Im Himmel mit Ben: Roman (German Edition)
setzt den Kater auf den Boden und kommt auf uns zu.
Da mein Hals wieder wie zugeschnürt ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als freundlich lächelnd zu nicken. Mich zu verleugnen, wäre sowieso nicht sinnvoll, da Emma gerade in diesem Moment auf Caruso zuläuft und laut und deutlich sagt: »Tante Marly, da ist er ja wieder!«
»Ich habe dich gleich erkannt.« Nathalie strahlt mich an. »Ben hat mir ganz viel von dir erzählt und jede Menge Fotos gezeigt.«
Nathalie scheint sich wirklich zu freuen, mich zu sehen. In mir kämpfen jedoch heftig widersprüchliche Gefühle. Da ist immer noch die blöde Eifersucht, aber zugegebenermaßen finde ich die Frau wirklich sympathisch. Außerdem kämpfen wir hier nicht um die Gunst eines Mannes – denn wir haben ihn beide verloren. Morgen ist es genau ein Jahr her. Ich entscheide mich also für die Wahrheit.
»Ehrlich gesagt wusste ich bisher kaum was von dir. Also, ich meine, Ben hat mir nicht viel erzählt … Wir sind gekommen, um dir Caruso zurückzubringen, aber vor der Schule ist er uns dann ausgebüxt.«
»Dann war er also bei dir? Er bleibt öfter mal ein paar Tage weg, der alte Streuner, aber er kommt immer wieder zurück. Deswegen habe ich mir bis jetzt auch keine Gedanken gemacht.«
»Du hast ihn nicht zu mir gebracht?« Jetzt bin ich wirklich überrascht.
»Nein, wieso sollte ich?«
»Ich weiß auch nicht. Ich dachte nur … Immerhin sind es über vierzig Kilometer! Wie soll er denn den Weg zu mir gefunden haben?«
»Katzen haben einen tollen Orientierungssinn …«, setzt Nathalie zu einer Erklärung an, aber ich unterbreche sie schnell.
»Ich bin aber erst vor vier Monaten nach Neuss gezogen«, kläre ich sie auf. »Und da ist er vorher ganz sicher noch nie gewesen.«
»Oh, ja dann … Habt ihr vielleicht noch etwas Zeit? Wir könnten in mein Klassenzimmer gehen und uns ein bisschen unterhalten. Immerhin verbindet uns eine ganze Menge.«
Hilfe suchend schaue ich Rici an. Ich weiß nicht, was hier momentan passiert. Aber ich fühle, dass irgendwas nicht stimmt.
»Marly, wir gehen in der Zwischenzeit auf den Spielplatz. Ich hab einen nicht weit von hier gesehen. Das geht doch in Ordnung, oder?«
Die beiden haben bis eben still neben mir gestanden. Sogar Emma, die sonst ununterbrochen plappert, hält sich zurück. Sie scheint zu fühlen, dass hier etwas sehr Wichtiges geschieht.
»Das sind übrigens Emma – und Rici, meine Freundin.« Ich bin froh über die kleine Ablenkung. Nathalie begrüßt die beiden und erklärt ihnen, dass gleich in der Nähe auch ein schöner Wasserspielplatz ist. Ich atme unauffällig tief durch und versuche mich etwas zu beruhigen.
Nur wenig später bin ich mit Nathalie alleine.
5
Vielleicht kann Caruso auch seinen Namen tanzen
»Möchtest du vielleicht etwas trinken? Es gibt Wasser oder Kakao hier in der Klasse. Für einen Kaffee müssten wir ins Lehrerzimmer gehen.«
»Ein Wasser wäre nicht schlecht, danke.«
»Ben hat mir erzählt, dass du auch Lehrerin bist.«
Nathalie hört sich fast fröhlich an, als sie seinen Namen erwähnt. So, als wäre Ben gar nicht gestorben. Immerhin wollten die beiden heiraten! Dafür wirkt sie verdammt ungezwungen und ausgeglichen auf mich.
»Nach den Sommerferien beginne ich meine erste Stelle.« Abwartend schaue ich Nathalie an. Ich habe das Gefühl, dass sie mir irgendetwas sagen möchte. Und ich täusche mich nicht.
»Weißt du was? Ich denke, Ben hat dir Caruso geschickt.«
»Ben?« Damit habe ich nicht gerechnet.
»Wie soll Caruso sonst den Weg zu dir gefunden haben?«
»Ich weiß es nicht.«
»Du warst Ben sehr wichtig. Er hat so viel von dir erzählt, dass ich fast eifersüchtig geworden bin. Ehrlich gesagt, hatte ich sogar Angst, dass er sich das mit der Hochzeit noch anders überlegt. Als er mich an dem Tag angerufen hat und mir gesagt hat, dass er vom Flughafen aus zuerst zu dir fährt, bin ich fast geplatzt vor Wut. Und der Gedanke, dass er gemeinsam mit dir Urlaub in Schottland machen wollte, hat mich fast wahnsinnig gemacht.«
Mit so viel entwaffnender Offenheit habe ich nicht gerechnet. Nathalie war eifersüchtig auf mich ? Ob sie etwa gespürt hat, was ich Ben sagen wollte? Und wie hätte Ben in diesem Gefühlschaos reagiert?
Vor mir sitzt eine Frau, die an sich zweifelt. Sie ist wunderschön, hat große Ausstrahlung und ist sehr offen. Trotzdem war sie eifersüchtig – auf mich! Der Gedanke gefällt mir irgendwie, und ich kann mich viel entspannter auf das
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