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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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eine Stimme im Zentrum von Björns Gehirn. Dann war nichts mehr zu hören außer dem Brausen von einigen Millionen Teilchen, die auseinandergerissen und in ein endloses Vakuum gesaugt wurden.
    Von den vielen Auswirkungen, die dieser Vorfall hatte, war die unbedeutendste Folge, daß eine alte Dame, die irgendwo in Nebraska in einem umgebauten Eisenbahnwaggon wohnte, eine Stromrechnung in Höhe von acht Millionen dreihunderttausendundsechsunddreißig Dollar und fünfzehn Cent erhielt; was ihr ein Rätsel war. Wie sie ihrem Neffen erklärte, lag das nicht so sehr an der Höhe der Rechnung als vielmehr an dem Umstand, daß sie die vorherige gerade erst bezahlt hatte.
     
    So ziemlich der einzige Ort im gesamten Verwaltungskomplex, bei dem man jemals die Hoffnung auf einen Parkplatz haben kann, ist der Vorhof des Gebäudes der Zeitabteilung, und selbst dann muß man sich dort gut auskennen.
    Was man tut, ist folgendes: Bevor man sich dorthin auf den Weg macht, ruft man Gerald, den Pförtner, an und bittet ihn, einen Parkplatz zu präservieren. Es ist äußerst wichtig, das Verb richtig auszusprechen. Im Zweifelsfall sollte man es Gerald buchstabieren; wenn er einem nämlich bloß einen Parkplatz reserviert, wird der eigene Wagen unter dem normalen Druck der Entropie längst auseinandergefallen sein, bevor man endlich zum Parken kommt. Präservieren ist etwas anderes; durch die Präservierung macht man sich unter anderem die besondere Beziehung der Zeitabteilung zur Zeit zunutze, um die Reservierung um mehrere Jahrhunderte zurückzudatieren. Ein letzter Ratschlag zum Schluß: Hat man den Wagen erst einmal eingeparkt, lohnt es sich unbedingt, Gerald einen Mindestbetrag von fünfzehn Kreuzern zuzustecken, wenn man bei der Rückkehr nicht feststellen will, daß der Wagen von ihm einige Jahrhunderte weiter hinten abgestellt worden ist, womöglich in einem Stall, eingekeilt zwischen Ochsenkarren.
    »Danke, Gerald«, sagte Gänger deshalb, und auch das Klimpern von Geld, das den Besitzer wechselte, war zu hören. »Könnten Sie uns wohl ein Taxi bestellen?«
    »Kein Problem, Chef«, antwortete Gerald und zwinkerte. »Zu wann hätten Sie es denn gern?«
    (Beachten Sie bitte Geralds äußerst sorgfältige Wahl des Tempus; in seiner Nähe grammatikalisch ungenau zu sein, gehört sich nicht. Der höhere Verwaltungsbeamte, der ihn einst gelobt hatte: »Wenn Sie immer so schnell bei der Hand sind, können Sie sich jederzeit bei mir melden«, war gezwungen, wegen gefährlichen Ohrensausens frühzeitig in den Ruhestand zu treten, denn Gerald war und ist jederzeit sehr schnell bei der Hand …)
    »In etwa einer halben Stunde«, antwortete Gänger und fügte rasch hinzu: »In der Zukunft, in Ordnung?«
    Im Grunde gibt es im Umfeld der Zeitabteilung unzählige Dinge, die äußerste Vorsicht erfordern, falls man ihre Funktionsweise nicht gewohnt ist. Allein um durch die Drehtür zu gehen, benötigt man über ein abgeschlossenes Studium hinaus einen weiteren akademischen Grad in Zeittheorie, sofern man wieder in dem Jahrhundert aus der Tür herauskommen möchte, in dem man sie betreten hat. Das erklärt, weshalb sich Gänger und der Personalchef durch den Kohlenschacht den Zugang zum Gebäude verschafften.
    Sie fanden Jane allein in einem riesigen Büro über einen dicken Stoß Papiere, einen Taschenrechner und eine Uhr mit sechs Zeigern gebeugt hinter einem Schreibtisch sitzen, auf dem man hätte Fußball spielen können. Als Gänger und der Personalchef eintraten, blickte sie auf und runzelte die Stirn.
    »Guten Tag«, begrüßte sie die beiden. »Sie sind aber spät dran, meine Herren.«
    Der Personalchef blickte sie erst überrascht, dann grimmig an.
    Gänger hingegen lächelte nur und antwortete: »Habe ich ganz vergessen. Wir hätten wissen müssen, daß Sie den heutigen Hochbetrieb schon gestern vorausgesehen haben. Sind wir im Verkehr aufgehalten worden?«
    Jane nickte. »Das einzig Gute an dem alten System liegt darin, daß man jederzeit Voraussagen treffen kann, welche unvorhergesehenen Ereignisse sich in den nächsten paar Tagen ereignen werden. Das verschafft einem die Möglichkeit zu wissen, womit nicht zu rechnen ist. Gleichzeitig ist das allerdings auch ein Anreiz für schlampige Planung.«
    Gänger nahm seinen üblichen Platz auf der Schreibtischkante ein und stellte dabei fest, daß dort die Schriftstücke, die den Rest der Tischplatte bis zu einer Tiefe von fünfzehn Zentimetern bedeckten, eigens für ihn beiseite geräumt

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