Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)
Achtung. Es ist der größte Liebesbeweis, den er Ihnen machen kann.«
»Er gehört mir doch gar nicht », versuche ich es erneut. Insgeheim freue ich mich aber über die Erklärung mit dem Liebesbeweis.
»Katzen suchen sich ihr Zuhause selbst aus. Der Kater hat sie sozusagen adoptiert. Ich hatte auch mal solch ein Prachtexemplar. Einmal hat er mir gleich sechs Mäuse und zwei Ratten auf einmal angebracht. Sie lagen alle in Reih und Glied auf unserer Veranda. Das war ein Anblick! Aber damals wohnten wir noch weiter draußen auf dem Land und hatten ein großes Haus. Lebendige Mäuse gab es dort quasi gar nicht. Sie waren immer alle tot, mausetot sozusagen.«
Ich könnte die Feuerwehr anrufen. Die sind doch zuständig, wenn es darum geht, irgendwelche Tiere von Bäumen zu retten. Aber Caruso braucht ja augenscheinlich keine Hilfe. Und würde jemand mit einer Leiter in seinem Baum auftauchen und seine Hand nach ihm ausstrecken – würde er die Krallen ausfahren. Danach würde er in aller Seelenruhe vom Baum springen und frech maunzen, und ich müsste die Rechnung der Feuerwehr begleichen. Irgendwie gefällt mir der Gedanke, dass Caruso sich nicht so schnell einfangen lässt. Ben hätte bestimmt seinen Spaß daran, wenn er sehen würde, wie der Kater uns austrickst. Trotzdem wäre es wohl am besten, ich würde einfach zum Telefonhörer greifen und Nathalie bitten, den Kater hier abzuholen. Das fällt mir zwar schwer, aber es ist immer noch besser, als jeden Morgen irgendwelche toten Aufmerksamkeiten vor der Tür zu finden.
Ich verabschiede mich von Frau Schuster, entsorge die Maus in der Mülltonne und gehe zurück in meine Wohnung. Kurz darauf sitze ich mit meinem Handy am Küchentisch und starre es minutenlang an. Dabei überlege ich mir jedes einzelne Wort, das ich jetzt gleich sagen werde. Dann nehme ich all meinen Mut zusammen und rufe Nathalie an. Meine Nummer unterdrücke ich, damit sie nicht zurückverfolgen kann, wer sie angerufen hat. Es könnte ja doch sein, dass mich plötzlich der Mut verlässt und ich einfach auflege. Beherzt wähle ich ihre Nummer.
»Birnbaum.«
»Hallo, hier ist Marly«, möchte ich sagen. »Ich weiß nicht, ob Ben dir von mir erzählt hat …« Aber ich bin wie erstarrt und bringe kein einziges Wort heraus. Nur Sekunden später sitze ich gegen den Buffetschrank gelehnt auf dem Boden, meine Arme um die Knie gelegt, und spüre, wie die Tränen schon wieder laufen.
»Kannst du nicht einfach verschwinden?«, frage ich heulend und wische mir übers Gesicht. Auf der Fensterbank sitzt Caruso und schaut mit schief gelegtem Kopf auf mich herunter. »Ja, dich meine ich!« Aber der eigensinnige Kater denkt gar nicht daran, meiner Bitte Folge zu leisten. Wie selbstverständlich springt er zu mir auf den Fußboden, kommt langsam auf mich zugelaufen und lässt sich mit einem lauten Maunzen neben mir nieder.
»Das ist jetzt nicht wahr …« Ich beginne, Caruso zu kraulen. Als er in monotones, brummendes Schnurren verfällt, stehe ich vorsichtig auf, bewege mich unauffällig auf das Fenster zu und schließe es.
»Jetzt habe ich dich!«
Kurz darauf greife ich wieder zum Telefon.
»Rici, er ist da, bei mir in der Küche. Können wir heute noch fahren?«
Von Neuss bis nach Duisburg sind wir etwa vierzig Minuten unterwegs. Es ist kurz vor neun Uhr morgens. Wenn Rici bis spätestens elf Uhr hier ist, müssten wir Nathalie auf jeden Fall in der Schule antreffen. Ich habe mich ein wenig umgehört und mich telefonisch schon als interessierte Mutter ausgegeben. Klassenlehrer unterrichten ihre Schüler jeden Tag bis zwölf Uhr fünfundvierzig. Wenn alles gut geht, werde ich gleich die Frau sehen, die Ben heiraten wollte. Der Gedanke macht mich nervös. Plötzlich bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich mir das antun möchte. Die Nathalie im Video war einfach zu perfekt. Mir wäre es lieber, sie hätte eine krumme Nase oder wenigstens einen gut sichtbaren Pickel im Gesicht gehabt.
Wir haben gerade halb elf, als meine Freundin mit ihrer Tochter bei mir vor der Tür steht.
»Hallo, Emma, kleine Maus«, begrüße ich sie, doch prompt fallen mir Carusos Liebesbeweise wieder ein. »Komm rein, Schätzchen – hallo Rici.«
»Wo ist das Kätzchen denn?« Aufgeregt hüpft Emma den Flur entlang.
»Es ist in der Küche. Warte auf uns.«
Wenig später sitzen wir drei am Küchentisch, vor uns ein Katzentransportkäfig, den Rici sich von einer Nachbarin ausgeliehen hat.
»Keine Chance!«, sage ich. »Er bewegt
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