweischneidige Breitschwert zu ertasten.
    »Hier unten haben wir es mit einer völlig anderen Dimension zu tun«, fuhr Tzzx fort. »Es wundert mich immer wieder, wie wenige Leute das merken. Dabei sollte man meinen, das wäre ganz offensichtlich.«
    »Ach, wirklich?« Nein, das ist die kleine Kunststofflupe, durch die man eigentlich gar nichts sieht. Das ist die Schere, mit der man mit Mühe und Not drei- von siebenmal Tesafilm durchgeschnitten bekommt, und das da – aua! –, das ist die Nagelfeile.
    »Klar, denk doch mal drüber nach. Nenn mir eine U-Bahn-Station«, forderte Tzzx ihn auf.
    Björn überlegte. »Oxford Circus.«
    Die Kapuze nickte. »Ein klassisches Beispiel«, sagte Tzzx, wobei er einen kleinen Stahlbolzen verscheuchte, der sich irgendwo herausgeschraubt hatte und der ihm jetzt wie eine liebeskranke Motte summend um den Kopf schwirrte. »Ist dir nie in den Sinn gekommen, daß du, wenn du mit der Rolltreppe nach unten gefahren bist und diese kilometerlangen Gänge entlangtrotten mußtest, um auf den richtigen Bahnsteig zu gelangen, in Wirklichkeit einen sehr viel längeren Weg zurückgelegt hast, als die Entfernung zwischen dem Oxford Circus und der Bond Street tatsächlich beträgt? Und nachdem du in die U-Bahn eingestiegen bist, dauert die Fahrt vom Oxford Circus zur Haltestelle Bond Street trotzdem noch drei Minuten. Richtig oder falsch?«
    Björn dachte zwar angestrengt darüber nach, doch mehr als ein »Mhm« fiel ihm nicht dazu ein.
    »Das liegt nämlich an der Dimensionsverschiebung«, erklärte Tzzx. »In dieser Dimension haben alle Zielpunkte dieselbe Entfernung voneinander, und man fährt …« Er zögerte, prasselte wie ein Autoradio unter einer Hochspannungsleitung und fuhr fort: »Na ja, ich glaube, das ist so, wie sich im rechten Winkel seitwärts zu bewegen. Oder, genauer gesagt, in einem Winkel von vierhundertfünfzig Grad zur Senkrechten.«
    Björn entspannte sich. Wenn man in einer seltsamen Dimension mit einem sonderbaren konturlosen Fremden in einer Kutte festsitzt, der einem die Ohren mit Mathematik vollschnattert, gibt es nichts Schöneres, als auf dem Boden des Rucksacks ein fünfundzwanzig Zentimeter langes Stück Kupferrohr zu finden, das mit Blei gefüllt ist. Zwar wußte Björn nicht mit hundertprozentiger Sicherheit, wo es hergekommen war, aber er freute sich, daß es da war. Dankbar schlang er die Finger um das Rohr.
    »Gut«, sagte er. »Angenommen, du hast recht, wie kommt es dann, daß man nicht an der Station Les Invalides in die U-Bahn einsteigen kann und als nächstes in die Station Tottenham Court Road einfährt?«
    Unter der Kapuze glomm selbstgefällig ein blauer Schimmer. »Ganz einfach«, antwortete Tzzx. »Nichts existiert nur in einer Dimension. Wenn man in eine U-Bahn einsteigt, befindet man sich normalerweise zusätzlich auch in der zeitlichen Dimension sowie in einer ganzen Menge weiterer Dimensionen, mit denen wir uns im Moment nicht zu befassen brauchen. Sie hindern einen daran, die Matrix zu verlassen. Das ist wie ein Sicherheitsgurt oder so was in der Richtung.«
    In der Sortierstelle seines Gehirns sammelte Björn dasjenige Wort aus Tzzx’ letzter Erklärung heraus, das die Alarmanlage in seiner Zirbeldrüse ausgelöst hatte. Es handelte sich um das Wort ›normalerweise‹.
    »In diesem Moment treiben wir jedoch außerhalb aller regulärer Dimensionen sozusagen frei umher«, fuhr Tzzx fort. »Falls es dich interessiert, handelt es sich bei den drei Dimensionen, in denen wir uns zur Zeit befinden, um die der Metro, der Furcht und der Bürokratie. Und wenn du mich mit diesem Kupferrohr schlägst, wird das unangenehme Folgen für dich haben.«
    Björn packte das Rohr fester. Es gibt Momente im Leben, da ist es zweckmäßig zu glauben, was einem gesagt wird, und Momente, da man andere niederschlägt.
    »Bist du sicher, daß Dopp dich geschickt hat?« fragte er.
    »Ähm.« Tzzx warf die Kapuze zurück und – dies ist nur eine ungefähre und sehr ungenaue Beschreibung eines höchst komplizierten Vorgangs – krempelte sich die Ärmel hoch. Bis auf eine Fontäne aus blauen und roten Funken war nichts zu sehen. »Leider habe ich dich reingelegt.«
    Björn nickte, hob das Rohr über den Kopf und hieb mit aller Kraft mitten in den Funkenschwarm hinein. Es gab einen lauten Knall; dann regnete geschmolzenes Kupfer.
    »Trotzdem habe ich dir die Wahrheit gesagt, was den Versuch angeht, mich zu schlagen«, sprach

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